Test: Das Ghost Hybride Lector S4.7+ LC ist keinesfalls ein gewöhnlichnes E-Bike. Mit agressiv designtem Carbonrahmen, spannender Geometrie und Zwitter-Bereifung verspricht das Bike der Waldsassener einiges. Wir durften es testen und überprüfen, ob es die Erwartungen wirklich erfüllt.
Ghost Hybride Lector S4.7+ LC: Rahmen & Antrieb
Nicht häufig findet man E-Bikes mit Carbon-Rahmen. Schon von den unmotorisierten Hardtails von Ghost kennt man die auffällig gestalteten Carbon-Formen. Diese wurden auch für den Ghost Hybride Lector übernommen und der Rahmen würde, wäre er komplett schwarz, wie ein Tarnkappenbomber wirken. Die weißen und roten Akzente am Rahmen lockern das Ganze etwas auf und machen aus dem Ghost ein feines Designer-Stück. Aber das Ghost kann nicht nur Design, sondern es steckt auch Technik im Rahmen. Schön integriert in den Rahmen befindet sich der 500 Wh Akku. Darunter um das Tretlager schmiegt sich das Herzstück des E-Bikes. Der Shimano E-8000 Motor. Akku und Motor sind so montiert, dass sich sogar noch ein Flaschenhalter im Rahmen montieren lässt. Bei unserem Testrad in Größe M war aber nur Platz für eine kleine 0,5 l Liter Flasche, aber immerhin besser als gar keine. So kann man sich für die kurze Runde den Camelback sparen.
Der Shimano Motor unterstützt den Fahrer mit maximal 70 Nm (250 W) und kann über einen dezenten Schalter an der linken Lenkerseite gesteuert werden. Es stehen die Modi Eco, Trail und Boost zur Verfügung, die sich über die Shimano App per Bluetooth-Verbindung noch feiner je nach Bedarf des Fahrers abstimmen lassen.
Im Rahmen werden alle Kabel gut versteckt, sodass die Optik sehr clean ist. Außerdem verfügt der Rahmen, damit breite Plusreifen und gleichzeitig kurze Kettenstreben realisiert werden können, den 142 mm Boost Standard am Hinterrad.
Ghost Hybride Lector S4.7+ LC: Geometrie
Die Geometrie am Lector richtet sich eher an sportliche Fahrer. Der Lenkwinkel fällt mit 65,8° eher flach aus. Zusammen mit dem langen Oberrohr ergibt sich ein sehr laufruhiges Setup, welches sich auch für den Uphill eignet. Der Sitzwinkel mit 73,3° fällt eher steil aus, damit das E-Bike auch noch gut klettert und das Vorderrad leicht am Boden gehalten werden kann. Die Kettenstreben fallen mit 442,7 mm für ein E-Bike sehr kurz aus. Somit sollte es im Gesamtpaket ein wendiges, aber auch bei hohen Geschwindigkeiten laufruhiges Bike ergeben.
Ghost Hybride Lector S4.7+ LC
S | M | L | |
Sitzrohr (in mm) | 380 | 420 | 460 |
Oberrohr horizontal (in mm) | 600 | 616 | 640 |
Steuerrohr (in mm) | 100 | 105 | 120 |
Kettenstrebe (in mm) | 442,7 | 442,7 | 442,7 |
Radstand (in mm) | 1161 | 1178 | 1204 |
Lenkwinkel (in °) | 65,8 | 65,8 | 65,8 |
Sitzwinkel (in °) | 73,3 | 73,3 | 73,3 |
Reach (in mm) | 413 | 428 | 448 |
Stack (in mm) | 621 | 626 | 640 |
Ghost Hybride Lector S4.7+ LC: Ausstattung
Normalerweise setzt Ghost eher auf bekannte Komponenten, die jeder kennt und wahrscheinlich schon einmal gefahren ist. Beim Ghost Hybride Lector S4.7+ LC gehen die Waldsassener einen etwas anderen Weg. Bis auf wenige Parts finden sich am Ghost Parts, die man wirklich eher selten zu testen bekommt. Los gehts mit der SR Suntour Raidon Gabel. Mit 34 mm Standrohren und 120 mm Federweg findet die Gabel den Weg an das Carbon E-Bike. Etwas gewöhnungsbedürftig ist die SR Suntour hauseigene Qloc Steckachse, aber hat man die Funktion einmal verstanden klappte der Laufradwechsel ganz gut. Mit dabei bei der Gabel ist auch ein Remote Lockout Hebel, der an der linken Seite des Lenkers montiert ist. Den Remote von Suntour kennt man schon lange, da es einer der wenigen ist, der wirklich dauerhaft funktioniert und ergonomisch ist.
Bei den Laufräder setzt Ghost beim Hybride Lector auf eine Zwitter-Lösung. An der Front befindet sich ein 29″ Laufrad und am Heck ein Laufrad im 27,5+ Format. Dabei werden Naben von Formula und Felgen von Rodi verbaut. Für den nötigen Grip sorgen Maxxis Reifen mit einem Ardent in 2,35″ an der Front und einem Rekon in 2,8″ Breite am Heck.
Gebremst wird das Bike von einer Tektro HD-M805 Slate 4K Bremse mit 4 Kolben. Am Testbike waren vorne und hinten 203 mm Scheiben montiert. Laut Teileliste ist aber hinten serienmäßig eine 180 mm Scheibe. Auch eher selten sieht man die JD Dropper Post. Dies versenkbare Sattelstütze ist mit einem Remote ausgestattet, der beim rechten Lenkergriff montiert ist. Die Stütze wird von unten durch das Sattelrohr angesteuert und somit ist die Zugführung gut versteckt im Rahmen. Auf der Stütze ist der eher sportliche Fizik Antares R7 montiert.
