Test: Stahlrahmen im Jahr 2016? Klar gibt es das noch! Das traditionelle Rahmenmaterial feiert in diesen Tagen ein kleines Revival und mit dem Bombtrack Hook 2 haben wir uns einen vielseitigen Crosser angesehen, bei dem der Werkstoff passt wie die Faust auf’s Auge. Das Rad musste sich bei uns in verschiedensten Einsatzbereichen beweisen und bereitete den Testern jede Menge Freude.
Der kleine Kölner Hersteller Bombtrack gehört noch zu den „jungen“ Herstellern am Markt – zwar erblickte Bombtrack erst 2010 das Licht der Welt, doch konnte man sich seitdem bereits vor allem in der Bahnrad- und Fixieszene einen Namen machen. Durch Events wie die Singlespeed Cyclocross Europameisterschaft, bei denen die Bikeschmiede aus dem Rheinland kräftig mitwirkt, ist man mittlerweile aber auch unter Crossern durchaus bekannt. Bei den meisten seiner Räder setzt man auf Stahl als Werkstoff und trifft damit sicherlich einen Nerv bei vielen Radfahrern, die auf der Suche nach etwas Besonderem sind, aber dafür kein Vermögen ausgeben möchten.
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Das Bombtrack Hook kam erstmals 2014 als reinrassiger Crosser auf den Markt, ist diesem engen Korsett jedoch spätestens seit diesem Modelljahr entwachsen. Bei Bombtrack spricht man bewusst von einem Rad, das eben ein Crosser im Kern ist, jedoch auch als Reiserad oder Commuter eine gute Figur macht. Ob dieser Balanceakt über die Fahrradkategorien hinweg gelingt? Erfahrt es in unserem Test.
Bombtrack Hook 2: Rahmen
An Stahlrahmen scheiden sich die Geister – während die eine Fraktion den traditionellen Werkstoff als nicht mehr zeitgemäß betrachtet, schmettern ihnen ihre Gegner ein trotziges „Only Steel is real“ entgegen. Doch egal zu welcher Seite man gehört, eines steht fest: Der Rahmen des Bombtrack Hook 2 ist eine Augenweide. Die Schweißnähte an den Nahtstellen des Columbus Rohrsatzes sind elegant, gleichmäßig und unter dem Metallic-Roten Lack quasi unsichtbar. Apropos Lack: Die burgundrote Farbe knallt mit ihrem metallischen Glanz so richtig und zog während unseres Tests, egal ob auf der Straße oder im Wald sämtliche Blicke auf sich. Bei den Decals hält man sich angenehm zurück. Das großflächige, aber dennoch dezente Logo am Unterrohr kommt wie die restlichen Farbtupfer in unaufgeregtem Schwarz und lenkt nicht von der tollen Optik des Bikes ab.
Wie bei Stahlrahmen üblich, verlaufen sämtliche Züge und Leitungen außen am Rahmen. Das beschert dem Hook zwar ein dickes Plus bei der Wartung, stört jedoch die cleane Optik schon ein wenig. Der offen geführte Zug am Oberrohr ist zwar an dieser Stelle recht gut vor äußeren Einflüssen geschützt, aber hätten wir komplett durchgängige Außenhüllen wie am Unterrohr dennoch begrüßt. Der Bremssattel wird per Flatmount-Standard auf der Kettenstrebe im hinteren Rahmendreieck montiert.
Dass man bei Bombtrack das Hook nicht ausschließlich auf dem Crosstrack sieht, zeigen auch die Ösen für Low-Profile Gepäckträger und Schutzbleche an Gabel und Rahmen. Im Grunde genommen nur ein paar Gewinde, doch erweitern sie den möglichen Einsatzbereich des Stahlbikes deutlich und machen es durchaus auch für diejenigen interessant, die eben nicht nach einem reinrassigen Crosser suchen.
Die schwarze Carbongabel kommt glücklicherweise recht schlank daher – es gibt nämlich kaum schlimmere optische Verbrechen, als schlanke Stahlrahmen mit überdimensionierten Carbonforken zu kombinieren. Die Gabel aus eigenem Hause fügt sich hingegen sehr schön zum Rahmen und das hier und da durchscheinende Carbongeflecht unter der glänzend-schwarzen Farbe verleiht ihr einen edlen Anstrich. Am Ausfallende kommt ein herkömmlicher Schnellspanner zum Einsatz – hier hätten wir uns über eine Steckachse gefreut, gerade auch weil diese im Zusammenspiel mit Scheibenbremsen deutlich einfacher zu handhaben ist. Aber wir hatten während unseres Tests auch mit dem Schnellspanner zu keiner Zeit Probleme.
