Test: Der österreichische Hersteller KTM hat für 2015 einmal mehr seine gesamte Produktpalette überarbeitet. Auch das im letzten Jahr eingeführte KTM Scarp 27 Elite bekam ein kleines Facelifting mit neuen Lackierungen und Komponentenupdates. Im Test überzeugt das 12,2kg leichte Bike aus Carbon und Aluminium als kompromisslose Rennmaschine mit wenigen Schwächen.
Fakten-Check
[tab:Übersicht]
UVP: 2999€
Gewicht: 12,2kg
Rahmenmaterial: Carbon/Alu
Laufradgröße: 27,5″
Federweg vorn/hinten: 100/105mm
[tab:Geometrie]
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Maß, S, M, L
Oberrohr Waagrecht,570mm,588mm,605mm
Sitzrohrlänge,430mm,480mm,530mm
Sitzwinkel,74.7,74.7,74.7
Lenkwinkel,69.7,69.7,69.7
Steuerrohrlänge,120mm,125mm,137mm
Kettenstrebenlänge,435mm,435mm,435mm
Radstand,1092mm,1111mm,1129mm
Stack,584mm,588mm,599mm
Reach,410mm,427mm,441mm
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[tab:Ausstattung]
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Bauteil, Modell
Gabel, RockShox Reba RL 27 Solo Air 15mm
Dämpfer, RockShox Monarch RL
Laufräder, Mavic Crossride 27.5
Reifen, Schwalbe Rocket Ron Evo
Bremse, Shimano SLX M675
Bremsscheiben, Shimano RT66 180/180
Schaltwerk, Shimano XT M786 Shadow Plus
Umwerfer, Shimano SLX M676-D 2-fach
Schalthebel, Shimano SLX M670
Kurbel, Shimano SLX 671 40-30-22
Kassette, Shimano HG50-10 11-36
Vorbau, Ritchey Comp 4-axis 6° 100mm
Lenker, Ritchye Comp 2X flat 710mm
Sattelstütze, Ritchey Comp 2b 400/30.9
Sattel, Selle Italia SL Flow
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Rahmen und Geometrie
Das Scarp 27 Elite ist der günstigste Vertreter unter den Carbonmodellen der Scarp-Reihe. Im Gegensatz zu seinen teureren Geschwistern besteht beim Elite aber lediglich der Hauptrahmen aus Carbon, beim Hinterbau setzen die Österreicher auf Aluminium – ein durchaus cleverer Schachzug, der die Kosten drückt und sich beim Gewicht nur marginal niederschlägt. Optisch fallen die beiden unterschiedlichen Rahmenmaterialien ohnehin nicht auf. Das Scarp 27 Elite kommt in der KTM-typischen Farbkombination aus Schwarz und Orange. Das matte Finish wirkt hochwertig und ist weniger empfindlich als glänzende Oberflächen.
Die Verarbeitung des Rahmens ist durchweg gelungen und bietet keinerlei Grund zur Kritik. Ein schönes Detail ist der integrierte Rahmenschutz im Bereich des Unterrohrs – so können hochgeschleuderte Steine dem Carbon nichts anhaben. Apropos Unterrohr: Dieses bietet sowohl im Rahmendreieck als auch unterhalb des Rohrs die Möglichkeit einen Flaschenhalter anzubringen, darüber dürften sich insbesondere die Racer und Marathonfahrer freuen. Die Formgebung des Scarp 27 ist signifikant und dadurch sicherlich auch nicht jedermanns Geschmack; gerade der massive Bereich um das Steuerrohr dürfte polarisieren. Ansonsten dominieren weiche Kanten und klare Linien, die von den orangenen Decals schön aufgegriffen werden. Die interne Kabelführung sorgt für eine aufgeräumte Optik.
Beim Hinterbau des KTM Scarp 27 Elite handelt es sich um einen abgestützten Eingelenker – eine Anlenkung, die sich schon seit vielen Jahren bewährt hat. Das Heck bietet dem Fahrer 105mm Federweg für genügend Reserven auf Cross Country- und Marathonstrecken. Für gute Steifigkeitswerte und einfachen Radein- und Ausbau sorgt die 142x12mm Steckachse. Die 180mm Postmount-Aufnahme spart zwar einen Adapter, wer allerdings lieber eine 160mm Bremsscheibe am Hinterrad fährt, schaut in die Röhre.
Die Geometrie des Scarp stellt unmissverständlich klar, dass es sich hier um ein reinrassiges Racebike handelt. Mit einem recht steilen Lenkwinkel von knapp 70° und fast 75° Sitzwinkel sollte auch bei steilen Anstiegen mehr als genügend Druck auf die Pedale kommen. Die Kettenstreben sind mit 435mm ein sehr schöner Kompromiss zwischen Agilität und Laufruhe. Ansonsten liegt die Geometrie im Zeitgeist: das eher kurze Sitzrohr und der recht weitere Reach sorgen für eine sportliche Sitzposition.
Ausstattung
Beim Antrieb setzt KTM wie gewohnt auf Komponenten von Shimano. Das Scarp 27 Elite kommt mit der kompletten 670er SLX Antriebsgruppe, lediglich das Schaltwerk kommt aus der XT-Reihe. Letzteres wird als Shadow Plus Version verbaut – mit Shadow Plus bezeichnet Shimano die Schaltwerksdämpfung, die Kettenschlagen und Abwürfe erheblich reduziert. Auch die Bremsen stammen aus der SLX Reihe und fügen sich somit optisch wie technisch sehr schön zum Rest.
