Radsport: Wer noch an den Osterhasen glaubt, der sollte am Ostersonntag früh genug mit der Eiersuche beginnen. Denn ab 10:15 blicken die Radsportfans nach Belgien. Dann beginnt Eurosport mit der siebenstündigen Aufzeichnung der Flandern-Rundfahrt. Die Ronde van Vlaanderen wird zum 102. Mal ausgetragen – für viele Fans das Radsport Highlight der Saison.
264,7 Kilometer mit 18 Hellingen & 5 Kopfsteinpflaster-Passagen
Kein Aprilscherz: In diesem Jahr wird der Sieger der Flandern-Rundfahrt am Ostersonntag gekürt. Nach nicht weniger als 264,7 Kilometern wird er von Antwerpen nach Oudenaarde 18 Hellingen und fünf Passagen im Kopfsteinpflaster überquert haben. Wie in jedem Jahr gilt dieser Eintagesklassiker für viele Radsportfans als Highlight der Saison. Zurecht, denn nur selten hat uns die Ronde van Vlaanderen enttäuscht. Das Profil, das Wetter und die Fahrer sorgen alle zwölf Monate für Radsport vom Feinsten. Genau das ist auch in diesem Jahr zu erwarten. Dabei geht es so gemütlich los. Erst nach knapp 90 Kilometern rumpeln die Profis erstmals über Kopfsteinpflaster. Nach genau 121,2 Kilometern wird erstmals der berühmt-berüchtigte Oude Kwaremont überquert. Eigentlich viel zu früh, um eine Vorentscheidung zu suchen, doch da das belgische Team Quick-Step Floors dermaßen überlegen scheint, könnte man hier bereits eine Speerspitze in die Offensive schicken.
Das große Problem mit der Taktik: Zur falschen Zeit am falschen Ort
Endgültig eingeleitet wird das Finale 75 Kilometer vor dem Ziel. Dann stehen innerhalb von 25 Kilometern der Pottelberg, der Kanarieberg, der Oude Kwaremont und der Paterberg auf dem Programm. Wer hier den Postabgang verpasst, der kann sich bereits auf den Nachhauseweg machen. Denn das dann bereits stark ausgedünnte Fahrerfeld wird gewiss nicht mehr langsamer werden. 37 Kilometer vor dem Ziel folgen der Taaienberg, der Kruisberg und erneut der Oude Kwaremont und der Paterberg. Danach geht es noch 13,2 Kilometer bis ins Ziel – ohne Hellingen und ohne Kopfsteinpflaster. Dann entscheiden die Kraftreserven und vor allem die Taktik über den weiteren Verlauf. Teamkollegen können Gold wert sein, doch leider sind diese rar gesät. So werden wir auch in diesem Jahr vermutlich ein taktisch geprägtes Rennen sehen. Mehrere Szenarien sind möglich, doch fast immer spielt in den Überlegungen die Taktik die wohl wichtigste Rolle.
Das Dilemma von Peter Sagan: Wie kann der Weltmeister gewinnen?
Eigentlich geht Peter Sagan (Bora-hansgrohe) nahezu immer als Favorit ins Rennen. Auch in diesem Jahr wird der Name des Weltmeisters sofort genannt. Doch bei welchem Szenario hat der Slowake tatsächlich realistische Siegchancen? Kommt er oben am Paterberg als Solist an, werden ihn die Verfolger über 13 Kilometer gnadenlos jagen. Denn gegen Sagan werden sich alle anderen Fahrer einig sein. Dennoch ist diese Situation fast die beste für ihn, denn hier kann er jeden Tritt nur für sich selbst investieren, da er niemanden im Windschatten mit sich zieht. Dafür muss Sagan aber in einer überragenden Form sein und es ist fraglich, ob er momentan wirklich so stark ist. Ein anderes Szenario, in dem er erfolgreich sein könnte, wäre im Duo mit Greg Van Avermaet (BMC). Beide sind von ihrer Sprintstärke überzeugt und würden wohl auch nach dem Paterberg gemeinsam weiterarbeiten. Problematisch wird es dann, wenn neben ihnen noch ein dritter oder gar vierter Fahrer mit dabei sein sollte. Ein Sep Vanmarcke (EF Education) oder ein Tiesj Benoot (Lotto Soudal) werden einen Teufel tun und mit Sagan oder Van Avermaet gemeinsam durch die Führung wechseln.