Bombtrack Hook 2: Geometrie
Die Geometrie eines ausgesprochenen Allrounders wie dem Hook ist immer besonders spannend. Es ist für Ingenieure und Entwickler nicht einfach, zwischen den Grenzen der einzelnen Fahrradkategorien zu wandeln. Der Unterschied zwischen „gelungenem Allrounder“ und „weder Fisch noch Fleisch“ liegt nämlich nicht selten im Millimeterbereich. Ein schmaler Grat also, insbesondere in einem so hart umkämpften Bereich wie dem des Hook, irgendwo zwischen Crosser, Commuter, Gravel, Endurance und Urban.
Ein Blick auf die Geometriedaten zeigt eindeutig, dass sich das Hook nicht allzu weit von seinen Wurzeln entfernt hat – die Cross-Gene des Stahlbikes sind unverkennbar, doch hat man an einigen kleinen Stellschrauben gedreht, um den Rahmen noch ein wenig allroundtauglicher zu machen. Der Reach ist beispielsweise verglichen mit den Cross-Racefeilen auf dem Markt ein wenig länger – das sorgt für deutlich mehr Laufruhe und eine weniger gedrungene, aggressive Sitzposition. Dies geht zwar etwas auf kosten der Agilität, macht aber längere Fahrten deutlich angenehmer.
Auch die Winkel orientieren sich klar an den Cross-Vorbildern: 72° Lenkwinkel und 74° Sitzwinkel ermöglichen genügend Druck auf dem Pedal und dennoch ein gutmütiges Handling auch auf etwas anspruchsvollerem Terrain. Auch das Tretlager am Bombtrack Hook 2 ist cross-typisch eher hoch: Wir begrüßen diese Entscheidung, denn wir können mit einem gefühlt etwas hohen Tretlager auf der Straße deutlich besser leben, als mit ständigem Bodenkontakt abseits befestigter Wege.
Bombtrack Hook 2: Ausstattung
Nach so vielen Worten zum Rahmen kommen wir nun zur Ausstattung. Der Antrieb kommt aus dem Hause SRAM: Die Kölner Jungs verbauen am Hook 2 die aktuelle Rival 11 Gruppe, deren Performance zwar über jeden Zweifel erhaben ist, aber dennoch für einige Diskussionen sorgen dürfte. Zum einen natürlich, weil man auf einen Umwerfer verzichten muss/kann/darf und lediglich elf Gänge zu Verfügung stehen. Je nach Einsatzgebiet, Terrain, Waden- und Oberschenkelumfang könnte die verglichen mit einem zweifach-Antrieb doch deutlich geringere Übersetzungsbandbreite den einen oder anderen in Schwierigkeiten bringen. Vergleicht man den Rival 11 Antrieb des Hook mit 11-32er Kassette und 42er Kettenblatt mit einem herkömmlichen zweifach Antrieb (46/36 und 11/32), fehlt jeweils ein Gang am unteren und oberen Ende des Spektrums.
Auf der Haben-Seite des 1×11-Antriebs steht jedoch die herrlich simple Handhabung, deutlich geringeres Gewicht und eine schönere, cleanere Optik. Die Diskussionen über Sinn und Unsinn eines 1-fach Antriebs sind müßig und letztendlich muss jeder für sich entscheiden, was für ihn bzw. sie die geeignetere Variante darstellt. Eine zweite Besonderheit der SRAM-Schaltung ist ihr Double-Tap Schalthebel. Wer davon noch nie gehört hat, dem sei das Funktionsprinzip kurz erläutert: Geschaltet wird grundsätzlich nur an einem Hebel und in eine Richtung. Zu spüren sind dann zwei Rastpunkte: Lässt man den Schalthebel nach dem ersten los, verringert man die Zugspannung und wechselt in einen höheren Gang. Drückt man weiter zum zweiten Rastpunkt, erhöht man die Spannung und die Kette klettert auf das nächstgrößere Ritzel. Klingt kompliziert, ist nach kurzer Eingewöhnung aber schön intuitiv.
