Test: Exotische Räder sind immer besonders spannend zu testen – der neue Hersteller Vaast setzt voll auf Rahmen aus Magnesium und hat mit dem von uns getesteten A/1 auch ein heißes Gravel-Eisen im Feuer. Vielleicht werden wir künftig noch mehr Hersteller sehen, die auf die neue Rahmenlegierung setzen?
Vaast A/1: Die Fakten
Rahmenmaterial: Magnesium
Laufradgröße(n): 700c (650b kompatibel)
Maximale Reifenfreiheit: 40mm (700c) / 47mm (650b)
Achsmaß (v/h): 12×100 / 142×12
Schutzblechösen: Ja
Gepäckträgerösen (v/h): Ja / Ja
Flaschenhalter: Unterrohr oben, Sitzrohr
Gewicht Laufräder v/h/gesamt (mit Reifen und Bremsscheiben): 1.510g / 1.754g / 3.264g
Gewicht Komplettrad ohne Pedale (Größe M): 9,03kg
Preis: 2.599 Euro
Magensiumrahmen am Fahrrad – the next big thing?
Okay, reden wir nicht lange um den heißen Brei herum: Ja, der Rahmen des Vaast A/1 besteht aus Magnesium. Ja, echt – Magnesium! Die vollmundigen Versprechungen des Herstellers lauten: Leichter als Stahl, Titan oder Alu, komfortabel, haltbar und außerdem voll recyclebar. Das klingt doch irgendwie zu gut um wahr zu sein – oder anders gesagt: Wenn Magnesium so ein tolles Rahmenmaterial ist, weshalb gab es bis dato kaum Hersteller, die Rahmen aus diesem Material hergestellt haben? Um diese Frage zu beantworten, ist es jedoch notwendig, etwas weiter auszuholen.
Wie bei allen Metallen gilt nämlich auch hier: Magnesium ist nicht Magnesium, denn auf die Legierung kommt es an. Bei Vaast setzt man auf das sogenannte AE81 Super Magnesium des Herstellers Allite, der wie Vaast (und auch Niner Bikes) zu der Investmentgesellschaft UWHK aus Hong Kong gehört. Deshalb ist es für Vaast auch möglich, direkt zum Start der Marke direkt acht Modelle mit einem Rahmen aus Super Magnesium zu produzieren (je zwei Gravelbikes, MTBs, Urban Bikes und Kinderräder). Das Hauptargument gegen Magnesium als Rahmenmaterial war bisher vor allem seine eigentlich eher dürftige Witterungsbeständigkeit bzw. Korrosionsanfälligkeit – nicht gerade optimal für einen Fahrradrahmen. Diesem Punkt wirkt die AE81 Legierung einerseits durch ihre spezielle Zusammensetzung, andererseits durch eine besondere Beschichtung entgegen, die vor dem Lackieren innen und außen auf dem Rahmen aufgebracht wird und von der Vaast verspricht, sie sei enorm langlebig.
Großen Wert legt der US-Hersteller außerdem auf die bemerkenswert positive Umweltbilanz des Rahmenmaterials. Für die Herstellung ist bis zu 40% weniger Energie nötig als beispielsweise bei Alu, zudem ist er (theoretisch) zu 100% recyclebar. Auch vom Material abgesehen ist Vaast beim Thema Umwelt durchaus aktiv und beispielsweise Mitglied bei ‚One Percent for the Planet‘ – damit gehen 1% des Jahresumsatzes zu Gunsten von Umweltorganisationen.
Auch die technischen Eckdaten des Rahmens lesen sich überaus vielversprechend: Das Gewicht gibt Vaast mit ca. 1.100g an und liegt damit irgendwo zwischen einem leichten Alu- und einem hochwertigen Carbonrahmen. Ansonsten bringt er alles mit, was wir uns von einem modernen Gravelbike erwarten: Steckachsen, interne Zugverlegung, Ösen für Schutzblech und Gepäckträger und großzgügige Reifenfreiheit von 40mm für 28″ und 47mm, wenn man lieber mit kleinen 650b Laufrädern unterwegs ist. Auch bei den Detaillösungen gibt’s überwiegend positives zu berichten: Die wirklich sehr schöne, tiefer gezogene Kettenstrebe führt die Leitung elegant im Inneren und soll Kettenschlagen verringern. Verarbeitung, Optik und Lackierung sind auf einem sehr hohen Niveau, unser einziger kleiner Kritikpunkt sind die zwar funktionalen, aber optisch ganz schön klobigen Gummistopfen an den Leitungseingängen. Andererseits: Durch die große Öffnung dürfte die Verlegung leichter von der Hand gehen.
