Test: Schon ein Vierteljahrhundert am Markt ist die legendäre Rohloff-Nabe. Am HNF Nicolai XD4 zeigt sich das unverwüstliche Getriebe in Bestform – dank moderner Elektronik und Vernetzung mit dem aktuellen Bosch-CX-Antrieb der neuesten Generation. Velomotion hat sich das topmoderne E-SUB genauer angeschaut.
Nicolai, der legendäre Rahmenbauer und Hersteller von Highend-Mountainbikes, setzte schon vor rund 20 Jahren auf die Rohloff-Schaltung und gehörte damit zu den wenigen Firmen der Branche, die die 14-Gang-Getriebenabe ihrer Bestimmung gemäß einsetzten. Schließlich war die innovative Nabenschaltung einst speziell für MTBs entwickelt worden, um eine bedienungsfreundliche und robuste Alternative zu den damals üblichen 3×6- bis 3×8-Kettenschaltungen zu bieten. So richtig groß raus kam das Getriebe dann freilich beim Trekking- und Reiserad, wo Fahrleistungen im sechsstelligen Bereich vermeldet wurden. Würde es einen Preis für die eine langlebigste Fahrrad-Komponente geben – die Rohloff Speedhub 500/14 hätte ihn verdient.
Bewährte Mechanik und topmoderne Elektronik
Mit einem E-SUV wie dem HNF Nicolai XD4 schließt sich der Kreis. Gut 25 Jahre nach ihrer Entwicklung hat die Rohloff-Getriebenabe am Elektrorad vielleicht einen Platz gefunden, am dem sie all ihre Vorzüge ausspielen kann, ohne dass ihre wenigen Nachteile eine Rolle spielen – zumal in der neuen Variante mit elektronischer Ansteuerung.
Zahlreiche Mountainbike-Merkmale
Doch dazu später mehr – erst einmal zum Rad selbst. Das XD4 bringt mit seinem kantigen Alu-Rahmen, 120-mm-Luftfedergabel, Vierkolben-Bremssattel vorne und 27,5-Zoll-Bereifung schon in der Basisversion ziemlich viel Mountainbike ans Touren- und Alltagsrad und ist damit durchaus beispielhaft für die Gattung des E-SUV oder besser E-SUB: „Sport Utility Bicycle“. Alles an diesem Bike strahlt Solidität aus, von den Alu-Schutzblechen über den Träger mit integriertem Bremsrücklicht zum kurzen Vorbau mit integrierten Leitungen. Typisch MTB ist die Rahmengeometrie mit sehr flachem Lenkwinkel und steilem Sitzwinkel, wobei letzterer für ein Tourenbike fast etwas zu extrem ausfällt – eine Parallelogramm-Sattelstütze könnte die nach vorne orientierte Sitzposition etwas entschärfen. Die Oberkörperhaltung ist angenehm aufrecht und kann durch den winkelverstellbaren Vorbau noch angepasst werden, die ergonomischen Griffe und der nicht zu weiche Sattel sind rundum bequem.
Starker Motor, großer Akku
Vom E-MTB stammt auch der Antrieb – ohne Bosch Performance Line CX geht es beim E-SUV nicht. Über die rundum überzeugenden Leistungen des drehmomentstarken Aggregats muss man nicht mehr viele Worte verlieren: Kombiniert mit 625-Wattstunden-Akku ist er ebenso vortriebsstark wie ausdauernd, und das unabhängig von Steigung und Terrain. Dazu bringt das Bosch-System interessante Konnektivitäts-Optionen ins Spiel, womit wir wieder bei der Rohloff-Getriebenabe gelandet wären. Diese gibt es inzwischen ja auch mit elektronischer Ansteuerung, was das Schalten im Vergleich zum dreieckigen Drehgriff mit seinem recht großen Weg bereits deutlich komfortabler machte.
Schaltkomfort durch elektronische Ansteuerung
Doch das E-14-Getriebe kann nun mit dem Motor kommunizieren, und damit ist der eine Stolperstein beseitigt, der die Kombination aus Rohloff und E-Bike bisher prägte. Die Nabe manuell zu schalten erforderte nämlich, gezielt Druck vom Pedal zu nehmen, was wiederum den Motor zum Abregeln animierte. Beim Schalten ging also immer für einen kurzen Moment Vortrieb verloren. Nun jedoch optimiert die Antriebselektronik das Zusammenspiel von Schaltung und Motor, und es dauert nur Sekundenbruchteile, bis der Gang gewechselt ist. So schaltet und fährt es sich deutlich geschmeidiger, und das 14-Gang-Getriebe kann seine enorme Robustheit voll ausspielen, dank der es leicht mit den vereinten Kräften von Fahrer und Antrieb fertig wird. Übertragen werden diese selbstverständlich von einem Zahnriemen – von der Kettenproduktion hat sich Rohloff (nach Siegen bei der Tour de France) längst verabschiedet.
Die etwas höhere Masse, die der Getriebenabe oft angekreidet wurde, ist am Elektrorad natürlich kein Thema mehr. Ein Gewicht um 28 Kilo ist fürs E-SUB normal, und was einzelne Komponenten dazu beitragen, interessiert niemanden mehr – Hauptsache, die Funktion stimmt, und das trifft im Falle des XD4 auf alle Bauteile zu. Die Bordelektronik mit dem mittig angeordneten Nyon-Farbdisplay kann natürlich noch mehr als nur schalten. Bluetooth- und WLAN-Schnittstelle sorgen für vielseitige Konnektivität; der Bildschirm kann individuell konfiguriert werden und auch ein Navigationssystem ist installiert.
Vernetzter Fahrspaß
Keine Frage, E-Biken ist heutzutage eine multimediale Aktivität, bei der es ohne App und Vernetzung kaum zu gehen scheint. Umso erfreulicher ist es da, an einem Rad wie dem HNF Nicolai XD4 das Zusammenspiel jahrzehntelang bewährter Feinmechanik mit modernster Elektronik zu erleben. Letztere mag die Zukunft der Fahrradtechnik sein, doch mechanische Highend-Komponenten wie das Rohloff-Getriebe sind immer noch das Fundament eines soliden Fahrrades, ob mit oder ohne Motor.