Test: Mit einem Achtjährigen Biken gehen? Was im Normalfall am Landschaftsprofil scheitert, funktioniert mit Unterstützungsantrieb ganz hervorragend. Bei diesem Familienausflug mit drei völlig unterschiedlichen KTM Mountainbikes wurde nicht nur der Leistungsunterschied zwischen Papa (KTM Myroon Master) und Mama (KTM Macina Force 27) ausgeglichen – auch der Junior bekam mit einem 24 Zoll KTM Macina Mini Me elektrischen Rückenwind.
Radtouren können zu den schönsten Outdoor-Erlebnissen werden, die man mit der Familie unternehmen kann. Die flotte Bewegung macht das Fortkommen an sich zum Vergnügen und stellt eine Herausforderung dar, die unterwegs viel Spaß bietet. Unterschiedliche Landschaftseindrücke und interessante Zwischenziele sorgen für Abwechslung, die Kinder dringend brauchen, um bei der Sache zu bleiben. Und wenn nach einem langen Tag die Müdigkeit kommt, können sich die Kleinen prima von Papa oder Mama schieben lassen.
Wer einfach nur mit Partner/in und Kind/ern ein bisschen radeln will, muss sich ums Material keine großen Gedanken machen. Anders sieht es jedoch aus, wenn sportliche Ambitionen ins Spiel kommen. Schon eine an sich harmlose Mountainbike-Tour durch mäßig anspruchsvolles Gelände bringt Leistungsunterschiede, wie sie zwischen unterschiedlich gut trainierten Partnern und erst recht zwischen Eltern und Kindern zu verzeichnen sind, gnadenlos ans Licht. Was für den Bike-begeisterten Papa ein großer Spaß mit geringem Anspruch ist, kann für die eher Fitness-orientierte Mama eine nervige Hetze sein – und für den Nachwuchs schlicht und einfach nicht machbar.
Doch für solche Fälle gibt es längst professionelle Hilfe von KTM. Der österreichische Traditionshersteller hat das sportliche Potenzial elektrischer Zusatzantriebe sehr früh erkannt und bietet nun eine große Bandbreite von E-MTBs und E-Crossbikes an, langhubige Fullys ebenso wie Fatbikes mit starrer Gabel (zum Überblick über die E-Bike Neuheiten von KTM). Daneben steht natürlich das ausgesprochen umfangreiche Portfolio der unmotorisierten Hardtails und Fullys, und alles zusammen kann einen leicht auf eine geniale (wenn auch nicht neue) Idee bringen: warum nicht einfach die besagten Leistungsunterschiede elektrisch ausgleichen?
Gesagt, getan – drei Räder müssen also her, um unsere offroad-begeisterte Kleinfamilie fit für den gemeinsamen Geländespaß machen. Bernhard, Steffi und der achtjährige Leon lassen sich von den schwarz-orangenen KTM-Bikes sofort begeistern – sieht schnittig aus und sehr stimmig. Dank der einheitlichen Optik kann man sich außerdem als Familien-Team zu erkennen geben. Steffi und Leon finden sogar farblich passende Sportklamotten im Schrank, nur der Papa muss hier passen.
Dafür kann sich Bernhard über ein Fahrrad freuen, das wie nur wenige Bikes Eleganz und sportlichen Anspruch vereint. Sein Myroon 27 Master basiert auf einem schlanken Carbonrahmen, an dem erst einmal der schöne Bogen von Steuerrohr und Sitzstreben auffällt. Innenliegende Schaltzüge und die komplett im Rahmen verlaufende hintere Bremsleitung sorgen für ein glattflächiges Äußeres, das nicht nur optisch ein Genuss ist, sondern auch die Reinigung erleichtert.
Mit seinen 27,5-Zoll-Laufrädern gleitet das Myroon geschmeidig über Stock und Stein; die 2,25″ breiten Reifen schlucken mit ihrem großen Luftvolumen Unebenheiten und reduzieren Vibrationen. Gattungstypisch ist das CrossCountry-Hardtail mit einer 100-mm-Gabel ausgestattet, die sich bei betont sportlicher Gangart vom Lenker aus blockieren lässt.
Hochaktuell ist die Schaltung, die KTM am Carbon-Bike verbaut: Hinten elf Ritzel, vorne zwei Kettenblätter – das ergibt einen sehr großen Übersetzungsbereich mit leichten Berggängen und lässt sich optimal schalten. Außerdem spart die 2×11-Schaltung Gewicht; vielleicht ist es ja der Verzicht aufs dritte Kettenblatt, der das Myroon unter zehn Kilo bringt. Bereits das Vorjahresmodell hatte uns vor einiger Zeit im Test überzeugt.
