Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll – letzte Woche war so viel los. Vielleicht ist das aber Thema für einen anderen Blog-Eintrag.
In den heurigen Ötzi startete ich jedenfalls top motiviert, aber auch gehandicapt durch eine Entzündung im Knie, die mich die letzten Tage gequält hatte. Vor dem Start war ich heute erstmals schmerzfrei und betete, dass dies auch so bleiben soll. Noch nie war der Ötzi so stark besetzt und vor allem die Italiener waren heiß auf die Titelverteidigung durch Roberto Cunico. Am Start war es trocken und relativ warm. Selten war es so hektisch bis Ötz, allerdings musste ich mich aber auch ausziehen und bis zur Abzweigung kam ich gerade noch weit genug nach vorne.
Das Kühtai lief gut für mich – unten rein ergriffen Werner Weiss (ITA/Veloclub) und Carlo Muraro (ITA/Beraldo) die Flucht – das Feld fuhr konstantes Tempo und ich kam gut mit, wenn auch nicht schmerzfrei – aber immerhin. Am Kühtai verlor ich etwas den Anschluss, doch zum Glück kam ich bis Kematen wieder heran und hatte in der 30-Mann-Gruppe mit allen Favoriten Zeit für’s 2. Frühstück und zum Ausziehen. Am Brenner sprangen mit Zanetti (ITA/Veloclub), Manuel Schreiber (AUT) und Bart Bury (BEL) drei Fahrer nach vorne, während von hinten viele wieder den Anschluss fanden.
Besonders Ludewig war sehr nervös und Beraldo musste nicht einen Meter im Wind fahren. Man hatte das Gefühl, das halbe Feld waren Italiener, die alle für Cunico fuhren. Auf den letzten Rampen am Brenner wurde dann richtig ernst gemacht – ich am Klemmen, das Knie an der Belastungsgrenze. Danach aber wieder ruhig und entspannt bis zur Einfahrt Jaufen.
Es dauerte keine 500 Meter, da ballerte Cunico schon zum ersten Mal weg – Nösig und 10 Italiener hinten dran, ich am Limit, kam aber wieder ran, dann kurze Pause und zweiter Cunico-Angriff – keiner dran, wieder abgestellt. Cunicos dritter Streich war dann der entscheidende – nicht ein einziger versuchte zu folgen – ab da ein einsames Rennen für den kleinen Mann aus der Beraldo-Mannschaft. Dahinter ein harter Fight in der Verfolgergruppe, die bald nur noch aus 9 Fahrern bestand.
Nösig, Rubisoier, Ludewig und ich – der Rest Italiener! Es war sehr unrhythmisch und kostete viel Kraft, die ständigen Attacken mitzugehen – ich war komplett am Limit, musste oben auch fast reißen lassen. Aber ich fühlte mich gut – die anderen litten genauso und wir hatten bis auf Zanetti auch schon alle Ausreißer gestellt. In der nebeligen Abfahrt vom Jaufen war ich sofort wieder vorne und an allen vorbei – nichts hätte ich lieber getan, als voll durchgezogen und mir mit Cunico ein Fernduell um den Sieg geliefert – ich war richtig heiß!
Doch mein Knie spielte nicht mit! Die hohe Belastung am Kurvenausgang war nicht möglich, erste Krämpfe und Schmerzen waren die Folge. Ich fühlte mich wie ein Vogel mit gestutzten Flügeln. So fuhr ich gezwungenermaßen gemütlich runter – die Gruppe im Schlepptau.
Eingang Timmelsjoch hatte ich richtig Mühe, wieder in Tritt zu kommen, doch ab Moos lief es wieder und ich war fast stolz, immer noch in dieser prominent besetzten Gruppe zu sitzen, nachdem ich letztes Jahr kurz vor Moos reißen lassen hatte müssen. Ab Moos zogen die Italiener richtig an, die Gruppe zerfiel und vorne waren noch Nösig (AUT/Sporthütte), Bertuola (ITA/Beraldo), Lombardi Tiziano (ITA/Vloclub), Tommaso Elittrico (ITA/Calcagni) und ich.
Cunico lag vier Minuten voraus, Zanetti nur noch eine, also leichte Beute! Noch vor dem Flachstück verlor Elittrico den Anschluss, Manu und ich klemmten an der letzten Rille hinter den beiden anderen Italienern. Im Flachen dann kurze Erholung, Labe Schönau und kurze Absprache zwischen mir und Manu, wie wir eventuell die beiden Italiener klein kriegen könnten. So lange wie möglich dran bleiben und ab den Tunnel Zermürbungsangriffe waren unser Rezept, doch soweit mussten wir erst einmal kommen.
Bei mir lief es immer besser und so fühlte ich den Italienern nach dem Gasthof Hochfirst mal ordentlich auf den Zahn – mit Manu am Hinterrad natürlich. Zu meiner großen Überraschung war Bertuola sofort weg, doch Tiziano war sehr stark – er konterte meinen Angriff und ab da war´s nur noch eine Qual für mich! Ich klebte an seinem Hinterrad, während Manu leider wenig später reißen lassen musste. Zanetti war längst überholt – der Fight um das Podium in vollem Gange.
Immer wieder bekamen wir von Othmar Peer und der Rennleitung die Infos, mir war aber alles egal, das Hinterrad von Tiziano war das einzige, was mich interessierte und der Abstand zu Manu, der hinter uns her war wie eine Dampflok und sich nicht geschlagen gab. Tizino fuhr alles von vorne, ich am Anschlag – Manu mit 30 Sekunden dahinter. Ab dem Tunnel war es aber vorbei mit dem drahtigen Tiziano, er kam mir nicht über’s Rad und so zog ich ihm in der Abfahrt davon. Am Gegenanstieg dann alles oder nichts – Tiziano dahinter am Verzweifeln und genau wie ich es wollte: ein gefundenes Fressen für den heranstürmenden Manuel.
Ich war total überwältigt von der Rennsituation hinunter bis Zwieselstein, natürlich am Limit – viel war nicht mehr drin und die Beine einfach tot. Ich konnte es kaum glauben, aber Emanuel holte sogar mich noch ein! Er hämmerte an mir vorbei, wartete aber auf mich und ich genoss die Einfahrt nach Sölden an seinem Hinterrad! Natürlich gab es keinen Sprint zwischen uns, ob zweiter oder dritter spielte für mich absolut keine Rolle und Manuel hatte es mehr als verdient für die vielen Helferdienste, die er uns sein Sporthütteteam mir in den letzten Jahren geleistet haben!
Für mich war es ein überwältigendes Erlebnis und der 3. Platz fühlt sich an wie ein Sieg! Wenn ich an die letzte Woche denke, die Eurobike, den Infostand am Ötztaler, die Nachtschichten meines Physiotherapeuten Patrick Grassnig und seines Ärzteteams, um mich überhaupt schmerzfrei an den Start zu bringen – einfach nur genial! Auch meinem Team, den Sponsoren, Helfern und allen, die mich angefeuert und unterstützt haben ein riesiges Dankeschön! Ihr wart meine Motivation für heute – ich bin überglücklich für euch diese Leistung erbracht zu haben!