Geschaltet wird mit bekannten Shimano Komponenten mit einem LX Shifter und einem XT Schaltwerk. Etwas exotischer ist hier die Sunrace MS8-E Kassette mit einer 11-46 Abstufung. Das Cockpit besteht aus einem 760 mm breiten Lenker mit 20 mm Rise und einem kurzem Vorbau. Beides kommt von Ground Fiftyone, der Hausmarke von Ghost. Ingesamt ein interessantes Ausstattungpaket, dass Spaß auf dem Trail verspricht. Außerdem kommt das Gesamtpaket trotz wirklich fähiger Trailausstattung und potenten Reifen auf ein Gesamtgewicht von 19,32 kg. Das ist wirklich stark für ein E-Bike. Dafür ist der Preis auch etwas angesetzt. 3.999 € muss man für das Bike schon locker machen.
Rahmen | Hybride Lector LC |
Federgabel | SR Suntour Raidon 34 LOR DS AIR |
Antrieb | Shimano E8000 |
Akku | Shimano BT-E8010 504 Wh |
Dämpfer | - |
Laufräder | Formula DC-711 / Rodi Tryp |
Reifen VR | Maxxis Ardent 2,35" |
Reifen HR | Maxxis Rekon 2,8" |
Schaltwerk | Shimano XT |
Schalthebel | Shimano SLX |
Kurbel | Ground Fiftyone 34T |
Umwerfer | |
Bremse | Tektro HD-M805 Slate |
Bremsscheiben | Tektro 203/203 mm |
Sattelstütze | JD Dropper Post |
Sattel | Fizik Antares R7 |
Vorbau | Ground Fiftyone Team |
Lenker | Ground Fiftyone Race 760 mm |
Ghost Hybride Lector S4.7+ LC: Auf dem Trail
Als ehemaliger XC-Fahrer war ich gespannt, wie sich ein Carbon Hardtail mit 120 mm an der Front, dicken Reifen hinten und zusätzlichen E-Unterstützung schlägt. Der Shimano-Motor ist bereits bekannt und einer meiner Lieblings-Motoren. Der Motor spricht sehr fein und schnell an. Der Trail-Modus ist perfekt für das Gelände, da er sehr stark auf eine höhere Trittfrequenz und gibt mehr Leistung hinzu. Somit kann man gut auf wechselnde Untergründe und Situationen reagieren oder einfach nur richtig schnell aus engen Kurven Beschleunigen. Auch der 504 Wh Akku gibt einiges her und man kann schon ein paar Stunden auf dem Bike verbringen.
Nun aber zum Bike an sich. Die Sitzposition ist angenehm aufrecht. Man spürt das lange Oberrohr und den flachen Lenkwinkel gleich auf den ersten Metern. Auch das Gewicht, das Bike rollt in der Ebene wirklich gut und das trotz 2,8″ breiten Maxxis Reifen mit ordentlichen Stollen. Auch ohne Unterstützung lässt sich das Bike zumindest in der Ebene gut bewegen. Am ersten Berg reicht die Eco-Stufe völlig aus, wenn man selbst noch etwas treten möchte. Locker und leicht klettert man über die ersten Hügel. Doch die Spezialdisziplin für das Ghost Hybride Lector folgt auf schwierigen steilen Trails. Mit ordentlich Grip am Heck, einem steilen Sitzwinkel und ordentlich Power im Trail- oder auch Boost-Modus, pflügt man schwierige steile Wege fast spielerisch hinauf. Auch kurze steile Böschungen machen dem Bike keine Probleme. Limitiert wird man dann in seltenen Fällen nur von der Übersetzung, die irgendwann zu groß ist. Das Vorderrad hebt sich erst spät vom Boden.
Oben angekommen auf dem Berg geht es in den Downhill. Gleich merkt man: Das Lector Hybride liebt Speed und will schnell bewegt werden. Das lange Oberrohr und der flache Lenkwinkel geben dem Vorderrad einen größeren Vorlauf und somit mehr Sicherheit bei hohen Geschwindigkeiten. Wirklich überzeugt hat mich auch die Kombi aus 29″ und 27,5″+. Am Vorderrad finde ich persönlich ein 27,5″+ Laufrad immer etwas träge. Ein 29″ lässt sich meiner Meinung deutlich spritziger und präziser bewegen. Hinten sorgt dann das 27,5″+ Laufrad für den nötigen Komfort, was vor allem hier beim Hardtail Sinn macht. Natürlich kommt man nicht an die Performance eines Fullys heran, aber man hat doch spürbar mehr Komfort. Nur mit dem Luftdruck muss man etwas aufpassen. Ist dieser zu niedrig und man fährt nicht Tubeless sind Durchschläge, mit resultierenden Plattfüßen, nicht zu vermeiden. Vor allem im ruppigen steinigen Gelände kommt man hier leicht an die Grenzen und muss etwas Speed rausnehmen, um einen Defekt zu verhindern.
Nicht nur schnell kann das Bike, sondern auch wendig. Die Kettenstreben wurden wirklich kurz konstruiert und bringen Fahrspaß. Fahrspaß bringt auch das geringe Gewicht und der tiefe Schwerpunkt. Das Bike lässt sich leichtfüßig in Downhill bewegen und rollt gut über Hindernisse hinweg. Profis und Fortgeschrittenen gefällt so ein Fahrverhalten. Anfänger könnten damit etwas überfordert sein.
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