Die Saison ist weitgehend vorbei. Zeit euch noch einen Rückblick auf den Endura AlpenTraum zu geben. Schließlich konnte ich dieses Rennen im letzten Jahr gewinnen. In diesem Jahr lief es nicht ganz so optimal, doch mit einigen Wochen Rückblick…
Ich fühlte mich ziemlich überrumpelt, als ich morgens, exakt 30 Sekunden vor Start des Endura AlpenTraums in Sonthofen ohne montierte Nummer und nicht fertig angezogen die Startaufstellung betrat. Eigentlich hatte ich mich mangels langer Trainingseinheiten ja schon früh in der Saison zu einem Start auf der kurzen Strecke entschieden, doch dies wäre logistisch gar nicht möglich gewesen. Da stand ich also, am Fummeln mit den Gummihandschuhen, bei leichtem Regen in der Dunkelheit.
Bis die Nummer notdürftig befestigt war und alles halbwegs passte, waren die 800 Starter längst losgezogen und ich startete eine Aufholjagd auf den Jochpass. Erst am Gaichtpass gelang der Anschluss zur Spitze. Es regnete, und in der Abfahrt fror man so richtig aus. Durchs Lechtal wurde es dann wieder etwas wärmer. Und zügiger, denn der erste Beraldo Angriff war schon längst gestartet worden – Bertuola fuhr schon sehr früh (als ich noch irgendwo hinten im Stau steckte) solo vorne weg.
Am Hahntennjoch wurde dann eine konstante Pace angeschlagen, bis Cunico attackierte. Zuerst gab es keine Reaktion im Feld, doch dann sprengte Ludewig mit seiner Nachführarbeit die noch große Gruppe.
Auch ich war abgehängt, konnte nicht so schnell reagieren: Vorne Lude, die 3 anderen Beraldos und mein Teamkollege Roman Herrmann – ich voll am Anschlag am Hinterrad der beiden NetApp-Endura Profis Schwarzmann und Schillinger – dahinter gähnende Leere.
Vor Bschlabs rollten wir wieder zusammen, länger hätte ich auch nicht so schnell fahren können. Schon hier merkte ich, dass es nicht normal lief. Die Beine waren zu, gingen auch nicht auf, der Puls war viel höher als normal. Aber ich war noch dabei und quälte mich in der Favoritengruppe über den Pass. In der Abfahrt hatte ich richtig Angst, es war extrem rutschig – nass und saukalt. Aber bald war Imst erreicht und von hinten kamen noch ein paar Fahrer heran.
So fuhren wir nach Landeck, während Bertuola schon 4 Minuten voraus war. Durch Landeck motivierte dann der Jubel der sich dort aufwärmenden Fahrer der kurzen Strecke, während die Nachführarbeit von Ludewig und den beiden NetApp-Pros nicht nachließ. Den Beraldos passte das gar nicht und sie störten die Nachführarbeit, wodurch es sehr unrhythmisch wurde. Ich litt während der vielen Antritte wie ein Hund – hatte einfach keine Power auf der Geraden. So ging es dann in den Anstieg zur Piller Höhe: Schillinger mit einer sehr hohen Pace und sofort bröckelte hinten alles ab, bis auf die Achter-Gruppe wie am Hahntennjoch.
Für mich war der Piller schon eine Hinrichtung – ständig 1450 bis 1500 hm/Stunde Steigungsgeschwindigkeit – mein Akku war leer, da konnte ich Riegel und Gels futtern, so viel ich wollte. Generell war ich den ganzen Tag nur am Essen, es fühlte sich an, als ginge alles einfach durch, ohne mir wieder Kraft zu geben. Ab Prutz war es dann wieder hektisch – zwei Stopps beim Almabtrieb inklusive. Immer wieder fuhr einer von uns etwas voraus um sich auszuziehen, Notdurft zu verrichten oder Verpflegung anzunehmen – so auch Jörg Ludewig kurz vor Pfunds. Doch der Vorstoß entpuppte sich spätestens beim Konter Cunicos als getarnter Angriff und ab da war das Rennen endgültig eröffnet.
