Radsport: Selten war die Startliste des Giro d’Italia so gut besetzt, wie in dieser Saison. Neben den fünf Topfavoriten auf den Titel finden wir mindestens sieben Außenseiter, welche Chancen auf eine Platzierung auf dem Podium haben.
https://www.velomotion.de/2018/04/radsport-giro-ditalia-2018-favoriten/
https://www.velomotion.de/2018/04/radsport-giro-ditalia-2018-etappen/
Domenico Pozzovivo: Mit 35 soll es das erste Podium sein
Der Giro d’Italia ist Jahr für Jahr das Highlight für die italienischen Fahrer. Bereits elfmal mit dabei war Domenico Pozzovivo. Der mittlerweile 35-Jährige kann dabei auf eine erfolgreiche Bilanz zurückblicken. Fünfmal fuhr er in die Top 10. Auf einen Platz auf dem Treppchen wartet er bis heute aber vergeblich. 2018 soll es zum ersten Mal klappen. Im Trikot der Mannschaft Bahrain-Merida geht er als Kapitän an den Start. Pozzovivo kommt die Streckenführung enorm entgegen, da er als starker Kletterer, aber als schwacher Zeitfahrer gilt. Dennoch sollten die Erwartungen nicht zu hoch gesteckt werden. Es ist nämlich durchaus möglich, dass der kleine Italiener bei einem entsprechenden Rückstand nur auf Etappensiege fährt. Geklappt hat dies schon einmal im Jahr 2012, als er in Lago Laceno ein Teilstück gewann – natürlich in den Bergen.
Beste Platzierung: 5. (2014)
Team: Bahrain-Merida
Stärken: Berge, Erfahrung
Schwächen: Zeitfahren
Velomotion-Prognose: Domenico Pozzovivo ist seit Jahren ein bekanntes Gesicht im Peloton des Giro d’Italia. Je steiler die Berge werden, desto wohler fühlt sich der in Policoro geborene Italiener. Verliert er im Zeitfahren und bei potentiellen Windkanten auf Flachetappen nicht viel Zeit, kann er das Podium angreifen. Viel wahrscheinlicher ist jedoch die Jagd nach Etappensiegen. Tipp: 5 % Podium.
Esteban Chaves: Auf der Suche nach der alten Form
Was Domenico Pozzovivo zum zwölften Mal versuchen wird, hat Esteban Chaves bereits bei seinem zweiten Versuch geschafft. Der Kolumbianer fuhr beim Giro d’Italia 2016 auf Rang zwei. In der gleichen Saison sprang er auch bei der Vuelta a Espana aufs Treppchen. 2017 kam er – auch auf Grund von Verletzungen – nicht wirklich in Tritt. Sein riesiges Potential ist unbestritten. Bei der Herald Sun Tour in Australien gewann er die dritte Etappe und die Gesamtwertung. Damit durfte er zum ersten Mal seit der Lombardei-Rundfahrt 2016 wieder jubeln. Die Verfassung scheint also zu stimmen und mit Mitchelton-Scott kann er auf ein starkes Team bauen.
Beste Platzierung: 2. (2016)
Team: Mitchelton-Scott
Stärken: Berge, Team
Schwächen: Zeitfahren
Velomotion-Prognose: Betrachten wir nur das Potential von Esteban Chaves, ist der 28-Jährige eigentlich zu den Favoriten auf den Gesamtsieg zu zählen. Kommt er in einer guten Form zum Giro d’Italia 2018, sollte er keinesfalls unterschätzt werden. Die Zweifel sind jedoch groß. Tipp: 15 % Podium.
Simon Yates: Nach Tour & Vuelta nun auch beim Giro in die Top 10?
