Radsport: Im letzten Teil unserer Teamvorstellung zum Giro d’Italia 2023 widmen wir uns den fünf wohl schwächsten Mannschaften. Wie können sie die Herausforderung der Italien-Rundfahrt erfolgreich meistern? Ist ein Etappensieg überhaupt möglich?
Eolo – Kometa
Die Mannschaft Eolo – Kometa ist vielen bekannt, weil sie unter anderem von Alberto Contador und Ivan Basso geleitet wird. Im tatsächlich operativen Geschäft eines Radrennens halten sich die beiden ehemaligen Top-Stars jedoch relativ erfolgreich zurück. Nicht ganz so zurückhaltend werden die acht nominierten Fahrer sich beim Giro d’Italia 2023 präsentieren. Als Underdog mit einer Wildcard ausgestattet, müssen die Himmelblauen ihr Heil in der Flucht suchen. Das trifft vor allem auf die beiden Italiener Davide Bais und Mattia Bais zu, sowie auf den Ungarn Erik Fetter und den Spanier Diego Sevilla. Alle vier kommen ganz gut über die Berge, aber tatsächlich einen Etappensieg traut man ihnen eigentlich bei einem so starken Fahrerfeld nicht zu. Dafür haben sie aber auch die Italiener Mirco Maestri, Vincenzo Albanese und Francesco Gavazzi mit dabei. Sie kommen auf hügeligem Terrain gut zurecht und sind nicht selten auch dann noch im Peloton zu finden, wenn die reinen Sprinter bereits abgehängt wurden. Da sie zusätzlich relativ sprintstark sind, können sie aus einer Gruppe heraus gewinnen. Im Hochgebirge wird sich alles auf Lorenzo Fortunato konzentrieren. Der 26-jährige Italiener gilt als guter Bergfahrer, was er beim Giro d’Italia 2021 bereits unter Beweis stellen konnte, als er eine Etappe als Solist gewann.
Green Project – Bardiani – CSF – Faizanè
Mit sieben Italienern und einem Eritreer tritt der italienische Zweitdivisionär Green Project – Bardiani – CSF – Faizanè zum Giro d’Italia 2023 an. In den vergangenen Jahren war dieses Team Stammgast bei der Italien-Rundfahrt und konnte dem Rennen vor allem dank der vielen Ausreißversuche den Stempel aufdrücken. Gleiches dürfen wir auch diesmal erwarten. Denn im Aufgebot erkennen wir keinen klassischen Sprinter, ebenso wenig finden wir einen ausgezeichneten Bergfahrer. Ihre Stärken liegen vorwiegend auf hügeligem Terrain. Trotzdem werden sie es auf fast jeder Etappe mit einer Fluchtgruppe versuchen. Während es Luca Covili, Samuele Zoccarato und Alessandro Tonelli wohl eher im Gebirge versuchen werden, könnten sich Davide Gabburo und vor allem Filippo Fiorelli, sowie der Eritreer Henok Mulubrhan auch auf etwas flacheren Etappen versuchen. Sie kommen zwar auch gut berghoch, verfügen aber zusätzlich über einen ordentlichen Sprint. Filippo Magli und Martin Marcellusi bestreiten ihre erste Grand Tour und werden wohl nicht in die Nähe eines Etappensieges kommen.
Intermarché – Circus – Wanty
Die Mannschaft Intermarché – Circus – Wanty ist deutlich vielseitiger aufgestellt. Mit dem Itaiener Niccolo Bonifazio und dem Belgier Arne Marit verfügt man gleich über zwei endschnelle Fahrer. Gegen die Topstars werden sie es zwar schwer haben, aber zumindest besteht eine realistische Chance. Wird es etwas hügeliger, könnte der Norweger Sven Erik Byström zum Spritn ansetzen. Er kommt deutlich besser über die Anstiege hinweg als seine beiden Kollegen. Ist ein Sprint keine Option und das Profil zwar schwer, aber nicht zu schwer, wagen sich vielleicht der Belgier Laurents Huys und der Italiener Simone Petilli aus der Deckung. Sie gehen beide gerne in Gruppen und könnten dort an einem guten Tag in die Nähe eines erfolgreichen Fluchtversuches kommen. Spannend ist die Personalie des deutschen Belgiers Laurenz Rex. Er bevorzugt eigentlich das Kopfsteinpflaster. Innerhalb der Mannschaft ist er in der Ebene auf jeden Fall eine echte Hausnummer. Dies gilt in den Bergen für den Esten Rein Taaramäe – und das schon seit vielen Jahren. Der mittlerweile 36-Jährige gewann schon zwei Etappen bei der Vuelta a Espana und eine beim Giro d’Italia. Seine besten Tage scheinen allerdings vorbei zu sein. Auf hügeligen Etappen dürfte der Italiener Lorenzo Rota der stärkste Mann von Intermarché – Circus – Wanty sein.
Arkéa – Samsic
Bei Arkea – Samsic ist seit Jahren Warren Barguil der Star. Auch beim Giro d’Italia 2023 wird das so sein. Und dem Franzosen ist in Topform definitiv ein Platz unter den Top Ten der Gesamtwertung zuzutrauen. Eher auf Etappensiege konzentrieren wird sich sein Landsmann Maxime Bouet. Der 36-Jährige liebt es, sich mit seiner ganzen Erfahrung in Gruppen zu schleichen. Vorzugsweise dann, wenn die Straßen ansteigen. Deutlich jünger, aber mit einem ähnlichen Fahrerprofil ausgestattet sind Thibault Guernalec aus Frankreich, Michel Ries aus Luxemburg und Alessandro Verre aus Italien. Während die beiden zuerst genannten immerhin schon eine Grand Tour in den Beinen haben, ist eine dreiwöchige Landesrundfahrt für Verre Neuland. Um den Kader komplett und in allen Bereichen stark auszustatten, hat die Teamleitung von Arkéa – Samsic auch noch drei sprintstarke Piloten nominiert. Der Niederländer David Dekker dürfte wohl der schnellste unter ihnen sein, aber ab und an könnte er auch mit dem Franzosen Clément Russo die Rollen tauschen. So oder so werden wir sie in Massensprints zu sehen bekommen – hoffentlich gut in Position gefahren von Alan Riou.
Corratec – Selle Italia
Frisch gegründet und dann direkt beim Giro d’Italia 2023 mit dabei ist der italienische Zweitdivisionär Corratec – Selle Italia. Bekanntester Mann im Aufgebot ist zweifelsohne Valerio Conti. Der Italiener ist mit 30 Jahren im besten Radsportalter und darf auf einige Erfolge in seiner bisherigen Karriere zurückblicken. So gewann er unter anderem eine Etappe bei der Vuelta a Espana. Er ist wie gemacht für Gruppen auf hügeligen Etappen, woraus er mit seiner guten Beschleunigung eventuell zum Tagessieg kommt. Alexander Konychev und Nicolas Dalla Valle haben ihre Stärken im Sprint. Gemeinsam werden sie versuchen, bei einem Massensprint das Optimum für ihr Team herauszuholen. Als klassischer Zeitfahrer darf der Brite Charlie Quarterman bezeichnet werden. Auf der ersten und der neunten Etappe wird er versuchen auf sich aufmerksam zu machen. Komplettiert wird das Aufgebot von Stefano Gandin, Alessandro Iacchi, Veljko Stojnic und Karel Vacek.