Dank Type 2.1 Schaltwerksdämpfung wird Kettenschlagen beim Rival 1 Antrieb auf ein absolutes Minimum reduziert, egal wie ruppig der Untergrund auch sein mag. In Kombination mit dem X-Sync Kettenblatt, das dank besonderer Zahnform wie ein Magnet an der Kette haftet, hatten wir über den gesamten Testzeitraum nicht einen einzigen Kettenabwurf. Die Bremshebel werden mit mechanischen Bremssätteln von TRP und 160mm Scheiben kombiniert. Wir sind immer etwas skeptisch bei mechanischen Scheibenbremsen, da es neben einigen zweifellos sehr guten Modellen auch viele Pendants mit unzureichender Performance gibt. Doch gleich vorweg: Die TRP Spyre am Hook 2 gehören mit zum Besten, was wir bisher gefahren sind und müssen sich keinesfalls hinter hydraulischen Discbrakes verstecken. Ein großer Vorteil der mechanischen Anlenkung ist die deutlich einfachere Wartbarkeit und die geringere Defektanfälligkeit. Gerade wenn man das Hook eben auch im Alltag oder auf mehrtägigen Touren einsetzen möchte, ist das ein nicht zu unterschätzender Pluspunkt.
Die Laufräder kommen von den Nachbarn von DT Swiss. Der DT Swiss R23 Spline db bringt 1655g auf die Waage und kann damit zwar nicht mit den deutlich leichteren, aber auch eben wesentlich teureren Carbonfelgen mithalten, ist für einen Aluminium-Laufradsatz aber doch ziemlich leicht. Mit einer Innenweite von 18mm lassen sich alle gängigen Reifengrößen von 25 bis 38mm problemlos montieren – auf Wunsch und mit passenden Felgenband auch tubeless. Der Sperrklinkenfreilauf hat einen knackigen Sound und genügend Rastpunkte für einen schnellen Antritt – vor allem im Gelände.
Die Continental Cyclocross Race Reifen gefielen vor allem wegen ihres auch auf Asphalt sehr geringen Rollwiderstands ausgesprochen gut. Schwächen zeigten sie bei tieferen Böden im Wald und bei nass-schmieriger Straße, wo das Gummi recht schnell Grip verlor und Vorsicht angesagt war. Bei Lenker, Vorbau, Sattel und Sattelstütze findet man am Hook 2 Produkte aus eigenem Hause. Bis auf den Sattel kommen sämtliche Anbauteile in glänzend-schwarzem Aluminium und machen einen guten Eindruck. Vor allem die Lenkerergnomie wusste zu überzeugen.
Bombtrack Hook 2: Cross x Commute
Wie testet man ein Rad wie das Bombtrack Hook 2? Laut Hersteller soll es sich im gesamten Spannungsfeld von Daily Commuter bis zur spaßigen Crossmaschine wohlfühlen – also dachten wir uns, wir stellen das Kölner Stahlbike in beiden Extrembereichen auf den Prüfstand. Folglich musste sich das Hook bei uns über einen Zeitraum von mehreren Wochen und auf einigen hundert Kilometern als Commuter bewähren und zusätzlich auch abseits des Tarmac auf Crossstrecken und Waldwegen der Republik herhalten.
Knapp 30km hatte das Hook jeden Tag, fünf Tage die Woche, bei Wind und Wetter zu bewältigen. Um uns das Wechseln der Schuhe zu ersparen, haben wir Moto Reflex Plattformpedale montiert, die mit ihrer Oberfläche aus Griptape und großer Aufstandsfläche auch mit Straßenschuhen genügend Komfort und Traktion bieten. Auf der täglichen Spielwiese einmal quer durch die Münchener Innenstadt machte das Bombtrack Hook 2 eine ausgesprochen gute Figur. Die Bandbreite der Schaltung ist für die zumeist flache Innenstadt der bayerischen Millionenstadt mehr als ausreichend und fein genug abgestuft, dass man immer die richtige Übersetzung findet.
Der Stahlrahmen ist auf diesem Terrain eine Wonne: Mehrgewicht und verglichen mit Alu oder Carbon geringere Steifigkeit sind hier nicht von Belang, dafür dämpft das Rahmenmaterial auf den teils erbärmlich schlechten Radwegen der selbsternannten Radlhauptstadt viele Schläge und erhöht den Komfort merklich. Wir hatten zu Beginn ein paar Bedenken bezüglich der Crossbereifung, doch die Conti-Reifen haben sich als eine sehr gute Wahl für dieses Einsatzgebiet erwiesen. Auf der Straße glänzen sie durch einen geringen Rollwiderstand, bieten aber ebenso noch genügend Grip-Reserven für die eine oder andere Abkürzung über Schotter- oder Waldwege.