Das Fahrwerk der schwarz-orangenen Rennmaschine stammt aus dem Hause RockShox, genauer gesagt sorgen eine Reba Federgabel mit 100mm an der Front und ein Monarch RL Dämpfer am Heck für Komfort und Kontrolle. Beide Federelemente bieten einen Lockout – die Reba lässt sich per Pushlock direkt vom Lenker sperren, beim Monarch muss ein Hebel am Dämpfer umgelegt werden. Dieser ist aber auch während der Fahrt gut und einfach zu erreichen.
Bei den Laufrädern vertraut KTM auf das langjährige Know-How von Mavic und verbaut am Scarp 27 Elite die sehr beliebten Crossride Laufräder. Diese wissen durch gute Steifigkeitswerte und langlebige Naben zu überzeugen, die Felgen sind mit lediglich 19mm Innenweite aber recht schmal und mit etwas über 1900g gehört der Laufradsatz auch nicht unbedingt zu den Leichtgewichten. Die Bereifung kommt von Schwalbe – die Rocket Ron Evo Reifen bieten einen guten Kompromiss zwischen Grip und Leichtlauf.
Bei den Anbauteilen, also Vorbau, Lenker und Sattelstütze verbauen die Österreicher Teile aus der Comp-Linie von Ritchey. Diese doch eher günstigen Bauteile wollen nicht so recht zur ansonsten durchweg höherwertigen Ausstattung passen. Allerdings hat bezüglich Lenkerbreite, Vorbaulänge und Stützensetback ohnehin jeder Fahrer andere Ansprüche. Auffällig ist der mit 100mm recht lange Vorbau an unserem Testrad. Dieser sorgt zwar für ordentlich Druck auf dem Vorderrad an steilen Rampen, geht es allerdings einmal steil nach unten, vermissen wir ein direkteres Lenkgefühl und es machen sich recht schnell Überschlagsgefühle breit. Nach einem Tausch auf einen 20mm kürzeren Vorbau verbesserte sich das Handling spürbar.
Auf dem Trail
Vom ersten Antritt an wird deutlich: Das KTM Scarp 27 Elite möchte schnell gefahren werden. Durch den steilen Sitzwinkel landet die Power direkt auf dem Waldboden, die 12,5kg unseres Testaufbaus sind in wenigen Umdrehungen auf Geschwindigkeit. Mit etwas leichteren Laufrädern wäre hier sicherlich noch ein Plus an Spritzigkeit drin, doch auch der Mavic Laufradsatz bremst nicht merklich. Wir verzichten bei Gabel und Dämpfer bewusst auf den Lockout, um das Fahrwerk auf die Probe zu stellen. Der Hinterbau zeigt sich hier erfreulich Antriebsneutral – wenngleich der Dämpfer natürlich etwas nachgibt, lässt sich weder Wippen noch Pedalrückschlag verzeichnen.
Der Antrieb funktioniert wie erwartet gut – die SLX Komponenten bieten das Shimano-typische geschmeidige Schaltverhalten und das Shadow Plus Schaltwerk sorgt durch das effektive Verhindern von Kettenschlagen für einen sehr leisen Antrieb. Die SLX Bremsen quietschen anfangs etwas unangenehm, nach einer kurzen Einfahrphase gibt sich das allerdings und wir kommen jederzeit mit einem Finger zum Stehen.
Steile Rampen meistert das KTM spielerisch – Gabel und Hinterbau bleiben neutral, im äußersten Notfall kann man auch auf den Lockout zurückgreifen. Wir verzichten im Test allerdings meistens darauf, da das Fahrwerk auch im offenen Zustand sehr effizient arbeitet. Wir scheuchen das Scarp über eine typischen Cross Country Strecke – schnell, eng, verwinkelt, mal hoch und mal hinunter. Gerade in den engen, verwinkelten Passagen gefallen die im Cross Country Bereich fast exotischen 27,5“ Laufräder im Gegensatz zu den sonst üblichen 29“. Sie bieten doch ein spürbares Plus an Agilität und verringern den Wendekreis. Die Nachteile machen sich dann hingegen vor allem im technischen Uphill bemerkbar, wo Wurzeln und größere Steine die kleineren Räder doch merklich mehr bremsen als ihre größeren Pendants. Die Laufradfrage bleibt nach wie vor von den persönlichen Vorlieben und der Strecke abhängig.
Geht es einmal etwas steiler bergab, stößt das KTM allerdings recht schnell an seine Grenzen. Wir haben hier vor allem mit drei Problemen zu kämpfen: Der Rocket Ron Reifen am Vorderrad verliert recht schnell an Grip wenn das gesamte Rad mitsamt Fahrer schiebt – das ist dem Reifen auch gar nicht unbedingt anzulasten, weil er dafür nicht gemacht ist. Weitaus schwerer wiegt das nervöse Handling des Scarp, das vor allem im steilen Lenkwinkel und dem langen Vorbau seine Ursachen hat. Nachdem wir den Vorbau gegen eine kürzere Version getauscht hatten, verbesserte sich das Handling bergab spürbar.
Fazit
Das KTM Scarp 27 Elite ist ein wirklich rassiges Racebike, das auf dem Trail sehr viel Spaß macht. Das Fahrwerk ist straff, arbeitet effizient und auch die Ausstattung überzeugt bis auf ganz wenige Ausnahmen. Lediglich bei längeren Passagen bergab offenbart das KTM einige Schwächen, die aber angesichts des ansonsten starken Eindrucks nur wenig ins Gewicht fallen. Die 12,2kg schwere österreichische Rennmaschine ist deshalb gerade für Racer und Marathonfreunde eine Empfehlung wert.