Radsport: Moritz Milatz feierte schon große Erfolge im Albstädter Bullentäle. 2015 wird für den Freiburger allerdings alles anders. Er studiert und fährt für das neue Team seines langjährigen Rivalen Wolfram Kurschat, behält aber Olympia 2016 im Auge. Am vergangenen Sonntag gab er sein Saison-Debüt, am 31. Mai will er beim UCI Mountainbike World Cup presented by Shimano in Albstadt in guter Form am Start stehen.
1. Juni 2014, Weltcup in Albstadt. Moritz Milatz winkt vom Podium ins Publikum, das den besten Deutschen an diesem Tag für seinen fünften Platz feiert. Nach Rang drei in Nove Mesto, gehört er zum zweiten Mal binnen einer Woche zu den besten Fünf der Welt. Das war ihm zuvor noch nie gelungen in seiner Karriere.
Die Saison sollte die beste seiner Laufbahn werden. Auch wenn er eine Woche später die EM krank aufgeben musste und im Juli nach einem Defekt den Deutschen Meistertitel verlor. Bei der WM verpasste er als Vierter nur knapp die Bronze-Medaille und er gewann die Gesamtwertung des BMC Racing Cup in der Schweiz.
Doch dem Höhenflug folgte die schwierigste Phase seiner Karriere. Tief enttäuscht musste Moritz Milatz (32) zur Kenntnis nehmen, dass BMC das Team-Budget reduzierte und ausgerechnet nach so vielen Erfolgen für ihn kein Platz mehr war.
Der Freiburger entschloss sich in der Not an der heimatlichen Uni ein Studium der Mikrosystemtechnik, das er vor zehn Jahren für einen Profi-Vertrag bei Multivan-Merida unterbrochen hatte, wieder aufzunehmen. „Das war die richtige Entscheidung“, meint er aus heutiger Sicht. „Das Studium macht mir Spaß.“
Anfang Dezember hatten sich alle Optionen auf einen Vertrag, der seiner Familie den Lebensunterhalt sichert, zerschlagen.
An dieser Stelle kam sein langjähriger Konkurrent Wolfram Kurschat ins Spiel. Mit dem er sich 2011 im Bullentäle ein großartiges Duell um den DM-Titel geliefert hat und mit dem ihn ein sehr respektvolles Verhältnis verbindet. Spätestens seit sie 2008 gemeinsam die Olympia-Vorbereitung bestritten haben.
Wolfram Kurschat ist mit bald 40 Jahren immer noch aktiv, arbeitet aber als studierter Pharmazeut und als Berater für Firmen. Und: Er war im Begriff ein eigenes Team aufzubauen. Im Januar unterschrieb Ex-Europameister Milatz bei der Formation mit dem Titel Koch Engineering-Müsing-Bikes. Es ist kein Profi-Vertrag, aber mit 1500 Euro von der Elite-Förderung der Sporthilfe kommt er über die Runden. „Das ist schon sehr wichtig. Ich muss ja gegenüber meiner Familie auch rechtfertigen, dass ich so viel Zeit in den Sport investiere“, erklärt Milatz.
Und Kurschat kennt die Situation eines studierenden Sportlers mit Familie aus eigener Erfahrung. „Moritz bekommt im Team alle Freiheiten. Für mich ist es super, gleich zum Start meines Teams einen solchen Top-Fahrer dabei zu haben“, sagt der Neustädter, der auch noch den Junioren-Weltmeister von 2013, Lukas Baum und mit Daniel Voitl einen weiteren U23-Biker verpflichtet hat.
Was für Moritz Milatz 2015 mit reduziertem Trainingsaufwand möglich sein wird, lässt sich kaum vorhersagen. Allerdings gab es am vergangenen Sonntag in Schaan (Liechtenstein) schon mal einen Hinweis, der bei Milatz ein Lächeln aufs Gesicht zauberte. Nach einem schlechten Start, fuhr er beim Sieg von Weltmeister Absalon noch von Platz 20 auf Rang sechs nach vorne, inklusive bester Rundenzeit zum Schluss. „Ich wusste überhaupt nicht, was mein Training wert war. Es hätte auch sein können, ich bleibe dort hängen, wo ich in der ersten Runde war. Aber so hat es schon Spaß gemacht“, meinte er grinsend.
Und Wolfram Kurschat (11.) hatte sich vorübergehend in den Dienst seines Teamkollegen gestellt. „Das war doch ein guter Start, oder?“ Das war schon eine rhetorische Frage, die Kurschat da stellte.
Moritz Milatz hat sein Ziel für die Saison 2015 so formuliert: „Ich will dieses Jahr im Spiel bleiben, damit ich mich für die Olympischen Spiele 2016 qualifizieren kann. Und ich hoffe, die Bedingungen für nächstes Jahr verbessern zu können.“
Ob er am 31. Mai 2015 auch wieder vom Podium ins Publikum winken kann? Zum Ziel gesetzt, hat sich Milatz das nicht. „Ich mache mir keinen Druck“, sagt er. „Aber ich will schon in einer guten Form am Start stehen.“ Und mit all den positiven Erinnerungen an Albstadt, seinem ersten Deutschen Meistertitel 2006, dem von 2011 und dem fünften Weltcup-Rang aus dem Vorjahr gibt es ja vielleicht einen extra Schub.