Das Team Mitchelton-Scott hat sich längst zu einem Team der Rundfahrer entwickelt. Dies zeigt sich auch im Aufgebot für den Giro d’Italia 2018. Neben Esteban Chaves erkennen wir auf der Startliste mit Simon Yates nämlich einen zweiten Profi, der bei einer Grand Tour weit vorn landen kann. Bewiesen hat er dies bislang bei der Tour de France und bei der Vuelta a Espana, wo er auf die Plätze sieben und sechs fahren konnte. Nun soll dies auch in Italien klappen. Bei seinem ersten Versuch kann er auf ein starkes Team bauen, muss sich die Kapitänsrolle aber mit Esteban Chaves teilen. Es wird sich zeigen, welcher Profi nach den ersten beiden Wochen die besseren Karten hat. Dementsprechend wird der eine auf Gesamtwertung fahren und der andere auf einen Etappensieg in der letzten Giro-Woche.
Beste Platzierung: –
Team: Mitchelton-Scott
Stärken: Berge, Team, Hügel
Schwächen: Zeitfahren
Velomotion-Prognose: Obwohl Simon Yates mit seinen 25 Jahren noch zur jüngeren Generation im Profiradsport gehört, hat er seine Klasse bereits bei Grand Tours bewiesen. Positioniert er sich in den ersten beiden Wochen vor Teamkollege Esteban Chaves, könnte er die Kapitänsrolle inne haben. Ist dies der Fall, ist das Podium nicht unwahrscheinlich – ansonsten ein Etappensieg. Tipp: 20 % Podium.
George Bennett: Der beste Neuseeländer aller Zeiten
Als erster Neuseeländer gewann George Bennett im vergangenen Jahr mit der Kalifornien-Rundfahrt eine UCI-WorldTour-Rundfahrt. Ebenfalls als erster Profi seines Landes fuhr er bei der Vuelta a Espana 2016 in die Top 10 einer Grand Tour. Bennett hat sich in den vergangenen zwei Jahren stark weiterentwickelt. Sein steiler Aufstieg soll nun beim Giro d’Italia fortgesetzt werden. Dabei kann er jedoch in Person von Robert Gesink lediglich auf einen starken Helfer im Gebirge hoffen. Er wird also größtenteils auf sich allein gestellt sein, was auf Grund seiner Außenseiter-Rolle aber kein besonders großer Nachteil sein muss. Im Gegenteil: Stellt sich George Bennett gut an, kann er in den ersten beiden Wochen unbemerkt mitschwimmen, ehe er dann in Woche drei selbst in die Offensive geht.
Beste Platzierung: 122. (2013)
Team: LottoNL-Jumbo
Stärken: Berge, Außenseiter-Rolle
Schwächen: Zeitfahren, Team
Velomotion-Prognose: George Bennett ist unter den Favoriten und den Außenseitern womöglich die unbekannteste Person. Diese Tatsache kann sich der Neuseeländer zunutze machen. Mit einer beherzten Attacke in der dritten Woche sind große Korrekturen möglich, eventuell sogar in einer Fluchtgruppe. Um tatsächlich Chancen auf die Top 10 – oder gar die Top 3 – zu haben, muss bei Bennett aber einiges zusammenkommen. Tipp: 5 % Podium.
Rohan Dennis: Bislang ist er einem Nachweis schuldig geblieben
Wie Tom Dumoulin versucht auch Rohan Dennis seit geraumer Zeit, sich von einem reinen Zeitfahrer hin zu einem Rundfahrer zu entwickeln. Bislang jedoch gelang ihm dies nicht. Vor allem in langen und steilen Anstiegen hat der Australier seine Probleme. Erst recht wenn es über mehrere Tage oder gar drei Wochen geht, scheint die Regeneration eine Schwierigkeit darzustellen. Bei seinen sechs Teilnahmen bei einer Grand Tour konnte er die Rundfahrt nur in zwei Fällen tatsächlich beenden. Trotzdem scheint man im Team BMC weiterhin auf ihn zu bauen. Immerhin ist er bei der Tour de Romandie auf Rang sieben gefahren, doch die fehlenden Zeitfahrkilometer beim Giro d’Italia werden sein Unterfangen nahezu unmöglich machen.
