4:45, der Wecker klingelt. Verschlafen suche ich den Ausschalter und bleibe noch für zehn weitere Minuten liegen. Dann muss ich doch aufstehen. Mühsam klettere ich aus meinem Zelt. Kurz darauf bin ich mit meinem Bruder Sebastian auf dem Weg zum Frühstück. Die Auswahl ist groß. Wir laden uns unsere Teller und Müslischüsseln voll, nehmen den erstbesten freien Tisch. Eine Fehlentscheidung wie sich zeigt. Als wir uns hingesetzt haben, überfällt uns eine Horde Käfer. Nach kurzem Kampf geben wir uns geschlagen und wechseln den Tisch. Eine halbe Stunde später sind wir wieder an unseren Zelten, um uns rennfertig zu machen.
Ich komme überhaupt nicht aus dem Knick. Es dauert ewig bis ich meine Radklamotten angezogen habe. Außerdem müssen wir heute noch Taschen packen, denn heute ziehen wir zum dritten und letzten mal um. Ich versuche die Unordnung in meinem Zelt zu beseitigen. Letztendlich stopfe ich fast alles einfach nur in die Tasche. Zu allem Unglück ist jetzt auch noch der Akku meiner Lampe leer. Im Halbdunkel versuche ich meine Zahnbürste zu finden, die ich natürlich schon weggepackt habe. Mein Bruder hat inzwischen unsere Räder aus dem Bikepark geholt.
Auf Grund meiner Bummelei sind wir spät dran. Schnell kleben wir noch das Höhenprofil der heutigen Etappe aufs Oberrohr, geben unsere Taschen ab und begeben uns zum Start. Wir stehen im zweiten Block recht weit hinten. Kurz vorm Start fällt mir auf, dass ich keine Sonnencreme aufgetragen haben – schwerer Fehler. Noch ist es zwar kalt und neblig, aber das wird sich schnell ändern. Es ist die Königsetappe des diesjährigen Cape Epic – 110 Kilometer und 2900 Höhenmeter im Gelände stehen uns bevor. In den letzten 2 Tagen haben wir versucht es ruhig angehen zu lassen, da ich völlig unterirdisch fahre. Das hat sich leider nicht bewährt. Heute fahren wir vom Start weg Vollgas. Eine knappe Stunde bleiben wir in der Spitzengruppe, die zu diesem Zeitpunkt noch aus circa 20 Teams besteht. Dann muss ich reißen lassen und Sebastian wartet auf mich.
Wie jeden Tag gibt es drei Verpflegungspunkte auf der Strecke, an denen man reichlich Essen und Trinken fassen kann. Außerdem lassen wir hier die Kette ölen, die jedesmal bereits nach wenigen Kilometern wieder ziemlich rau läuft. Geschuldet ist das dem feinen Staub und den zahlreichen Wasserdurchfahrten. Insgesamt sind die Strecken hier sehr hart. Es gibt fast keine Passagen mit glattem Untergrund, um sich auszuruhen. Das wir mit Hardtails unterwegs sind, macht das ganze nicht gerade einfacher, zumal unsere Gabeln seit dem regenreichen dritten Tag nur noch Attrappe sind. Ein Fully wäre auf jeden Fall angenehm. Mein kompletter Oberkörper ist inzwischen völlig am Ende. Man muss sich bemühen in den Abfahrten noch irgendwie den Lenker festzuhalten. Aber damit bin ich hier sicher nicht allein.
Kurz vor Schluss der Etappe treffen wir auf einige freilaufende Kühe. Eine nimmt dann natürlich auch Anlauf und geht auf einen direkt vor uns fahrenden, rot gekleideten Spanier los. Der Torero springt in letzter Sekunde geschickt vom Rad, bevor die Kuh mit voller Wucht sein Rad rammt. Letzteres bleibt erstaunlicherweise unversehrt. Rache misslungen.
Nach fast 6 Stunden erreichen wir als 41. endlich das Ziel und setzen uns erstmal in den Schatten. In der Sonne sind um die 35°C und Wald gibt es auf der gesamten Strecke fast gar nicht. Dementsprechend froh bin ich, jetzt am zweiten Verpflegungspunkt noch Sonnencreme bekommen zu haben. Nach kurzem Auftanken gehen wir Duschen. Gerade eben habe ich noch die Reste meines Lunchpaketes verputzt. Jetzt werde ich mich erstmal hinlegen und dann beim Abendbrot zumindest den Rest der circa 6000 Kilokalorien auffüllen, die wir hier jeden Tag verbrauchen. Die letzten beiden Etappen sind vom Papier her deutlich einfacher. Aber wer weiß, wo uns die Organisatoren wieder lang schicken.