In dieser Hinsicht kann das Rad, das sich Steffi ausgesucht hat, natürlich nicht mithalten. Ihr Macina Force 27.5 wiegt sogar etwas über 20 Kilo, doch das Mehrgewicht ist dem starken Bosch-Treibsatz geschuldet, der seiner Fahrerin dauerhaft 250 Watt mehr Leistung verschafft – was einem ziemlich gut trainieren Radsportler-Beinpaar entspricht. Kein Wunder, dass Steffi an so manchem Anstieg die Nase vorn hat – doch mit Rücksicht auf den Familienfrieden wird das Ehegatten-Duell nicht auf die Spitze getrieben.
Mit dem Macina Force bietet KTM schon knapp oberhalb von 2.000 Euro ein ernstzunehmendes E-Hardtail an. Mit dem Active-Line-Antrieb von Bosch agiert das Bike etwas verhaltener und schiebt weniger furios an als die „Performance“-Modelle, doch auf MTB-Touren ist das genau richtig. Der optisch gelungene in den Alu-Rahmen integrierte 400-Wattstunden-Akku enthält auch für ausgedehnte Touren genug „Saft“.
Mit langhubiger, sensibel ansprechender Stahlfedergabel und 2,25″ Reifen dringen Steine und Wurzeln nur gut gedämpft zur Fahrerin vor; Steffi kann sich außerdem über eine angenehm aufrechte Sitzposition freuen. Gerade an Steilstücken bringt das der Bike-Novizin Sicherheit, da sie ihr Körpergewicht weit nach hinten verlagern kann.
Typischweise ist der Bosch-Antrieb mit nur einem Kettenblatt ausgestattet, was angesichts der kräftigen Unterstützung allerdings auch ausreicht. Hinten trägt die günstige Shimano Alivio neun Ritzel, die einen insgesamt sehr großen Übersetzungsbereich abdecken – bergauf wie in der Abfahrt hat Steffi immer den richtigen Gang parat.
Und der kleine Leon? Längst nicht mehr werden Kinderräder von der Industrie stiefmütterlich behandelt. Gerade im sportlichen Bereich hat sich viel getan; mit hochwertigen, leichten Junior-MTBs können Eltern heute schon Fünfjährigen den Einstieg ins Offroad-Radeln ermöglichen. Für die geplante Tour muss jedoch etwas anderes her, und das muss man in der Branche schon mit der Lupe suchen. Das 24 Zoll große Macina Mini Me ist fast ein Alleinstellungsmerkmal im Programm von KTM – und eine tolle Idee, denn erst (und nur) so kann der Achtjährige auf Augenhöhe mit seinen Eltern mitfahren.
In mancher Hinsicht gleicht Leons Mini Me dem Macina Force, auf dem seine Mama unterwegs ist. Antrieb und Schaltung sind identisch – Bosch-Active-Mittelmotor und Shimano Alivio 1×9 –, und auch beim Mini Me kommt ein solider Alu-Rahmen zum Einsatz. Federgabel, Scheibenbremsen – am kleinen Bike ist alles dran, was das Herz begehrt. Die Sitzhaltung auf dem 24-Zöller ist eher aufrecht, was alleine schon angesichts der Tatsache wichtig ist, dass Kinder entwicklungsbedingt ein kleineres Gesichtsfeld haben.
Mit seinen acht Jahren ist Leon einerseits bereits ein recht erfahrener Radler, andererseits altersmäßig gerade in der Lage, neben der Konzentration aufs Gelände auch den Antrieb zu bedienen. Seine Kraft richtig zu dosieren, um dem Bosch-Motor die gewünschte Unterstützung zu entlocken, muss erst einmal ausgiebig geübt werden, bevor es auf Tour geht. KTM verbaut am Mini Me eine gedrosselte Version des Bosch-Motors, die bereits bei 20 km/h die Unterstützung einstellt statt bei 25 km/h. So kann sich kein Nachwuchs-Biker im Temporausch verlieren.
Doch da, wo es drauf ankommt, gibt der Antrieb mächtig Gas. Seine 250 Watt müssen ja eine deutlich geringere Last den Berg hochschieben; selbst Papa Bernhard muss sich an manchem Steilstück ordentlich strecken, um mit dem Junior mitzuhalten. So kommt das Familienduell dann doch noch zustande, von Leon mit Schärfe geführt. Kinder stecken ja nicht zurück, wenn sie mit Größeren im Clinch liegen. Und angesichts des Materialvorteils seines Sohnes muss auch Bernhard diesmal keine Rücksicht nehmen. So wurde die KTM-Familien-Tour ein voller Erfolg – und dank des Elektroantriebs musste auch auf den letzten Kilometern kein müdes Kind geschoben werden.