Die neue Rennsituation: Bertuola mit 5 Minuten auf Lude, Cunico, Hornetz und Schillinger – dahinter Herrmann, Schwarzmann und Zen – ich mit Thomas Gschnitzer chancenlos dahinter – zumindest für uns war das Rennen hiermit glaufen. Ich konnte Thomas nicht mal helfen, so platt war ich. In seinem Windschatten stopfte ich mir mindestens 5 Riegel und 2 Allins in die Figur – um irgendwie bei Kräften zu bleiben. Es war zum Weinen und ich wäre in dieser Situation froh gewesen, überhaupt Sulden zu erreichen (auf dem direkten Weg – ohne Umbrail und Stifser Joch wohlgemerkt).
An der Labe in Nauders kehrten wir zu, ich stopfte ins Trikot was ging, denn meine Vorräte in verschiedenen Autos waren längst verbraucht. Auch Othmar Peer war dort an der Labe, fragte uns kurz zum Rennverlauf und erklärte uns die Rennsituation. Kurios: Zen hatte Herrmann und Schwarzmann stehen gelassen und war über die Gerade am Reschensee alleine die 2 Minuten zur Spitze zugefahren, die mittlerweile Bertuola wieder gestellt hatte. Somit waren nun sechs Mann an der Spitze, dahinter Herrmann mit Schwarzmann und dahinter ich und Tom Gschnitzer.
In der Reschenabfahrt konnten wir zu unserer beider Überraschung fast wieder auf Herrmann und Schwarzmann aufschließen, was mir neue Motivation gab. Im Münstertal erfolgte dann der Zusammenschluss und ab Anfang Umbrail dann erneute Selektion – Roman Herrmann und ich voraus und wie schon so oft heuer, legten Roman und ich perfektes Teamwork an den Tag. Er war stärker und in der Hoffnung, dass von vorne noch jemand einbrechen würde, fuhr ich alles von vorne gegen die leichte Brise, die oben immer stärker wurde.
Gut versorgt und informiert durch unsere Betreuer konnten wir bis zum Umbrail 3 min auf die abgerissenen Bertuola und Schillinger aufholen. Cunico und Zen hatten sich längst abgesetzt, dahinter Lude und Hornetz. Bis zum Stilfser Joch reichten meine Kräfte und mit 2 Minuten Rückstand schickte ich quasi Roman in die Abfahrt, um bis Sulden noch die beiden anderen einzuholen. Für mich war es ab hier endgültig gelaufen, ich kurvte die Abfahrt runter, kehrte nochmal bei der Labe zu und fuhr entspannt die steilen Rampen nach Sulden hoch – mit 39/28 eine Qual an sich, aber das war mir nun auch schon egal.
Knapp unter 9 Stunden und damit eigentlich mit einer verblüffend starken Zeit erreichte ich als Achter das neue Ziel bei der Tennishalle. Damit war die Strecke 3 Kilometer kürzer und die fehlten Roman leider, um Bertuola und Schillinger noch abzufangen. Trotzdem eine Bomben-Leistung von ihm! Auch die anderen Teamfahrer erbrachten tolle Leistungen – Klaus Baetz wurde 17. Gesamt und 3. AK, Helmut Geditz 2. AK und in der Teamwertung gab es einen Sieg für das Kirchmair Cycling Team vor dem Team Alpecin!
Für mich ist die sportlich ambitionierte Saison nun beendet – und vielleicht ist es höchste Zeit dazu. Die Form vom Ötzi konnte ich nicht ganz halten, aber ich sehe es für unsereins auch schwierig, den Ötzi und den Endura auf Sieg zu fahren. Diesen Anspruch beziehungsweise die Klasse haben eben nur die Beraldo-Jungs – für Leute wie Nösig, Lude oder mich ist das neben Job und Verpflichtungen einfach nicht drin.
Schlussendlich bin ich mit dem Endura schon zufrieden, hätte mir aber mehr erwartet. Die Beine waren danach steinhart, das Sitzfleisch komplett ramponiert und höchst überfällig. Außerdem musste ich mein Schlafdefizit der beiden vorhergehenden Wochen wieder ausgleichen.
Wie heißt es so schön: nach der Saison ist vor der Saison und die Vorbereitungen und Planungen sind in vollem Gange! Jetzt heißt es möglichst schnell etwas Winterspeck anzulegen, mich zu erholen und dann bald mit der Saisonvorbereitung zu beginnen. 2015 werde ich auch sportlich wieder voll angreifen, das steht fest!