Klar: Das Bombtrack Hook 2 ist ein sportliches Rad. Selbst wenn man sich für feste Schutzbleche und / oder Gepäckträger entscheidet, wird aus dem Hook kein gemütlicher Bummel-Commuter werden. Immer wieder haben wir uns dabei ertappt, doch nochmal durchzutreten, auch wenn wir uns vorgenommen hatten, es ruhig angehen zu lassen. Glücklicherweise spielen in diesem Fall auch die Bremsen mit: Die TRP Spyre sind sehr gut zu dosieren, machten keinerlei Probleme während der Testphase und der Luftspalt zwischen den Belägen ist groß genug, dass unangenehme Schleifgeräusche der Vergangenheit angehören.
Okay, also als sportlicher Commuter bzw. Stadtflitzer gefiel das Hook schon einmal ausgesprochen gut. Doch wie schlägt es sich als Crosser? Kommt es im echten Wald ebenso gut zurecht wie im Großstadtdschungel? Straßenklamotte gegen Lycra, Plattform gegen Klicks getauscht und ab in den Wald!
Auch hier ist der erste Eindruck gut – doch muss sich das Hook in diesem Metier natürlich auf’s Neue beweisen. Beim Antritt sind die über 10kg (10,5kg für unser Modell in M ohne Pedale) doch deutlich spürbar – moderne Carboncrosser bringen locker zwei Kilogramm weniger auf die Waage. Doch ist es einmal im Rollen, macht das Hook auch auf dem Crosstrack jede Menge Spaß und gefällt vor allem durch seine ausgezeichnete Laufruhe. Hier kommt einerseits die ausgewogene Geometrie zum Tragen, doch auch das gutmütig-komfortable Feeling des Stahlrahmens verstärkt den Wohlfühlfaktor.
Wie auf der Straße überzeugen die Bremsen auch hier restlos und sind zu jedem Zeitpunkt Herr der Lage. Etwas zwiespältiger sind wir bei der Schaltung – denn der fehlende Gang im unteren Übersetzungsbereich könnte den einen oder anderen Fahrer sicherlich an schwierigen Stellen zum Absteigen zwingen. Auch die Reifen gefallen – zumindest in den meisten Gegebenheiten. Auf dichtem, trockenen Waldboden spielen sie ihre Stärken voll aus, während jedoch Nässe, rutschige Wurzeln und Schlamm die Conti-Pneus und damit auch uns auf dem Rad an die Grenzen bringen.
Die einzige wirkliche Schwäche offenbart das Hook während Tragepassagen. Geschuldet ist dies einerseits dem hier umso deutlicher spürbaren Gewicht, wie auch den klassischen Rohrformen. Während die meisten moderneren Räder aus Alu oder Carbon mit abgeflachten Oberrohren zumindest ein Minimum an Komfort während des Tragens bieten, zeigt sich der Stahlrahmen des Hook hier eher von seiner schmerzhaften Seite.
Bombtrack Hook 2: Fazit
Um es direkt vorweg zu nehmen: Wir haben uns in das Bombtrack Hook 2 verliebt. Klar, zugegeben, das Stahlbike ist nicht perfekt, aber selten hat uns ein Rad auf so unterschiedlichem Terrain derart viel Freude bereitet. Am Vormittag damit in die Arbeit, nach Feierabend ins Cross-Outfit geschlüpft und ab in den Wald – genau dafür ist das Hook perfekt.
Ein Wermutstropfen ist sicherlich der Preis: 2.499€ werden für das von uns getestete Hook 2 fällig. Das ist insbesondere angesichts des wirklich schönen Stahlrahmens durchaus angemessen, aber Preis-Leistungs-Jäger und Schnäppchenfüchse sind hier wahrscheinlich an der falschen Adresse. Wer jedoch auf der Suche nach einem besonderen Rad für unterschiedliche Einsatzzwecke ist und für wen auch das Auge immer mitfährt – der sollte sich das Rad des kleinen Kölner Herstellers unbedingt genauer ansehen. Wir wollten es am Ende unseres Tests jedenfalls kaum mehr aus den Händen geben.