Radsport: Furioses Finale bei der Spanienrundfahrt: Beim Etappensieg von Ruben Plaza (Lampre-Merida) brach Tom Dumoulin (Giant-Alpecin) doch noch ein, Fabio Aru (Astana) steht vor seinem ersten Grand Tour-Sieg.
Die diesjährige Spanienrundfahrt ist an Dramatik kaum zu überbieten! Am Vortag des großen Finales in Madrid wurde das Gesamtklassement noch einmal ordentlich durcheinander gewirbelt. Die letzte Bergetappe führte über 175 Kilometer von San Lorenzo de El Escorial nach Cercedilla. Vier Bergwertungen – allesamt der 1. Kategorie – standen auf dem Programm. In der Gesamtwertung war die Ausgangslage ausgesprochen spannend: Spitzenreiter Tom Dumoulin führte mit sechs Sekunden vor Fabio Aru, aber auch die Abstände dahinter waren nicht sehr groß.
Im Rennen bildete sich früh eine zehn-köpfige Spitzengruppe, verfolgt von einer weiteren 29 Mann starken Gruppe. Erst dahinter folgte das Feld mit allen Favoriten. 120 Kilometer vor dem Ziel attackierte der Spanier Ruben Plaza – im Juli noch Etappensieger in Gap bei der Tour de France. Und mit rundem Tritt und perfekter Renneinteilung schaffte er das Unmögliche: Keiner der Verfolger – weder aus den beiden bald vereinigten Ausreißergruppen, noch aus dem Hauptfeld – konnte im weiteren Rennverlauf zu ihm aufschließen. Plaza fuhr solo über drei Berge und jubelte im Ziel ausgelassen über seinen sehenswerten Etappensieg. Er rettete 1:07 Minuten Vorsprung auf José Goncalves (Caja Rural – Seguros RGA), der einmal mehr bei dieser Vuelta das Nachsehen hatte.
Spannende Szenen spielten sich aber auch weiter hinten ab: Die Teams Astana und Katusha um die Kapitäne Fabio Aru und Joaquím Rodriguez spielten ihre volle Mannschaftsstärke aus. Am vorletzten Berg des Tages – dem über zehn Kilometer langen Puerto de la Morcuera – war es der Überraschungs-Dritte des diesjährigen Giro, Mikel Landa, der für seinen Kapitän Aru die Tempoarbeit übernahm und Tom Dumoulin erstmals in Schwierigkeiten brachte. Der Mann in Rot kämpfte sich noch einmal heran, doch einer weiteren Tempoverschärfung von Aru hatte er nichts mehr entgegenzusetzen. Gemeinsam mit Mikel Nieve (Team Sky) fiel Dumoulin zurück, Alejandro Valverde (Movistar) war noch weiter hinten
In der Abfahrt des vorletzten Berges und in der Anfahrt zum letzten Berg sah es zwar fast so aus, als könnte Dumoulin das Loch zu Aru noch einmal schließen. Doch während der Niederländer alleine kämpfte, konnte Aru auf die Hilfe von Landa setzen, und auch Luis Leon Sanchez ließ sich aus der Ausreißergruppe zurückfallen und leistete für seine Astana-Teamkollegen Führungsarbeit. So ging das Loch wieder weiter auf und am elf Kilometer langen Puerto de Cotos wurde der entkräftete Dumoulin schließlich durchgereicht. Mit 7:30 Minuten erreichte er das Tagesziel und verlor nicht nur Spitzenposition und Leadertrikot, sondern sogar auch einen Platz in den Top Five. Eine große Enttäuschung für Dumoulin, doch der Niederländer ist eine tolle Spanienrundfahrt gefahren und wird in den kommenden Jahren zu den heißesten Anwärtern auf einen Sieg bei einer dreiwöchigen Rundfahrt gehören.
Während Dumoulin also aus dem Rennen war, kämpften die verbliebenen Favoriten um den Gesamtsieg und die weiteren Plätze auf dem Podium. Nairo Quintana (Movistar) attackierte groß am letzten Berg. Mit Rafael Majka (Tinkoff-Saxo) an seinem Hinterrad riss der Kolumbianer schnell ein Loch, und Joaquím Rodriguez musste sich ernste Sorgen um seinen Podiumsplatz machen. Während Quintana und Majka vorne die Reste der großen Gruppe auffuhren und mit 2:42 Minuten Rückstand auf den Tagessieger das Ziel erreichten, kämpfte Rodriguez um jede Sekunde und zog einen ebenfalls am Anschlag fahrenden Aru mit. Im Ziel hatten die Beiden dann letztlich eine knappe Minute auf Quintana und Majka verloren – zu wenig, um ihre Positionen zu verlieren: Aru jubelte beim Überqueren der Ziellinie emotional über seinen ersten Sieg bei einer dreiwöchigen Rundfahrt, Rodriguez rettete seinen zweiten Platz in der Gesamtwertung mit wenigen Sekunden Vorsprung vor Majka, Quintana muss sich mit der Holzmedaille des Gesamtvierten begnügen.
Am morgigen Sonntag geht die Spanienrundfahrt mit einer Flachetappe in Madrid zu Ende. Aru wird wieder Rot tragen – der neunte Wechsel an der Spitze der Gesamtwertung im Verlauf des Rennens. Schon jetzt kann man sagen: Die Spanienrundfahrt war ein würdiger Abschluss der GrandTour-Saison 2015.
Endresultat Etappe 20 Vuelta a España 2015
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1.,Ruben Plaza,Lampre-Merida,04:37:05
2.,José Goncalves,Caja Rural-Seguros RGA,00:01:07
3.,Alessandro de Marchi,BMC Racing,00:01:08
4.,Romain Sicard,Europcar,00:01:29
5.,Amael Moinard,IAM Cycling,00:01:30
6.,Carlos Verona, Etixx Quick Step,00:01:30
7.,Sergio Luis Henao,Team Sky,00:01:30
8.,Kenny Elissonde,FDJ,00:01:35
9.,Matteo Montaguti,AG2R,00:01:43
10.,Moreno Moser,Cannondale-Garmin,00:02:45
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