Test Bulls Harrier 3: Der preiswerte Alu-Renner bietet sich nicht nur als Einsteiger-Rad an. Ein solider Rahmen, zeitgemäße Komponenten und moderne Anbaustandards sprechen für langjährige Nutzung, zumal man das Bulls mit einfachen Nachrüst-Maßnahmen deutlich aufwerten kann.
Athleten aus den unterschiedlichsten Disziplinen nutzen das Rennrad zum Ausdauertraining, und der Weg vom Ausgleichs- zum Wettkampfsport ist dann oft nicht sehr weit. Was umso mehr gilt, wo eine saisonale Disziplin ausgeübt wird – im Alpenraum etwa der Skilanglauf.
Nehmen wir den bald 14-jährigen Johannes, der dort im Deutschland Cup bereits Top-Ten-Platzierungen holen konnte. Um auch im Sommer etwas zu tun zu haben, schloss sich der Spross einer sportbegeisterten Familie probehalber der Triathlon-Mannschaft seiner Schule an, mit der er gleich Bayerischer Vizemeister wurde – logisch, dass damit die Begeisterung für den Radsport geweckt war. Dem Reglement gemäß war der Achtklässler allerdings mit dem MTB unterwegs; ein richtiges Straßenrad ist den älteren Jahrgängen vorbehalten. Doch nun steht der Geburtstag vor der Tür – und Johannes’ größter Wunsch ist ein Rennrad.
Rennrad statt Spielekonsole
Das ist erst einmal eine gute Sache, denn viele Gleichalterige träumen eher von einer neuen Spielekonsole. Doch anders als dort, wo die Kids meist genau wissen, was sie wollen, ist „Rennrad“ ein dehnbarer Begriff: Die Modellvielfalt ist unüberschaubar, das Preisspektrum reicht von drei- bis zu fünfstelligen Summen. Dazu kommt ein florierender Gebrauchtmarkt, auf dem sich zunehmend professionelle Anbieter tummeln, die geprüfte Second-Hand-Bikes mit Garantie anbieten. Und noch etwas bietet sich heute an: das Gravelbike, das je nach Auslegung nah am Rennrad ist, aber über einen deutlich größeren Einsatzbereich verfügt. Für Johannes kam diese Variante allerdings nicht in Frage – er wollte ein wirklich sportliches Bike mit der entsprechenden Optik.
Wer sich selbst nicht so gut auskennt und nicht auf vertrauensvolle Beratung im Freundeskreis hoffen kann, fühlt sich da schnell überfordert. Und dann hilft nur eins: der Gang zum örtlichen Fachhändler, sofern dieser über ein entsprechendes Sortiment verfügt. Wobei man sich vorab natürlich Gedanken über Budget und Einsatzbereich machen sollte.
Auf aktuelle Montagestandards achten!
Was muss ein Einsteiger-Rennrad kosten? Bei Fachhandelsmarken wie Versandhändlern ist man ab etwa 1.400 Euro dabei. Jedenfalls, wenn man zeitgemäßes Material will, was heute Scheibenbremsen und 2×11 Gänge und moderne Standards wie Steckachsen heißt. Klar kann man auch ein einfacheres Modell wählen, allerdings sollte man von Anfang an an den Weiterverkauf denken – etwa weil das Bike dem Junior zu klein geworden ist oder weil die Ansprüche gestiegen sind. Ein Rennrad, das bereits heute nicht mehr auf dem aktuellen Stand ist, dürfte man in zwei oder drei Jahren kaum noch loswerden.
Apropos „zu klein“ – die richtige Größe ist natürlich auch ein wichtiger Aspekt. Gerade am Gebrauchtmarkt könnte man angesichts eines interessanten Preises auf die Idee kommen, hier Kompromisse zu machen, doch das ist keine gute Idee. Klüger ist es, sich im Radgeschäft beraten zu lassen und unterschiedliche Rahmenhöhen auszuprobieren. Vergessen darf man dabei auch nicht, dass es unterschiedliche Sitzgeometrien gibt – vom Endurance-Renner mit etwas aufrechterer Haltung bis zum reinen Racebike mit extrem tiefem Lenker. Und gerade ersteres ist für den Einstieg interessant, da man hier ein bisschen mit der Größe tricksen kann.
Bulls Harrier 3: Sitzgeometrie zum „Mitwachsen“
So bietet sich die eher kompakte Geometrie eines Renners wie des Bulls Harrier Disc 3 vorzüglich dazu an, die Nutzungsdauer zu verlängern. Beim Endurance-Rad der Kölner Marke ist das Oberrohr nicht allzu lang; wird das Rad eine Nummer zu groß gekauft, ist zwar die Sattelstütze erst einmal ziemlich tief im Rahmen, allzu gestreckt sitzt man aber nicht. Bei Nachwuchs-Radsportler Johannes sieht man das sehr schön: Selbst in Unterlenkerhaltung hockt er kompakt auf dem Rad und hat alles gut unter Kontrolle. Wird der Junge größer, kann der Sattel nach oben und der Lenker nach unten wandern – unterm Vorbau sitzen nämlich noch diverse Spacer, die entfernt werden können. Und falls Johannes richtig in die Länge schießt, gibt die Geometrie auch einen längeren Vorbau her.
Nachrüst-Tipp: ein leichter Laufradsatz
Damit eignet sich die Kölner Rennmaschine schon mal gut für Nachwuchskräfte – wie sieht es aber mit der Ausstattung aus? Bulls verbaut die Shimano 105 R7000 mit 2×11 Gängen, also kein topaktuelles Material. Sehr gut funktionieren tut freilich auch diese Gruppe; auf den zwölften Gang kann man getrost verzichten. Wichtiger ist, dass hydraulische Scheibenbremsen an Bord sind und Vorder- wie Hinterrad von Steckachsen gehalten werden. Damit ist das Harrier auch in den kommenden Jahren für das Um- und Nachrüsten von Komponenten gerüstet. Das bezieht sich zum Beispiel auf die soliden, aber mit rund zwei Kilo recht schweren Shimano-Laufräder: Wird irgendwann man ein Wettkampf-Radsatz angeschafft, ist das Bulls gleich mal 500 Gramm leichter.
Wie in der Preisklasse um 2.000 Euro üblich, kombiniert Bulls einen Aluminiumrahmen mit einer Carbongabel. Schaltzüge und Bremsleitung verlaufen im Rahmen, die vordere Leitung allerdings außen, was etwas unschön ist. Abgesehen davon gefällt das Rad mit seiner modernen Silhouette – und ohnehin dürften sich junge Rennrad-Fans nicht an solchen Details stören. Denn im Gegensatz zum alten Mountainbike erlebte Johannes mit seinem Testrad ungeahnte Beschleunigung dank des steifen Rahmens und Handlichkeit in allen Fahrsituationen trotz der rund zehn Kilo Gewicht. Auf seinen Schwalbe-Reifen rollt der Renner sehr leichtfüßig, und am Ende kommt einem der Gedanke, dass Bulls Harrier 3 durchaus mehr ist als ein Einsteiger-Rennrad.
Was jetzt noch fehlt? Radschuhe natürlich und ein passendes Outfit samt Helm und Schutzbrille. Hose und Trikot steuert Bulls bei, und die profimäßig weißen Schuhe tragen das Shimano-Logo. Auch für diese Produkte muss man keine Unsummen ausgeben – und wenn es das komplette Paket zum Geburtstag gibt, kann man es sich ja aufteilen.