Radsport: Insgesamt 16 Fahrer aus Deutschland, der Schweiz und Österreich werden – laut aktueller Startliste – 2023 beim Giro d’Italia an den Start gehen. Wir schauen uns deren Situation etwas genauer an und philosophieren über die möglichen Aufgaben und Ziele.
Ackermann & Küng jagen nach Etappensiegen
Zugegeben: Die deutschsprachigen Fahrer sind auch in diesem Jahr beim Giro d’Italia größtenteils in der Helferrolle wiederzufinden. Zwei Profis jedoch gehen als glasklare Siegfahrer an den Start. Stefan Küng (Groupama – FDJ) soll für seine französische Mannschaft in den beiden flachen Zeitfahren für Erfolge sorgen. Leicht wird es für den Schweizer aber nicht, denn er trifft auf keinen geringeren als den Italiener Filippo Ganna (Ineos Grenadiers). Gemeinsam mit seinem Landsmann Fabian Lienhard (Groupama – FDJ) soll Küng außerdem Kapitän Thibaut Pinot unterstützen. Auf Flachetappen – und somit bei möglichen Massensprints – wird wohl Jake Stewart die Kapitänsrolle inne haben. Der Brite trifft dort unter anderem auf Pascal Ackermann (UAE). Denn der Deutsche bekommt in seiner Mannschaft für die Sprintentscheidungen die nötige Hilfe. Bestenfalls soll er seine Ausbeute von 2019 wiederholen, als er beim Giro d’Italia zwei Etappen gewann.
4 Deutsche fahren ihre erste Grand Tour
Ganz besonders aufgeregt sein dürften an diesen Tagen vier deutsche Fahrer, die für ihre erste Grand Tour nominiert wurden. Michel Heßmann (Jumbo – Visma) darf die dreiwöchige Rundfahrt direkt in einem Favoriten-Team bestreiten. An der Seite seiner Teamkollegen soll der 22-Jährige dafür sorgen, dass Kapitän Primoz Roglic die Rundfahrt gewinnen kann. In den Bergen wird er dabei aber eher selten zu sehen sein. Denn sein Fachbereich ist eher die Ebene. Gleich drei deutsche Neulinge schickt eine niederländische Mannschaft an den Start: Niklas Märkl (DSM), Marius Mayrhofer (DSM) und Florian Stork (DSM) dürften dabei sogar einige Freiräume erhalten. Denn die Teamleitung hat keinen klaren Kapitän nominiert. Sicher ist aber, dass die Massensprints für den Italiener Alberto Dainese angefahren werden. Im Hochgebirge hofft man auf den Durchbruch des Norwegers Andreas Leknessund. Da beide Kapitäne aber wohl nicht zu den Favoriten zu zählen sind, werden wir die drei Deutschen bestimmt hin und wieder in einer Fluchtgruppe zu Gesicht bekommen.
Kann Kämna Grand Tour?
Bei Bora – hansgrohe steht man in diesem Jahr vor einer ganz besonderen Aufgabe. Als Titelverteidiger, aber ohne DEN Titelverteidiger Jai Hindley, geht der Raublinger Rennstall an den Start. Mit Aleksander Vlasov versucht man in der Gesamtwertung aufs Podium zu fahren. Als Co-Kapitän fungieren soll erstmals Lennard Kämna. Der mittlerweile 26-jährige Deutsche hat es sich selbst gewünscht, den Versuch als Klassementfahrer anzugehen. Ihm zur Seite stehen werden in den Bergen vor allem sein Landsmann Anton Palzer und Patrick Konrad aus Österreich. Neu im Team seit dieser Saison ist Nico Denz. Auch er wird für seine Kapitäne da sein, aber hin und wieder auch seine Freiheiten genießen dürfen. Während wir ihn wohl eher in der Ebene und auf leicht hügeligem Terrain in der Ausreißergruppe zu sehen bekommen, darf Patrick Konrad seinen Freifahrtsschein wohl im Hochgebirge zücken. Sollte die „Mission Gesamtwertung“ bei Lennard Kämna frühzeitig scheitern, wird auch er zum heißen Kandidat für einen Etappensieg in der letzten Woche. Denn diese ist wie gewohnt beim Giro d’Italia äußerst anspruchsvoll.
Wichtige Helfer in internationalen Teams
Weitere deutschsprachige Fahrer finden wir in einigen internationalen Mannschaften. Der Deutsche Alexander Krieger (Alpecin – Deceuninck) ist ein wichtiger Mann im Sprintzug seines Teams. Für den Australier Kaden Groves soll er das Tempo in der entscheidenden Phase hochhalten und ihn bestmöglich in Position bringen. Die gleiche Aufgabe hat Landsmann Max Kanter (Movistar) für seinen kolumbianischen Kapitän Fernando Gaviria. Sechs Jahre ist es her, als Lukas Pöstlberger (Jayco – AlUla), damals noch im Trikot von Bora – hansgrohe, auf der ersten Etappe des Giro d’Italia das Rosa Trikot erobert hat. Diesmal wird ihm dies wohl nicht gelingen, denn der Österreicher wird seinem australischen Teamkollegen Michael Matthews zuarbeiten müssen. Trotzdem bekommt er sicherlich auch einmal die Möglichkeit, in eine Gruppe zu gehen. Ebenso wie Jasha Sütterlin (Bahrain – Victorious) aus Deutschland. Er hat keinen Sprinter in seinem Team, dafür aber zahlreiche starke Kletterer, die es zu unterstützen gilt. Der Italiener Damiano Caruso hat ebenso das Zeug für die Top 10, wie der Kolumbianer Santiago Buitrago und der Australier Jack Haig. Und auch den Schweizer Gino Mäder (Bahrain – Victorious) sollten wir nicht unterschätzen. Der 26-Jährige gewann vor zwei Jahren eine Etappe beim Giro d’Italia.