Beste Platzierung: –
Team: BMC
Stärken: Zeitfahren
Schwächen: lange und steile Berge, Regeneration
Velomotion-Prognose: Eigentlich hat Rohan Dennis die Anlagen dafür, bei einer Grand Tour ein Podium zu erreichen. Bislang jedoch gelang es ihm nicht, die Entwicklung von einem reinen Zeitfahrer zu einem starken Rundfahrer zu vollenden. Durch das bergige Profil und die wenigen Zeitfahrkilometer dürfte er keine Chance auf das Podium haben. Vor allem die dritte Woche liegt dem Australier überhaupt nicht. Tipp: 1 % Podium.
Davide Formolo: Etappenjagd & Bergtrikot oder die Maglia Rosa?
Der in Marano di Valpolicella geborene Davide Formolo ist der Trumpf des deutschen Teams Bora-hansgrohe. Durch die Abwesenheit von Weltmeister Peter Sagan und Klassementfahrer Rafal Majka genießt der Italiener bei seiner Lieblingsrundfahrt alle Freiheiten. Die Entscheidung, ob er sich auf Etappensiege, das Bergtrikot oder die Gesamtwertung konzentrieren wird, dürfte ganz automatisch fallen. Kommt Formolo gut durch die ersten beiden Wochen, kann er im Hochgebirge seine Stärken perfekt ausspielen. Dass er die Ausdauer für eine Grand Tour besitzt, hat er bereits bewiesen. Zuletzt wurde er Neunter bei de Vuelta a Espana und Zehnter beim Giro d’Italia. Mit seinen 25 Jahren ist seine Entwicklung noch längst nicht beendet und ein Top 10 Resultat muss auch 2018 sein Ziel sein.
Beste Platzierung: 10. (2017)
Team: Bora-hansgrohe
Stärken: Berge
Schwächen: Zeitfahren
Velomotion-Prognose: Obwohl Davide Formolo im Jahr 2016 im Team Cannondale lediglich als Helfer eingeplant war, fuhr er bei der Vuelta in die Top 10. Seitdem hat sich der Italiener stark weiterentwickelt, was ihn zu einem ernsten Konkurrenten um die Top 3 macht. Durch das eingeschworene Team Bora-hansgrohe und die starken Helfer aus Österreich können auch taktische Spielchen in der letzten Woche zum Erfolg führen. Tipp: 10 % Podium.
Louis Meintjes: Mit den Hoffnungen eines ganzen Kontinents auf den Schultern
In Afrika steckt der Radsport noch immer in den Kinderschuhen. Doch in den vergangenen zehn Jahren hat sich der Profiradsport auch auf dem heißen Kontinent stark weiterentwickelt. Als Beispiel hierfür fällt zuerst der Name Louis Meintjes ein. Der 26-jährige Südafrikaner wechselte zu dieser Saison wieder zurück zum Team Dimension Data. Dort genießt er nun die Kapitänsrolle – und tritt gemeinsam mit vier weiteren Profis aus Afrika an. Allerdings steht Meintjes beim Giro d’Italia zum ersten Mal am Start. Die Wahl fiel jedoch zurecht auf die Italien-Rundfahrt, da er hier seine Stärken in den Bergen besser umsetzen kann als bei der Tour de France. In Frankreich fuhr er in den beiden vergangenen Jahren auf Rang acht. Auch bei der Vuelta a Espana erreichte er bereits die Top 10. Nun ist der Giro d’Italia an der Reihe.
Beste Platzierung: –
Team: Dimension Data
Stärken: Berge
Schwächen: Zeitfahren, Team
Velomotion-Prognose: Louis Meintjes hat längst bewiesen, dass er bei einer Grand Tour nicht zu unterschätzen ist. Auf Grund der vielen Bergetappen hat er sich 2018 für den Giro d’Italia entschieden. Hier hat er beste Chancen auf die Top 10 – und mit etwas Glück kann er sogar das Podium erreichen. Tipp: 15 % Podium.