Test: Mit dem Stella City Comfort MDB hatten wir einen klassischen E-Tiefeinsteiger im Test, dessen Stärken in der Abwesenheit von großen Schwächen liegt. Das modern-weiße Pedelec fällt zwar in keinem Bereich negativ auf, dennoch erscheint die unverbindliche Preisempfehlung von 3.299 Euro etwas hoch angesetzt.
In Zeiten von Carbon E-MTBs, superleichten E-Urban Bikes und E-Rennrädern mag der klassische E-Tiefeinsteiger ein Mauerblümchen-Dasein zu führen. Aber egal ob man den Blick auf die Radwege in Stadt und auf dem Land lenkt oder mit großen und kleinen Fahrradhändlern oder -herstellern spricht: Die Beliebtheit des E-Tiefeinsteigers ist ungebrochen und exakt die Kategorie E-Bike, nach der die meisten Leute suchen. Hier sind keine Hightech-Lösungen oder rekordverdächtige Gewichte gefragt – funktionieren soll es, dabei darf es schön komfortabel und vor allem nicht allzu teuer sein.
Genau hier möchte das Stella City Comfort MDB punkten – mit unaufgeregter Alltagstauglichkeit, soliden Komponenten und natürlich einem attraktiven Gesamtpreis. Bevor wir jedoch zum Rad im Detail kommen, ein paar Worte zum Hersteller Stella Bikes. In Deutschland noch weitestgehend unbekannt, ist Stella in der niederländischen Heimat inzwischen durchaus eine große Nummer. Das verdankt man auch dem innovativen und recht ungewöhnlichen Vertriebskonzept: Auf ein klassisches Händlernetz wird verzichtet, stattdessen lassen sich die Räder direkt beim Hersteller bestellen.
Direktvertrieb mit Vor-Ort Probefahrt
Anders jedoch als bei klassischen Direktvertrieblern wie Rose, Canyon oder Radon kommt bei Stella ein Vertriebsmitarbeiter direkt zum Kunden nach Hause, bringt auf Wunsch mehrere Testräder mit, die der Interessent direkt vor der eigenen Haustüre testen und auf Wunsch dann auch direkt kaufen kann. Alternativ gibt es mittlerweile auch diverse E-Bike Testcenter, von denen jedoch nur eines in Deutschland liegt. Hier kommen wir auch direkt zum momentan noch größten Nachteil dieses Konzepts für Kunden aus Deutschland. Derzeit ist Stella Bikes nur in Nordrhein-Westfalen aktiv – Kunden aus anderen Regionen Deutschlands können derzeit noch kein Stella bestellen bzw. kaufen. Das Vertriebsnetz soll jedoch auch hierzulande weiter ausgebaut werden.
Bosch Active Line Plus mit 400Wh Akku
Zurück zum Rad: Das City Comfort MDB ist in minimalistischem Weiß oder Schwarz erhältlich und dabei ausschließlich mit einem Tiefeinsteiger-Rahmen. Den Vortrieb besorgt der Active Line Plus Motor aus dem Hause Bosch in seiner neuesten Generation. Strom speist dieser aus dem am Gepäckträger montierten 400Wh Akku. Wir halten den Motor für ein Rad in dieser Kategorie für die goldrichtige Wahl. Erst ist kräftig genug, um auch kleinere und größere Anstiege zu bewältigen, bleibt dabei jedoch zu fast jedem Zeitpunkt flüsterleise. Zudem lässt er sich selbst im ausgeschalteten Zustand oder über 25km/h noch angenehm treten.
Der 400Wh-Akku scheint in Zeiten immer astronomischer Akkukapazitäten auf den ersten Blick etwas schmächtig, doch dabei sollte man das Einsatzgebiet des Stella City Comfort MDB nicht vergessen: Das E-Bike ist gebaut für den Einsatz in der Stadt und für alltägliche Erledigungen. Damit werden wohl zu 99% Kurzstrecken bewältigt, für riesige Touren ist das Rad ohnehin nicht konzipiert. Doch auch wenn mal eine längere Tour ansteht: Bei angepasster Unterstützung und etwas Eigenleistung sind auch mit dem 400Wh Akku durchaus 100km Reichweite drin. Möchte man das Haar in der Suppe des Bosch-Antriebs suchen: Wir hätten uns anstelle des doch sehr minimalistischen Purion-Displays hier die Intuvia-Variante gewünscht.
Sorglos-Ausstattung ohne große Schwächen
Auch die übrige Ausstattung ist nahezu perfekt auf diesen Einsatzbereich abgestimmt. Die hydraulischen Felgenbremsen von Magura bringen hierfür mehr als genügend Kraft mit und bleiben dabei erfahrungsgemäß jedoch über viele viele Jahre fast wartungsfrei; vom gelegentlichen Belagwechsel abgesehen, der innerhalb weniger Sekunden erledigt ist. Auch die 7-Gang Nexus Nabenschaltung von Shimano benötigt quasi keine Wartung und ist ausgesprochen unempfindlich gegen äußere Einflüsse. Zwar spendiert Stella dem City Comfort MDB überdies auch einen Kettenschutz, der jedoch lediglich das Hosenbein vor Verschmutzung schützt. Eine komplett geschlossene Variante würde Kette und Antrieb zudem vor Dreck und Nässe bewahren.
Komfortables und gutmütiges Fahrverhalten
Auch wenn das Stella City Comfort MDB für den Einsatz auf befestigten Wegen ausgelegt ist – jeder von uns kennt den Zustand der Radwege hierzulande und dürfte deshalb froh über die Suntour Federgabel sein, die in der Front des Stella E-Bikes steckt. Diese bügelt kleinere Unebenheiten und Schlaglöcher zuverlässig weg – lässt sich aufgrund des Stahlfeder-Innenlebens jedoch leider nur bedingt auf das Fahrergewicht einstellen. Apropos schlechte Radwege: Die verbauten Schutzbleche sind erfreulich stabil und klappern auch nicht, wenn es mal ein wenig rüttelt und wackelt.
Beim Fahrverhalten kann das City Comfort MDB mit einem gutmütigen, gemütlichen Charakter punkten. Das liegt natürlich auch an der sehr komfortablen Sitzposition, aber auch der angenehm steife Rahmen tut hier sein übriges. Die Gewichtsverteilung mit dem Akku auf dem Gepäckträger ist bei Kurvenfahrten anfangs durchaus spürbar, man gewöhnt sich an das etwas eigentümliche Gefühl jedoch bereits nach kurzer Zeit.
Ein durchaus erwähnenswerter Tipp zum Abschluss: Derzeit (November 2019) ist das City Comfort MDB bei Stella zum reduzierten Preis von 2.199 Euro zu haben. Allerdings sei die kritische Nachfrage erlaubt, warum man seitens Stella zunächst einen – für die Ausstattung des Rades – zu hohen UVP von 3.299 Euro ansetzt. War hier von Anfang an geplant mit einem Rabatt von 1.100 Euro ein Schnäppchen zu suggerieren? Auch andere Hersteller bieten vergleichbare Tiefeinsteiger in der Preisklasse um die 2.000 Euro an, die allerdings nicht wenige Wochen zuvor noch 50 Prozent mehr gekostet hätten.