Radsport. Die Tour de France ist gerade einmal zwei Tage alt, doch passiert ist bereits einiges. Mit Alberto Contador (Tinkoff) und Richie Porte (BMC) mussten zwei Mitfavoriten auf der 2. Etappe schon Zeitverluste hinnehmen. Ist die Tour de France 2016 damit für die beiden Mitfavoriten schon gelaufen?
Alberto Contador stürzt und verletzt sich an der Schulter
Der Spruch, dass man die Tour de France in der ersten Woche nicht gewinnen kann, aber verlieren, ist genauso alt wie wahr. Auch in diesem Jahr scheint sich dies für zwei Mitfavoriten zu bestätigen. Obwohl die 1. Etappe über 188 km von Mont-Saint-Michel nach Sainte-Marie-du-Mont nahezu tellerflach war, sollte sie für Alberto Contador schwerwiegende Folgen mit sich bringen. Der Spanier stürzte in einer Rechtskurve und verletzte sich an der Schulter. Zwar konnten seine Teamkollegen ihn danach problemlos wieder in das Hauptfeld führen, doch das Schmerzverzerrte Gesicht des Alberto Contador ließ die Zuschauer böse Vermutungen aufstellen. Er verlor keine Zeit und begab sich nach dem Rennen auch nicht in ein Krankenhaus, doch schon am Folgetag sollte die Situation noch schlimmer werden.
Unpassender Zeitpunkt für die Panne von Richie Porte
Auf der 2. Etappe von Saint-Lô nach Cherbourg-en-Cotentin hatten die 198 gestarteten Fahrer 183 km zurückzulegen. Obwohl die letzten drei Kilometer des Tages ansteigend waren, gingen die Experten vor dem Start des Rennens nicht davon aus, dass die Klassementfahrer sich gegenseitig Zeit abnehmen werden. Dennoch gab es am Ende des Tages zwei klare Verlierer. Als sich Jasper Stuyven fünf Kilometer vor dem Ziel mit noch mehr als einer Minute als Solist an der Spitze befand, bemühte sich das Team BMC für Etappenjäger Greg Van Avermaet um einen Zusammenschluss. Doch plötzlich verschwanden die rot-schwarzen Männer aus der Führung des Pelotons. Der Grund: Ihr Kapitän Richie Porte erlitt eine Panne und musste sich am Straßenrand vom neutralen Begleitfahrzeug helfen lassen. Ohne BMC an der Spitze des Feldes ließ das Tempo jedoch keineswegs nach und so gelang dem Australier der Anschluss natürlich nicht mehr.
Alberto Contador und Richie Porte verlieren wertvolle Zeit
Die letzten drei Kilometer der gestrigen Etappe verliefen sehr hektisch. Peter Sagan (Tinkoff) ließ sich von Edelhelfer Roman Kreuziger den Berg hinaufziehen und Solist Jasper Stuyven wurde tatsächlich noch gestellt. Dass es nun im Sprint um den Tagessieg ging, drang zu Peter Sagan nicht durch. Der Weltmeister ging davon aus, dass schon zwei oder drei Fahrer das Ziel vor ihm erreicht hättten. Deshalb jubelte er nach Überqueren der Ziellinie nicht, obwohl er mit diesem Sieg zum ersten Mal in seiner Karriere das Gelbe Trikot erobern konnte. Dafür ärgerte sich im Hintergrund Julian Alaphilippe (Etixx-Quick Step). Nachdem Marcel Kittel auf der 1. Etappe bereits Zweiter wurde, hatte auch am Tag danach ein Etixx-Quick Step Fahrer nur knapp das Nachsehen. Deutlich schlimmer kam es jedoch für Alberto Contador und Richie Porte. Nach seiner Panne verlor Porte satte 1:45 Minuten auf den Tagessieger. Alberto Contador stürzte auf der Etappe erneut und büßte am Ende 48 Sekunden ein.
Fragwürdige Teamtaktiken bei BMC und Tinkoff
Besonders bitter kam der Zeitverlust für Alberto Contador zustande. Während Roman Kreuziger an der Spitze des Hauptfeldes das Tempo für Peter Sagan hochhielt, verlor der Spanier den Kontakt. Als Zuschauer kann man sich dabei durchaus fragen, welche Anweisungen die Teamchefs in dieser Situation verteilt haben. Entweder hat Contador nach seinem zweiten Sturz signalisiert, dass er den Toursieg bereits ad acta gelegt hat und man sich nun voll und ganz für den Etappensieg von Peter Sagan aufopfern kann, oder aber es war schlichtweg ein Missverständnis. 48 Sekunden kommen in jedem Fall nicht auf wenigen Metern zustande. Spätestens als Contador abreissen lassen musste, hätte Kreuziger theoretisch reagieren müsen. Auch das Team BMC machte bei allem Pech eine unglückliche Figur. Nach der Panne von Richie Porte zog man sich zwar schlagartig aus der Führung zurück, doch viele Helfer konnten für den Australier nicht mehr bereitgestellt werden. Noch Minuten nach der Panne fuhr dieser alleine im Wind und versuchte selbst für Schadensbegrenzung zu sorgen. Dass Greg Van Avermaet und Tejay Van Garderen sich nicht zurückfallen ließen ist verständlich, doch neben diesen beiden Co-Kapitänen befanden sich zu diesem Zeitpunkt noch weitere BMC-Fahrer im Hauptfeld. Damiano Caruso eilte Porte schließlich zu Hilfe, doch am Ende stehen da 1:45 Minuten Rückstand.
Weitere kleine Verlierer neben Alberto Contador und Richie Porte
In der Gesamtwertung liegen nach den ersten beiden Etappen nur noch 26 Fahrer innerhalb von 14 Sekunden. Unter anderem verloren auch Mathias Frank (IAM), Vincenzo Nibali (Astana), Thibaut Pinot (FDJ) und Domenico Pozzovivo (Ag2r) wertvolle Zeit. Auf der 3. Etappe über 223,5 km von Granville nach Angers ist zumindest bis zur Rechtskurve 300 Meter vor dem Ziel mit einem eher ruhigen Rennen zu rechnen. Zeitverluste können aber natürlich nie ausgeschlossen werden. Denn wer hätte gedacht, dass es auf den ersten beiden Etappen schon zwei Mitfavoriten erwischt? Natürlich ist für die Betroffenen die Tour de France noch nicht verloren, doch die Verletzung von Alberto Contador scheinen sehr schmerzhaft zu sein und von Richie Porte ist eher nicht zu erwarten, dass er die 1:45 Minuten auf Chris Froome (Sky) und Nairo Quintana (Movistar) in den Bergen aufholen kann. Vielleicht sehen wir aber deshalb in den Bergen ein umso aktiveres Renngeschehen, da einige Top-Bergfahrer dazu gezwungen sind, jede sich bietende Chance für Angriffe zu nutzen.