Nach eigenen Angaben legten die Konstrukteure bei der Geometrie des Vaast A/1 besonderes Augenmerk auf Langstreckentauglichkeit und eine nicht zu sportliche Sitzposition. Zumindest auf dem Papier ist das A/1 dennoch kein gemütliches Tourenrad – der Lenkwinkel ist weder sonderlich steil noch sonderlich flach, die Streben mit 425mm im Schnitt, Stack und Reach sprechen jedoch durchaus für eine leicht gestreckte Sitzposition mit etwas Sattelüberhöhung. Diese Mischung ist genau nach unserem Geschmack, weil sie Fahrer oder Fahrerin die Möglichkeit bietet, die Sitzposition in beide Richtungen des Spektrums anzupassen. Etwas Vorsicht ist bei den Größen geboten: Das Vaast A/1 fällt verhältnismäßig groß aus – hier sollte man vor dem Kauf die Empfehlungen des Herstellers studieren.
Geometrie Vaast A/1
S | M | L | XL | |
Sitzrohr (in mm) | 520 | 540 | 560 | 580 |
Oberrohr horizontal (in mm) | 534 | 557 | 583 | 605 |
Steuerrohr (in mm) | 115 | 140 | 170 | 195 |
Kettenstrebe (in mm) | 425 | 425 | 425 | 425 |
Radstand (in mm) | 1008 | 1023 | 1038 | 1061 |
Lenkwinkel (in °) | 70 | 71 | 72 | 72 |
Sitzwinkel (in °) | 72.5 | 72.5 | 72.5 | 72.5 |
Reach (in mm) | 365 | 380 | 395 | 410 |
Stack (in mm) | 536 | 563 | 595 | 620 |
Gutes Preis-/Leistungsverhältnis bei der Ausstattung
Das von uns getestete Vaast A/1 wird hierzulande für wirklich attraktive 2.599 Euro in den Handel kommen – trotz innovativem Rahmenmaterial, einem durchaus respektablen Gewicht von ziemlich genau 9kg und einer durchdachten, soliden Ausstattung. Erwähnenswert ist hier auch die optisch markante, ziemlich schlanke Carbongabel, die wie der Rahmen Ösen für Schutzbleche und auch einen Frontgepäckträger mit an Bord hat.
Das Schalten am A/1 übernimmt Shimanos neue GRX Gruppe im Setup mit einem Kettenblatt. Genauer gesagt kombiniert Vaast das RX812 Schaltwerk mit den etwas günstigeren RX600 STIs, einer Praxis Works Zyante Carbonkurbel und der passenden 11-42 Kassette. Die STIs sind vor allem ergonomisch nicht ganz auf dem Niveau der höherwertigen RX800 Variante, was jedoch angesichts des attraktiven Preises zu verschmerzen ist. Ein schönes Detail ist die Zyante Kurbel aus dem Hause Praxis Works, die nicht nur ein paar Gramm leichter ist als die GRX Kurbel, sondern auch optisch unserer Meinung nach etwas mehr hermacht. Die Bandbreite von etwas unter 400% ist in Ordnung, für allzu bergige Gegenden jedoch nur bedingt geeignet, auch weil das Kettenblatt an der Front mit 42 Zähnen ziemlich groß ausfällt. So braucht es für steile Schotter-Rampen doch ganz schön Power in den Beinen.
Rahmen | AE81 ALLITE Super Mag |
Federgabel | Vaast Vollcarbon |
Laufräder | Stan's Notubes Grail S1 |
Reifen | Maxxis Rambler 38mm EXO 120tpi |
Schaltwerk | Shimano GRX |
Schalthebel | Shimano GRX RX-ST600 |
Kurbel | Praxis Works Zyante Carbon 42t |
Umwerfer | Ohne |
Bremse | Shimano GRX RX600 |
Sattelstütze | Vaast Carbon 27,2mm |
Sattel | WTB Silverado Comp |
Vorbau | Vaast Allroad Pro |
Lenker | Vaast Allroad Pro |
Ebenfalls aus der 600er GRX Serie stammen die hydraulischen Bremsen, die sich bezüglich Performance unserer Erfahrung nach nicht vor den 800er Topmodellen zu verstecken brauchen.
Ein Highlight am Vaast A/1 ist der zu diesem Preis verbaute Laufradsatz von Stan’s: Tubeless-Ready, mit 1.900g (Herstellerangabe) nicht allzu schwer, dafür mit ordentlicher Innenweite von 20mm für breite Reifen – hier macht man wahrlich wenig falsch. So ist es auch nicht verwunderlich, dass das Laufradsystem mit 3.264g ziemlich leicht ausfällt, obwohl die verbauten Maxxis Rambler Reifen in 38er Breite ein paar Gramm schwerer sind, als vergleichbare Reifen anderer Hersteller.
