Radsport: Seit vergangener Saison gibt es mit dem Team Giant-Alpecin endlich auch wieder ein deutsches Radsportteam auf WorldTour-Level. Für die Saison 2016 steckt man sich hohe Ziele – trotz des schmerzhaften Abgangs von Topsprinter Marcel Kittel.
Team Giant-Alpecin – Überblick
Mit Blick auf die nackten Zahlen könnte man für Giant-Alpecin von einer eher durchwachsenen Saison sprechen: Lediglich 19 Siege konnten über die gesamte Saison eingefahren werden (2014 waren es noch 41!) und man hatte sich insgeheim sicherlich auch eine bessere WorldTour-Platzierung als Rang 10 gewünscht. Doch einmal mehr zeigt sich, dass Zahlen und Statistiken nur die halbe Wahrheit sind.
Zum einen wäre da die sicherlich die Saisonleistung von John Degenkolb zu nennen. Mit seinen Triumphen bei den Monumenten in Sanremo und Roubaix sicherte sich der 27-jährige seinen Eintrag in den Annalen des Radsports und sorgte für eine perfekte Klassikersaison für sein deutsches Team. Der gebürtige Thüringer stand auch im Aufgebot der Tour und der Vuelta, konnte die Erwartungen mit lediglich einem Tagessieg (in Madrid) nicht ganz erfüllen. Wie jedoch bereits erwähnt – die harten Fakten täuschen oft über die Realität hinweg: Zwölf mal fuhr Degenkolb in die Tages-Top-10 bei Tour und Vuelta, acht Mal auf Platz 4 oder besser.
Ebenso nahmen Warren Barguil und Tom Dumoulin äußerst positive Entwicklungen. Während der 24-jährige Barguil bei der Tour auf einen sehr guten 14. Platz fuhr, übertraf Tom Dumoulin bei der Vuelta alle Erwartungen und fuhr sehr lange Zeit um den Gesamtsieg mit, bis er sich jedoch schlussendlich doch Fabio Aru und dessen Astana-Übermacht geschlagen geben musste. Dennoch: Spätestens seit dieser Saison gehört der 25-jährige Niederländer zu den Klassementfahrern, die man bei den Großen Rundfahrten auf dem Schirm haben sollte.
Weniger erfreulich verlief die Saison natürlich für Marcel Kittel – dabei hatte sie mit seinem Sieg beim Prolog der Tour Down Under so gut begonnen. Ein hartnäckiger Virus warf den Topsprinter jedoch zurück und er hatte lange Zeit Probleme, richtig in Tritt zu kommen. Dass man bei Giant-Alpecin sowohl bei der Tour, als auch bei der Vuelta auf die Qualitäten des Thüringers verzichte, nahm dieser nur zähneknirschend zur Kenntnis – die Beziehung zwischen Kittel und seinem Team schien nachhaltig gestört. So kam es am Ende der Saison auch nicht mehr allzu überraschend, dass man sich auf eine vorzeitige Auflösung des Arbeitspapiers einigte und Kittel sich der Konkurrenz von Etixx – Quick-Step anschloss.
2016 markiert für Giant-Alpecin auch einen Kurswechsel: Man hat sich trotz des Verlusts von Kittel dagegen entschieden, einen anderen Top-Sprinter zu verpflichten und stattdessen mannschaftsdienliche Fahrer verpflichtet, um die Grand-Tours-Lineups zu verstärken. Hier möchte man mit Barguil und Dumoulin zwei hoffnungsvolle Fahrer entwickeln. Degenkolb wird natürlich auch weiterhin der Mann für die Klassiker sein und auch den einen oder anderen Tagessieg bei der Tour oder Vuelta feiern können.
Team Giant-Alpecin – Transfers
Abgänge: Lawson Craddock (Cannondale-Garmin), Thierry Hupond (Delko Marseille Provence), Marcel Kittel (Etixx – Quick-Step), Luka Mezgec (Orica-GreenEdge), Daan Olivier (Karriereende)
Zugänge: Soren Kragh Andersen (Neo), Sam Oomen (Neo), Sindre Skjøstad Lunke (Joker), Laurens ten Dam (LottoNL-Jumbo), Max Walscheid (Kuota-Lotto)
Team Giant-Alpecin – Teamräder und Ausstattung
Teamrad: Wie im Vorjahr haben die Profis von Giant-Alpecin die Wahl zwischen drei bzw. vier Rädern. Das Allround-Straßenrad Giant TCR Advanced SL wird wohl die meisten Kilometer über die Saison sammeln. Alternativ können die Fahrer auf das Aerorad Giant Propel Advanced SL zurückgreifen – je nach Streckenprofil ist das Propel sicherlich nicht nur ein Fall für die Sprinter im Team. Das Endurance Rad Giant Defy Advanced SL trug John Degenkolb in der Vorsaison bereits in Roubaix zum Sieg – wir hätten nichts einzuwenden, wenn das Duo Degenkolb/Defy auch 2016 dort triumphieren würde. Geht es im Zeitfahren um jede Zehntel Sekunde, wird das Rad der Wahl das Zeitfahrrad Giant Trinity sein.
Komponenten: Zwar ist der Name Shimano seit letzter Saison aus dem Namen des Teams verschwunden, doch kommen Antrieb, Komponenten und Laufräder auch 2016 wieder vom japanischen Fahrrad-Riesen.
Scheibenbremsen: Dank Komponenten-Ausrüster Shimano werden Degenkolb und Co. 2016 auf wettkampferprobte Scheibenbrems-Komponenten zurückgreifen können – sowohl bei den Bremsen als auch bei den Laufrädern bietet der asiatische Hersteller Produkte auf WorldTour-Niveau. Der einzige Disc-Rahmen im Straßen-Lineup von Giant 2016 ist das Giant Defy – wie bereits erwähnt trug das Endurance-Rad John Degenkolb aber bereits zum Triumph in Roubaix – ob er in diesem Jahr den Schritt zum neuen Bremssystem wagt? Wir werden sehen.