Test: Mit den Sonic E-MTBs geht Bulls neue Wege. Die Plattform ist eigens auf die Erfordernisse des Zusatzantriebs zugeschnitten, was sich in vielen kleinen und großen Details zeigt. Mit dem Bulls Sonic EVO AM1 hat sich Velomotion eines der Einsteigermodelle angeschaut, das schon fast sensationell viel Technik bietet.
Noch vor zehn Jahren fragte man sich angesichts der ersten E-MTBs, wofür man beim Mountainbiking einen Motor bräuchte. Doch das war in einer anderen Ära. Zunächst waren es die Offroad-Tourenfahrer, die die Reize des Zusatzantriebs für sich entdeckten, in den letzten zwei, drei Jahren stiegen auch zunehmend ambitionierte Fahrer vom „Bio-Bike“ auf das E-MTB um. Die Vorteile sind dank innovativer Umsetzung seitens einiger Hersteller unbestritten. Mit den neuen Möglichkeiten – längere Touren, einfacheres Bergauffahren auch mit viel Federweg – wuchsen auch die Ansprüche der Offroad-Fahrer an die Industrie: Wurden eingangs bestehende Konzepte und Geometrien einfach „elektrifiziert“, setzte sich irgendwann die Erkenntnis durch, dass ein zeitgemäßes E-MTB von Grund auf neu konzipiert werden müsste.
Bulls Sonic EVO AM1: E-Mountainbike durch und durch
Bei Bulls heißt die Frucht dieser Erkenntnis Sonic EVO – ein Bike, das technisch und optisch neue Wege geht. „Wir erleben den Mountainbike-Sport noch einmal in einer völlig neuen Dimension“, so Marc Faude, Entwickler beim Radhersteller Bulls, und genau darauf ist das innovative Fully zugeschnitten. Die Antriebskraft der aktuellen Motorengeneration hat zu neuen Konstruktionsweisen geführt, was man beim Sonic besonders im Bereich des Steuerrohrs bzw. des Gabelschafts erkennt. Maximale Verwindungssteifigkeit einerseits und eine optimale Anbindung des Steuerrohrs an das breite Unterrohr mit dem Intube-Akku erfordern eine neue Dimensionierung. Am Sonic kommt daher eine Federgabel mit satten 1,8 Zoll messendem Schaftrohr zum Einsatz, die in einem ebenfalls groß dimensionierten Steuerkopfbereich montiert ist. So wird man einerseits der hohen Antriebsleitung gerecht, andererseits können Rahmen und Gabel hohe Bremskräfte optimal verdauen – von der harmonischen Optik ganz zu schweigen.
Neue Wege geht Bulls auch bei der Integration der Batterie im Rahmen: Sie wird im 45°-Winkel nach oben entnommen, was einerseits bequem ist; andererseits aber Kompromisse bei der Rahmenform unnötig macht. Beim Sonic fällt das kompakte Rahmendreieck auf, noch mehr aber der fließende Übergang vom Oberrohr zum Hinterbau; der senkrecht stehende Dämpfer der Schwinge ist stört diese Formgebung nicht und kitzelt aus dem klassischen Viergelenker-Hinterbau 150 mm Federweg heraus. Das komfortabel per Luftdruck anpassbare Fahrwerk findet eine gelungene Balance zwischen Komfort und Sportlichkeit und dürfte damit vielen Fahrern gut gefallen. Ein Vorteil gegenüber unmotorisierten Bikes ist, dass kaum Rücksicht auf eventuelles Wippen genommen werden muss – mit dem E-MTB muss man schließlich nicht im Wiegetritt fahren, Vortriebskraft ist dank Bosch-CX-Motor im Überfluss vorhanden.
Während bis vor ein paar Jahren das sportliche, straff gefederte Touren-MTB den Ton angab, ist heute das Trailbike federführend. Moderne Mountainbikes sind handlicher und verspielter; die Sitzposition ist aufrechter geworden, die Federwege länger. Beim Bulls Sonic zeigt sich das sehr deutlich am Cockpit. Der Lenkwinkel ist flach, was bei hohem Tempo für sicheren Geradeauslauf sorgt; der angenehm kurze Vorbau „The Frog“ (eine Sonderkonstruktion, die optisch sehr schön zum groß dimensionierten Steuerrohr passt) stellt sicher, dass sich das Bike dennoch mit leichter Hand steuern lässt und die für verwinkelte Trails nötige Agilität aufweist. In dieselbe Richtung zielt auch der Laufradmix des Sonic: Das 29-Zoll-Vorderrad erhöht die Laufruhe und rollt dynamischer über Unebenheiten hinweg; der 27,5-Zöller hinten erlaubt einen kürzeren Hinterbau und damit mehr Wendigkeit. Und noch etwas kommt hinzu: Mit größerem Volumen bietet der Hinterreifen bei angepasstem Luftdruck bessere Traktion, wodurch das hohe Drehmoment des Bosch Performance CX optimal auf den Trail gebracht werden kann.
Ausstattung
Rahmen | Sonic Aluminium |
Federgabel | Bulls Lytro 34 Air 1.8 |
Antrieb | Bosch Performance CX |
Akku | 500 Wh / 625 Wh |
Dämpfer | SR Suntour Edge R |
Laufräder | Bulls 30mm Felgen / Shimano MT400 Naben |
Reifen VR | Schwalbe Magic Mary Addix Soft |
Reifen HR | Schwalbe Hans Dampf Addix SpeedGrip |
Schaltwerk | Sram SX Eagle |
Schalthebel | Sram EX Eagle |
Kurbel | Sram |
Umwerfer | Ohne |
Bremse | Shimano MT420 |
Bremsscheiben | Shimano 203 / 180 mm |
Sattelstütze | Limotec Alpha 1 |
Sattel | Selle Royal Vivo |
Vorbau | Bulls The Frog |
Lenker | Bulls Riser |
Zur Downhill-Performance des Bulls gehört die versenkbare Sattelstütze. So bekommt man auf dem Trail die hilfreiche Bewegungsfreiheit auf dem Rad, um das Gewicht entsprechend der Gegebenheiten zu verlagern; auch das Auf- und Absteigen fällt mit der Dropper-Post leichter.
„Wir sind getrieben von den Mountainbikern dort draußen, die einen neuen Sport für sich entdeckt haben“, sagt Entwickler Marc Faude – und dass Bulls damit nicht nur die absoluten Cracks meint, zeigt gerade das Sonic EVO AM 1. Während das Topmodell der Baureihe an der 9.000-Euro-Marke kratzt, ist das AM 1 bereits für schlanke 4.100 Euro verfügbar – nur ein paar Hunderter mehr als ein solides E-Trekkingbike. Und dabei ist das Alu-Fully keineswegs spartanisch ausgestattet: Zu den beschriebenen Features kommt eine Sram-Zwölfgangschaltung; das kompakte Purion-Display des Bosch-Antriebs ist völlig ausreichend, zumal viele Biker heute ohnehin mit einem GPS-Radcomputer am Lenker fahren. Kein Wunder also, dass immer mehr Menschen den MTB-Sport für sich entdecken – auf auch für Einsteiger erschwinglichem Material, das vor zehn Jahren noch den absoluten Cracks vorbehalten gewesen wäre.