Ebenso kaum Anlass zur Kritik bieten die Anbauteile, im Gegenteil. Eine Carbonstütze wie am A/1 ist in dieser Preisklasse nicht unbedingt selbstverständlich, ebenso wie der gelungene WTB Sattel. Das Cockpit ist unaufgeregt mit 80mm Vorbau und dem hauseigenen Lenker, der recht wenig Flare besitzt, was jedoch unserer Ansicht nach gut zur Ausrichtung des Bikes passt.
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Let’s Gravel: Das Vaast A/1
Das Vaast A/1 kommt in auffälligem aber stimmigen Design und machte uns besonders aufgrund seines Rahmenmaterials neugierig. Es kommt schließlich nicht alle Tage vor, dass wir auf einem Rad Platz nehmen, bei dem das Material des Rahmens für uns komplettes Neuland ist. Auch die spannenden technischen Daten und die Versprechungen von Vaast schürten Erwartungen.
Die Geometrie des Rads ist sehr ausgewogen, aber dürfte mit Sicherheit eher diejenigen Fahrer ansprechen, die sich ansonsten eher auf sportiven Rädern zuhause fühlen. Die Sitzposition ist dezent gestreckt, ließe sich zweifelsohne jedoch mit ein paar Spacern unter dem Vorbau entsprechend entschärfen. So trifft der Hersteller eine sehr gute Balance, die am Gravelbike ganz besonders wichtig ist. Unterschiedliche Einsatzbereiche bedeuten auch unterschiedliche Fahrertypen – und mit dem Vaast A/1 kann man ambitionierte Fahrer, die vielleicht ein Trainingsgerät für Schmuddelwetter suchen ebenso bedienen, wie Tourenfahrer, die einen zuverlässigen Begleiter für Bikepacking-Abenteuer suchen.
Im Antritt fällt direkt der steife Rahmen auf, der im Zusammenspiel mit den recht leichten Laufrädern Kurbelumdrehungen direkt in Vortrieb umsetzen kann. Obwohl das Rad mit 9 Kilogramm nicht zu den leichtesten gehört, versprüht es damit eine erfreuliche Spritzigkeit, die uns ein Lächeln ins Gesicht treibt.
Der insgesamt recht lange Rahmen und die Grundausrichtung trimmen das Rad in der Praxis eher in Richtung Laufruhe denn Agilität. Doch nicht falsch verstehen – das Vaast A/1 ist kein sturer Geradeausläufer, aber es fühlt sich auf weitläufigen Schotterwegen deutlich wohler als beispielsweise auf einer engen Cyclocross-Strecke.
Doch was ist jetzt mit dem Magnesium Rahmen? Wie fühlt er sich an? Im Antritt ist er wie bereits angedeutet angenehm steif und erinnert uns durchaus an Carbon. Beim Komfort kann es dieses Niveau nicht ganz halten – ob das nun aber nur auf den Rahmen oder auch auf das Gesamtsystem zurückzuführen ist, sei dahingestellt, aber wenn es ruppig wird, wird das Vaast doch ein wenig unkomfortabel. Auffällig: Mit feinen Vibrationen und kleinen Unebenheiten kommt es sehr gut klar, größere Schläge werden jedoch ziemlich ungefiltert an Hände und Gesäß weitergegeben. Da hilft leider auch die Carbon Sattelstütze nur noch bedingt.
Sehr gut gefällt uns die Maxxis Bereifung: Der Rambler ist für uns eine sehr gute Alternative zum Schwalbe-Platzhirsch G-One – vor allem für jene, die noch etwas mehr Reserven im Gelände wünschen. Dort spielt er mit seinen recht ausgeprägten Seitenstollen seine Stärken aus und vermittelt Komfort und Grip gleichermaßen.
Als kleines Highlight würden wir den angenehmen Sattel von WTB sehen, welcher vielen Fahrern gut passen dürfte. Als Ergänzung kommt an der Front der hauseigene Lenker mit Shimanos GRX Griffen zum Einsatz. Gerade im Oberlenker macht diese Kombi einen guten Job, im Unterlenker ist die Ergonomie jedoch ausbaufähig. Für das Einsatzgebiet des Vaast A/1 sollte dies aber zu den kleineren Problemen zählen. Abgerundet wird der Magnesium Gravler mit den Teilen der schotterspezifischen Shimano GRX Gruppe und der Praxis Works Kurbel, welche nicht nur nett anzusehen sind sondern während unseres Tests auch einwandfrei funktionierten.
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