Geschlafen hab ich super, erst um 6 läutete der Wecker und dank Transalp-Routine saß jeder Handgriff perfekt, so dass ich pünktlich 2 Minuten vor Start in die Formation rollte. Startschuss und auf in den ersten Anstieg. Es war schnell, 350 Watt, aber ich erinnere mich mit Schrecken an Auflagen dieses Rennens, bei denen ich mich am Ova Spin mehr gegen das Frühstück im Hals wehren musste, als mir um das Halten des Hinterrades des Vordermannes Gedanken machen zu müssen. Heute war das Tempo ok. Schön gleichmäßig, aber so, dass fast alle mithalten konnten.
Nach dem Tunnel verabschiedeten sich dann sehr unscheinbar 3 Mann – Benjamin Schweinester (Team Tom Siller) Helli Trettwer (Team Baier) und ein Italiener vom Chiapucci Team waren die drei Ausreißer des Tages. Dahinter harmonierte unsere Gruppe eigentlich sehr gut. In Livigno rollte viel wieder zusammen aber das ist ja fast immer so, bevor es sich auf den Forcola wieder etwas ausdünnt. Da hinauf litt ich zwar, aber der Anstieg verging gefühlt viel schneller, nachdem ich am ersten Anstieg nicht im knallroten Bereich gefahren war, vermutlich.
Leider dann in der Abfahrt einige brenzlige Situationen mit Schlaglöchern und in der letzten Kurve schoss mir ein Fahrer viel zu schnell fahrend ins Hinterrad – ein Sturz unausweichlich! Ich selbst kam mit dem Schrecken davon, doch hinter mir gingen 2-3 Fahrer zu Boden. Das hätte wirklich nicht sein müssen und alle waren ziemlich geschockt, was die Gruppe komplett zerreißen ließ. Am Bernina kämpfte ich wie immer am letzten Loch und war oben nur in der 2. Gruppe. Alle Guten waren vorne weg zu zehnt. Zum Glück kamen wir aber mit 10 Mann wieder heran und in der Ebene konnte ich mich endlich verpflegen und erleichtern.
In Zernez dann der klassische Sprint der Kurzstreckenfahrer und es blieben etwa 20 Mann über für die Langstrecke. Ich steuerte spontan die Labestation in Zernez an und stopfte mein Trikot voll, denn ich hatte wieder mal so einen Tag mit Heißhunger, wo gefühlt nichts in den Beinen ankam. In guter Begleitung von Tom Gschnitzer rollte ich wieder heran und dann ging es am Flüela gleich wieder zur Sache, denn Andi Ordner stiefelte die erste Steilstufe mit 370-380 Watt hoch – so dass nur noch 7 Fahrer hängen blieben.
2 Fahrer waren noch vorne, Benjamin Schweinester holte sich den Sieg auf der Kurzstrecke, Trettwer und der Italiener lagen mit gut 3 Minuten Vorsprung voraus. Wir waren uns einig, dass wir das in der Abfahrt nach Tiefencastel und am Albula locker zufahren können sollten. So sank die Pace geringfügig ab, bevor es in das „Flachstück“ des Flüela ging. Oben raus setzte sich Rene Stadelmann etwas ab. Wir waren noch zu fünft: Andi Ortner, Johannes Berndl (neu fürs Team Corratec am Start), ein Rennfahrer vom Medrisio Racing Team, Davide Tugnoli und ich. Durch Davos, den Tunnel und die kurze Zwischenauffahrt kreiselten wir gut durch, doch vorne war nichts zu sehen – nicht einmal Stadelmann. Im Ort dann die Info von einem Betreuer: „ 3 Mann mit 1 Minute Vorsprung“…
Nach der Abfahrt nach Tiefencastel und auf den ersten 10 Kilometern des Albula war immer noch keiner in Sicht – das konnte doch nicht sein! Dann des Rätsels Lösung: Rennleiter Flurin Bezzola rief uns rein: 2 Mann Spitze, über 6 Minuten Vorsprung, Stadelmann mit 1:40 Vorsprung dazwischen. Uns fiel fast die Lade bis auf den Lenker, das war´s dann wohl…. Sofort übernahm der junge Matteo von Mendrisio das Kommando und steigerte das Tempo – nur ich konnte folgen, die anderen platzten einer nach dem anderen ab. Ich half dann viel in der Führung und so stellten wir Stadelmann wenig später.
Die steilsten Stellen am Albula fuhr ich von vorne, doch der Abstand zur Spitze wurde einfach nicht geringer – noch immer 5 Minuten. Wo nahmen die da vorne nur die Power her? Fast 150 Kilometer waren sie nun schon vorne. Ich hatte mich gedanklich ja schon auf ein Ausscheidungsrennen am Albula eingestellt, doch dazu kam es nicht mehr. So kamen mit die 300 Watt fast vor wie Spazierfahrt, doch meinen Kompanion wäre ich auch mit höherer Pace nicht los geworden, der war saufit. Wir schwatzten über seine Rennen und natürlich kannte ich die fast alle von früher. So verging das alles recht zügig und wir waren schon fast oben, als vor uns der Italiener auftauchte. Der stand förmlich und ich latschte nochmal drauf, doch Trettwer lag immer noch 4:30 voraus am Gipfel – krass diese Power!
Ohne Risiko ging es die Abfahrt runter und dann bei perfektem Rückenwind dem Ziel entgegen. Im Zielsprint riskierten wir nichts, ich war vorne, doch Matteo machte es schlau und schob sich auf der Linie noch heran – somit ein geteilter 2. Platz für uns beide. Trettwer sah schon recht relaxt aus und die eintrudelnden Fahrer dagegen ziemlich abgekämpft und von Salzkrusten überzogen. Die Reihenfolge hinter uns: Der Italienische Ausreißer, Andi Ortner, Rene Stadelmann und Johannes Berndl. Nach Interview, Smalltalk und Ziel-Labe ging ich mit Matteo noch ausrollen – ein sehr netter Kerl dieser junge Bursche.
Den Nachmittag überherrschte weiterhin Kaiserwetter über dem Engadin, also nichts wie ab ins Schwimmbad bis zur Siegerehrung. Jetzt noch in der Sonne den Blog reingeklopft und jetzt geht es dann wohl nach Hause. Bilder folgen leider sicher erst später und auch den Blog gibt’s erst von Zuhause mit entsprechendem Internet. Ich freu mich schon auf Peter Lintner´s Fotos und eure Kommentare zum Blog!
Bis bald,
euer Stefan