Radsport: Elia Viviani prägt die Massensprints seit Jahren. Gemessen an seinen Siegen gehört er zu den erfolgreichsten Profis aller Zeiten. Im ausführlichen Interview mit Velomotion lässt uns der Italiener seine Leidenschaft für den Radsport förmlich spüren.
Name: | Elia Viviani |
Nation | Italien |
Geburtstag: | 7. Februar 1989 |
Geburtsort: | Vallese di Oppeano |
Team: | Cofidis |
Größte Erfolge: | Olympiasieger im Omnium 2016 Bretagne Classic – Ouest-France 2017 3x Hamburg Cyclassics 2017, 2018 & 2019 Europameister im Straßenrennen 2019 Punktewertung beim Giro d'Italia 2018 5x Etappensieg beim Giro d'Italia 2015 & 2018 3x Etappensieg bei der Vuelta a Espana 2018 Etappensieg bei der Tour de France 2019 |
Elia Viviani wird bald die Marke der 100 Siege knacken
In den Datenbanken wird Elia Viviani mit aktuell 82 Siegen gelistet. Damit zählt der Italiener zu den erfolgreichsten Profis aller Zeiten. Zu verdanken hat dies der 31-Jährige seiner Endschnelligkeit, denn in einem jeden Massensprint ist mit ihm zu rechnen. Verwunderlich daher, dass er erst in der vergangenen Saison seinen ersten Tagessieg bei der Tour de France feiern durfte, während er bei der Vuelta a Espana und beim Giro d’Italia bereits zum Seriensieger avancierte. Zur Saison 2020 wechselte Elia Viviani von der belgischen Mannschaft Deceuninck – Quick-Step zum französischen Team Cofidis. Dort will er nun in rot-weißen Farben weitere Erfolge einfahren. Unterwegs ist er aktuell allerdings im Trikot des Europameisters. Und auch Olympiasieger darf sich der Italiener nennen. Denn bereits 2016 gewann er im Omnium auf der Bahn die Goldmedaille.
Wie motivierst du dich während der Corona-Pause für das Training bzw. im Winter?
Elia Viviani: „Es war bzw. ist wirklich nicht einfach, während der Corona-Pandemie zu trainieren. Ich mag es wirklich nicht, Zuhause auf dem Rollentrainer zu fahren. Vor allem mental ist es schwierig. Physisch kannst du aber natürlich ein hochwertiges Training durchführen. Auch wenn du den Umfang nicht ganz erreichen wirst. Wenn du Zuhause auf der Rolle fährst, dann legst du vermutlich im Vergleich zum Outdoor-Training nur die Hälfte der Strecke zurück. Ich habe währenddessen einfach versucht, verschiedenste Dinge auszuprobieren und bin nie länger als drei Stunden am Stück gefahren. Auch im Winter trainiere ich nur dann Zuhause, wenn wir wirklich sehr schlechtes Wetter haben. Ich lebe in Monaco und hier ist das Wetter oft sehr gut. Wenn es den ersten Tag regnet, lege ich eine Pause ein. Regnet es mehrere Tage hintereinander, bleibt aber auch mir nur das Rollentraining übrig.“
Wie entspannst du dich nach einer harten Trainings-Session oder nach intensiven Rennen?
„Leider habe ich nicht jeden Tag die Möglichkeit, mich von unseren Physiotherapeuten massieren zu lassen. Also versuche ich einfach auf dem Sofa zu relaxen, etwas fernzusehen und mich zu erholen. Nach den Rennen genieße ich es natürlich sehr, mich von unseren Masseuren verwöhnen zu lassen. Das sind die Momente, wo du nicht selten sogar einschläfst und in denen sich deine Beine bestens erholen können. Und es ist wirklich wichtig, wie du dich nach Rennen erholst und wie du dich ernährst.“
Kannst du unseren Lesern eine gute Serie oder einen guten Film empfehlen?
„Während ich auf der Rolle fahre, schalte ich sehr gerne Netflix an. Ich habe während des Corona-Lockdowns viele Filme und Serien geschaut, zum Beispiel Suits, Haus des Geldes und The Last Dance, die Dokumentation über Michael Jordan und die Chicago Bulls. Außerdem habe ich die Doku über die Formel 1 gesehen.“
Wie sieht dein Lieblingsessen aus und über was freust du dich im Verpflegungsbeutel besonders?
