Radsport: Vorjahressieger Vincenzo Nibali hat die 19. Etappe der Tour de France gewonnen. Chris Froome konnte erstmals einen Antritt von Nairo Quintana nicht kontern und verlor Zeit auf seinen größten Konkurrenten.
Mit einer beherzten Solofahrt hat Vincenzo Nibali Wiedergutmachung betrieben. Der in der Gesamtwertung bereits weit zurückliegende Vorjahressieger attackierte am Col de la Croix de Fer und siegte in La Toussuire mit 44 Sekunden vor Nairo Quintana (Movistar). Dieser hatte angekündigt, bis zum letzten Moment um das Gelbe Trikot zu kämpfen – und hielt Wort. Als man schon fast nicht mehr damit rechnete – fünf Kilometer vor dem Etappenziel – attackierte Quintana, und Chris Froome (Team Sky) hatte erstmals keine Antwort parat. Meter um Meter verlor er auf den kleinen Kolumbianer. Allzu groß war der Schaden jedoch nicht: Inklusive Zeitbonifikation verlor der Brite 32 Sekunden und hat nun noch 2 Minuten und 38 Sekunden Vorsprung vor Quintana. Diese Konstellation verspricht jedoch Hochspannung vor der morgigen letzten Alpenetappe zur schweren Bergankunft in Alpe d´Huez.
Die Streckenführung hatte es heute in sich: Bei der Etappe von Saint-Jean-de-Maurienne nach La Toussuire führten 61 von 138 Kilometern bergauf. Vier Bergwertungen standen auf dem Programm (zwei mal erste, einmal zweite, einmal höchste Kategorie). Entsprechend viele Bergpunkte wurden vergeben, und es war wenig überraschend, dass gleich nach dem Start erneut Bergtrikotträger Joaquím Rodriguez (Katusha) und sein größter Konkurrent Romain Bardet (AG2R) in der Spitzengruppe vertreten waren. Rodriguez gewann am 1.533 Meter hohen Col de Chaussy, fiel im weiteren Etappenverlauf dann jedoch zurück.
Aber auch die Top-Favoriten fackelten heute nicht lange: Am Chaussy waren es Alberto Contador (Tinkoff-Saxo), Vincenzo Nibali und Alejandro Valverde (Movistar), die Chris Froome und sein Team Sky früh mit Attacken unter Zugzwang setzten. Als Ergebnis fiel der Gesamtvierte Gerraint Thomas zurück, auch Richie Porte und Nicolas Roche konnten das Tempo nicht mehr mitgehen. Als wichtigster Helfer Froomes entpuppte sich heute Wouter Poels.
Auch am schweren Anstieg zum Col de la Croix de Fer – der über die steile Glandon-Seite angesteuert wurde – sah sich Chris Froome Attacken durch seine Kontrahenten ausgesetzt. Während in der Spitzengruppe Pierre Rolland (Europcar) attackierte und als Solist voran fuhr, versuchten sich Vincenzo Nibali und Alejandro Valverde aus der Favoritengruppe abzusetzen. Doch Froome/Sky reagierten jedes Mal souverän. Erst ein kurzer technischer Defekt des Mannes in Gelb war Auslöser einer Rennveränderung: Froome musste kurz anhalten, Nibali attackierte – und setzte sich dieses Mal ab. Während der Träger des Gelben Trikots einige Zeit benötigte, um zur Gruppe mit allen Favoriten aufzuschließen, war Nibali enteilt. In der Abfahrt vom Croix de Fer verkürzte der Vorjahressieger den Abstand zum Führenden Rolland, am Gipfel des folgenden Col du Mollard hatte er zu ihm aufgeschlossen.Die Beiden harmonierten gut und fuhren bis zum Schlussanstieg mehr als zwei Minuten Vorsprung heraus. Dort ließ Nibali Rolland mit einem trockenen Antritt stehen und feierte einen emotionalen Etappensieg.
Hinter den Führenden kämpfte Romain Bardet um das Bergtrikot, rettete sich vor der Favoritengruppe über den Croix de Fer und sammelte auch am Mollard noch Punkte, bevor ihn ein Defekt in der Abfahrt zurückwarf. Doch der Sieger der gestrigen Etappe biss sich in der Favoritengruppe fest und erreichte das Ziel als Tagesfünfter. Damit nahm er Joquím Rodriguez das gepunktete Trikot des besten Bergfahrers ab.
In der Gesamtwertung verabschiedete sich Froome-Helfer Thomas aus den Top Ten. Den größten Satz nach vorne machte Nibali, der sich von Gesamtrang sieben auf vier vorschob. Doch die Abstände sind so groß, dass beim morgigen Showdown in Alpe d´Huez nur noch Froome und Quintana den Tour de France-Sieg unter sich ausmachen werden – derzeit mit klarem Vorteil für den Briten.
Endresultat Etappe 19 Tour de France 2015
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1.,Vincenzo Nibali,Astana,04:22:53
2.,Nairo Quintana,Movistar,00:00:44
3.,Chris Froome,Team Sky,00:01:14
4.,Thibaut Pinot,FDJ,00:02:26
5.,Romain Bardet,AG2R,00:02:26
6.,Alejandro Valverde,Movistar,00:02:26
7.,Bauke Mollema,Trek Factory Racing,00:02:26
8.,Robert Gesink,Lotto NL-Jumbo,00:02:26
9.,Alberto Contador,Tinkoff-Saxo,00:02:26
10.,Samuel Sanchez,BMC,00:02:26
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