Der Belgier Johan Bruyneel kann auf eine lange Karriere im Radsport zurückblicken. Zwischen 1989 und 1998 war er als Profi für die Teams SEFB, Lotto, Rabobank und O.N.C.E. unterwegs. Von 1999 bis 2012 hatte er den Posten des Teamchefs bei den Teams US Postal, Discovery Channel, Astana und RadioShack inne. Im Zuge der USADA-Ermittlungen gegen den mittlerweile als Dopingsünder überführten Ex-Tour-de-France-Sieger Lance Armstrong kam auch er unter die Räder. Bruyneel ist in das System Armstrong verstrickt, wie kein Zweiter.
Im Dezember muss Bruyneel vor einem Ausschuss in London Stellung zu seiner Rolle im Dopingfall Armstrong beziehen. Es spricht vieles dafür, dass der Belgier im Anschluss an die Anhörung mit einer lebenslangen Sperre belegt werden wird. Möglicherweise trieb ihn diese Aussicht nun zu einem Interview, welches er dem TV-Sender RTL Luxemburg gab.
„Ich sehe mich nicht als Teufel. Die Leute wollen Lance und mich für alles verantwortlich machen.“
“Umso mehr ich darüber nachdenke, umso sicherer bin ich mir. Ich habe in den letzten Wochen eine Entscheidung getroffen. Ich bin fertig mit dem Radsport, weil ich keine Veränderungen erkennen kann“, gab der Belgier zu Protokoll. Bruyneel begleitete den US-Amerikaner Armstrong von Beginn seiner zweiten Karriere an. Nachdem Armstrong den Krebs besiegt und 1998 in den Radsport zurückgekehrt war, hatte er diesen in den folgenden Jahren dominiert. Worauf Armstrongs Siege dabei beruhten, ist mittlerweile bekannt.
Die Anschuldigungen, die gegen Bruyneel erhoben werden, sind erdrückend und reichen von der Beschaffung von Dopingprodukten bis hin zur organisierten Weitergabe dieser. Bruyneel hatte sich zunächst gegen diese Anschuldigungen gewehrt, nach dem öffentlichen Geständnis Armstrongs blieb ihm dafür jedoch wenig Spielraum.
Im Juni diesen Jahres gab er seine Beteiligung am Dopingsystem um den gefallenen US-Radstar zu, aus taktischen Gründen, wie zu vermuten ist. Gegenüber RTL Luxemburg äußerte er nun: „Ich sehe mich nicht als Teufel. Die Leute wollen Lance und mich für alles verantwortlich machen.“ Es ist anzunehmen, dass er eine mögliche Sperre nicht vor Gericht anfechten wird. Zwar äußerte er sich nicht zu seinen Zukunftsplänen, unterstrich jedoch, dass er nicht in den Radsport zurückkehren möchte: „Man muss sich weiterentwickeln – das versuche ich im Moment“, so Bruyneel.