„Lieblingsessen? Natürlich Pizza! Ich mag eine ganz einfache Pizza … Margherita mit ein bisschen Schinken. Nichts spezielles, aber ich genieße es jedes Mal sehr, wenn ich sie esse. Nudeln sind auch immer gut. Während der Rennen bin ich immer sehr fokussiert, freue mich aber über Reiskuchen oder ein Käse-Schinken-Sandwich in meinem Verpflegungsbeutel. Im Finale wechsle ich dann zu Riegeln oder Gels.“
Wer ist deiner Meinung nach der größte Radprofi aller Zeiten? Hattest du in deiner Jugend ein Vorbild?
„In der modernen Ära auf jeden Fall Peter Sagan. Er ist einfach ein großartiger Fahrer. Nicht nur wegen seiner Ergebnisse, auch weil er gut für den Radsport und die Fans ist. Mein Idol war Mario Cipollini. Mit dem Radfahren begonnen habe ich aber wegen Marco Pantani. Ihn habe ich den Giro und die Tour gewinnen sehen. Weil aber mein Fahrstil als Sprinter natürlich eher dem von Mario Cipollini gleicht, wählte ich ihn als mein Vorbild.“
Warum ist der Radsport die geilste Sportart der Welt?
„Für mich ist der Radsport so toll, weil ich sehr viel reisen kann. Wäre ich kein Radprofi, könnte ich nicht so viele verschiedene Orte auf der Welt besuchen. Ich hoffe, dass ich in den kommenden Jahren noch viele weitere schöne Orte sehen kann. Denn es sind wirklich Momente zum Genießen, wenn du in Australien bist, in Amerika, bei den Klassikern in Belgien, wenn wir bei der Tour de France sind, in Hamburg oder beim Giro d’Italia. Du bekommst so viele schöne Flecken unserer Erde zu Gesicht. Eine weitere Motivation für mich sind die Fans. All diese Leute, die uns Fahrer als Idole sehen und uns überall zujubeln – darauf kann man wirklich stolz sein. Im Vergleich zu anderen Sportarten gibt es bei uns auch keine große Distanz zwischen Profis und Fans. Du kannst zwar in die Stadien gehen, aber bist dennoch meist weit weg von den Sportlern. Im Radsport kommst du ganz nah ran. An den Bussen sind die Mechaniker, die Fahrer, die Sportlichen Leiter und die Fans alle zusammen an einem Ort. Das macht den Radsport zum besten Sport der Welt.“
Schaust du selbst gerne Radrennen? Erinnerst du dich an das erste Rennen, welches du gesehen hast?
„Absolut. Ich schaue selbst sehr gerne Radrennen. Mein erstes dürfte der Giro d’Italia 1998 gewesen sein, als Marco Pantani gewann. Damals war ich neun Jahre alt und habe mich in den Radsport verliebt.“
Welche Rundfahrten und Eintagesrennen findest du am interessantesten?
„Als Italiener nenne ich natürlich den Giro d’Italia. Ich denke, von allen drei großen Landesrundfahrten ist der Giro die aufregendste. Dort kannst du Überraschungen erleben, oder das Wetter sorgt für Spannung. Du bekommst außerdem tolle Landschaften präsentiert. Manchmal liegt auf den hohen Bergen sogar noch Schnee. Von den Eintagesrennen liebe ich natürlich Mailand – Sanremo. Aber ich würde trotzdem sagen, dass die Flandern-Rundfahrt der aufregendste Klassiker ist. Bei diesem Rennen sitze ich einfach nur auf dem Sofa und genieße es.“
Wie sieht dein nächstes großes Ziel aus?
„Ein großes Ziel ist Mailand – Sanremo. Es sieht so aus, als wäre dies eines der ersten Rennen des neuen Kalenders. Es wird also nicht einfach, aber ich werde zu 100 Prozent mein Bestes geben, um mich mit dem Team dort in Topform zu präsentieren. Bei der Tour de France habe ich erst eine Etappe gewonnen und es war einfach unglaublich. Das möchte ich in den kommenden Jahren auf jeden Fall noch einmal erleben. In der nächsten Saison sind dann auch noch die Olympischen Spiele. Das ist auch noch eines meiner Hauptziele.“
Welche Tipps kannst du an junge Nachwuchsfahrer weitergeben?
„Ich denke wirklich, dass es in Zukunft eine der wichtigsten Aufgaben ist, sich gut um die jungen Fahrer zu kümmern. Ich kann nur sagen: Genießt eure Zeit auf dem Rad, so lange ihr jung seid und bevor es – vielleicht mit 17 oder 18 Jahren – wirklich professionell wird. Habt Spaß am Radfahren und seht es nicht zu verbissen.“