Flandern-Rundfahrt 2018 Prognose: Weit und breit kein Favorit in Sicht
Natürlich kann Peter Sagan auch im Sprint einer größeren Gruppe gewinnen. Doch es ist eher unwahrscheinlich, dass mehrere Fahrer gemeinsam in Oudenaarde ankommen werden. Sind nämlich zwei oder drei Profis von Quick-Step Floors mit dabei, sowie im Sprint eher schwächere Profis, wird es auf den letzten 13 Kilometern Angriffe hageln. Diese will kein Sprinter selbst eliminieren, da er dabei wichtige Kräfte verpulvern würde. Sagan bleibt also nur die Flucht nach vorn – genauso wie Van Avermaet. Und genau das macht die Flandern-Rundfahrt auch 2018 so spannend. Es gibt einfach keinen klaren Favoriten. Neben den beiden bereits genannten sprinstarken Profis gibt es zu viele weitere Siegkandidaten, um eine Prognose zu wagen. Das Problem: Auch sie sind als Einzelkämpfer unterwegs. Tiesj Benoot und Sep Vanmarcke können wohl genauso wenig auf ihre Teamkollegen hoffen, wie Alexander Kristoff (UAE Team Emirates), Oliver Naesen (AG2R La Mondiale), Matteo Trentin (Mitchelton-Scott), Alejandro Valverde (Movistar) und Jasper Stuyven (Trek-Segafredo).
Datum | Rennen | Erster | Zweiter | Dritter | |
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24.02. | Omloop Het Nieuwsblad | Michael Valgren (Astana) | Lukasz Wisniowski (Sky) | Sep Vanmarcke (EF Education) |
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25.02. | Kuurne-Brüssel-Kuurne | Dylan Groenewegen (LottoNL-Jumbo) | Arnaud Démare (Groupama-FDJ) | Sonny Colbrelli (Bahrain-Merida) |
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27.02. | Le Samyn | Niki Terpstra (Quick-Step Floors) | Philippe Gilbert (Quick-Step Floors) | Damien Gaudin (Direct Energie) |
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03.03. | Strade Bianche | Tiesj Benoot (Lotto Soudal) | Romain Bardet (AG2R La Mondiale) | Wout Van Aert (Vérandas Willems-Crelan) |
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23.03. | E3 Harelbeke | Niki Terpstra (Quick-Step Floors) | Philippe Gilbert (Quick-Step Floors) | Greg Van Avermaet (BMC) |
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25.03. | Gent-Wevelgem | Peter Sagan (Bora-hansgrohe) | Elia Viviani (Quick-Step Floors) | Arnaud Démare (Groupama-FDJ) |
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28.03. | Dwars door Vlaanderen | Yves Lampaert (Quick-Step Floors) | Mike Teunissen (Sunweb) | Sep Vanmarcke (EF Education) |
Welche Strategie verfolgt Quick-Step Floors?
Lediglich Michal Kwiatkowski und Gianni Moscon (Sky) könnten sich gegenseitig unterstützen. Das alles überragende Team wird jedoch die belgische Mannschaft Quick-Step Floors sein. In den blau-weißen Trikots finden wir gleich mehrere Siegkandidaten: Vorjahressieger Philippe Gilbert kann ebenso gewinnen, wie Niki Terpstra, Zdenek Stybar und Yves Lampaert. Vergleichen wir die Flandern-Rundfahrt mit einem Pokerspiel, so sitzen an einem Zehnertisch gleich vier Profis einer Mannschaft. Außerdem haben sie die Karten gemischt und teilen sie aus. Gemeinsam versuchen sie nun, reihum ihre Kontrahenten vom Tisch zu nehmen. Genau das werden wir bei der Ronde van Vlaanderen zu sehen bekommen. Spätestens nach 121,2 Kilometern ist bei der ersten Überquerung des Oude Kwaremont mit einer Attacke zu rechnen. Vermutlich wird man Lampaert oder Stybar in die Offensive schicken. Danach sind die anderen Teams gefragt. Können sie nicht mitgehen oder entscheidend nachführen, kommt die Gruppe durch. Fahren sie hinterher, werden ihre Helfer am Ende platt sein und Quick-Step Floors kann die verbliebenen Trümpfe ausspielen. So oder so: Am Ostersonntag werden nicht nur die versteckten Eier gesucht, sondern auch Lösungen gegen die Dominanz von Quick-Step Floors.