Test / E-Bike: Das Moustache J hat seit seiner Vorstellung auf der vergangenen Eurobike für viel Aufsehen gesorgt. Besonders im Fokus steht dabei die innovative Herstellung des Rahmens, die komplett in Frankreich erfolgt. Aber auch darüber hinaus hat der vollgefederte Tiefeinsteiger einiges zu bieten.
Das ohnehin bereits ausgesprochen umfangreiche E-Bike-Portfolio von Moustache wird mit dem J um ein Modell reicher. Das ausschließlich mit tiefem Durchstieg erhältliche Fully bringt 120 bzw. 115 mm Federweg mit und deckt mit seinen drei Grundvarianten ein großes Spektrum zwischen urbanem Alltagsbegleiter und komfortablem Offroad-Tourer ab.
Der Rahmen: Innovation aus Frankreich
Das herausstechende Merkmal des Moustache J ist ohne Zweifel sein Rahmen. Anders als bei üblichen Aluminiumrahmen, die aus verschiedenen Teilen zusammengeschweißt werden, setzt Moustache bei diesem Modell auf ein Gussverfahren. Der Rahmen besteht aus nur zwei Teilen ohne Schweißnähte, was eine Neuheit im Fahrradbereich darstellt.
Herstellungsprozess
Die Produktion findet komplett in Frankreich statt, von der Beschaffung des Aluminiums aus Frankreich und Italien bis hin zur Endfertigung. Das unterstreicht regionale Verbundenheit von Moustache und setzt auch Maßstäbe in puncto Nachhaltigkeit. Dazu passt auch die spezielle Pulverbeschichtung in drei Farben, die ohne die ansonsten üblichen Lösungsmittel auskommt.
Design und Gewicht
Optisch macht der Rahmen des Moustache J einiges her und unterscheidet sich deutlich von anderen E-Bikes. Organische Formen, keine Schweißnähte – aus der Entfernung betrachtet ähnelt er einem Carbonrahmen deutlich mehr als herkömmlichen Pendants aus Alu. Allerdings hat das innovative Gussverfahren auch seinen Preis: Das Gewicht des Rahmens ist durch die notwendigen dickeren Wandstärken höher als bei klassischen Aluminiumrahmen. Trotz Optimierungen, wie der Verwendung einer Wabenstruktur im Inneren zur Gewichtsreduktion, bleibt das Moustache J ein vergleichsweise schweres E-Bike. Unser J.All Testbike brachte doch deutlich über 30 kg auf die Waage und damit einige Kilo mehr als vergleichbar ausgestattete SUV E-Bikes mit traditionellem Rahmen. Leider sinkt damit auch die Zuladung des Bikes auf lediglich ca. 105 kg.
Grundkonzept
Das Moustache J ist als sportliches Tourenrad konzipiert, das sowohl für die Straße als auch für leichtes Gelände geeignet ist. Mit 120 mm Federweg vorne und 115 mm hinten bietet es mehr als genügend Reserven für die Alltag und auch den einen oder anderen schlechten Forstweg.
Verschiedene Varianten und Konfigurator
Moustache bietet das J E-Bike in drei Grundvarianten an: On, Off und All, die jeweils unterschiedliche Einsatzbereiche abdecken. Die On-Road-Version ist primär für den städtischen Einsatz konzipiert, während die Off-Road-Variante sich durch eine sportlichere Ausstattung mit Fokus auf Geländefahrten auszeichnet. Die All-Road-Version kombiniert Elemente beider Welten und positioniert sich als vielseitiges SUV-E-Bike. Um den unterschiedlichen Bedürfnissen und Vorlieben der Fahrer gerecht zu werden, hat Moustache einen Konfigurator auf seiner Webseite. Dieser ermöglicht es den Kunden, ihre Bikes individuell anzupassen, wobei die Auswahlmöglichkeiten hauptsächlich zwischen Ketten- und Nabenschaltung sowie verschiedenen Akkugrößen liegen. Eine Shimano 11-fach Kettenschaltung oder eine stufenlose Enviolo Nabenschaltung mit Riemenantrieb stehen zur Auswahl, wobei letztere eine wartungsarme und leise Alternative bietet. Dafür schlägt sie mit satten 800 Euro Aufpreis zu Buche.
Moustache J mit Antriebsschwinge
Ein interessantes Detail ist die Platzierung des Motors in der Antriebsschwinge statt im Hauptrahmen. Dies soll für eine effiziente Kraftübertragung sorgen, da der Antriebsstrang direkt mit dem Hinterrad verbunden ist. Dadurch geht beim Treten weniger Energie verloren, was sich in einer etwas besseren Reichweite niederschlagen dürfte. Der Nachteil dieser Bauweise ist jedoch, dass Kurbel und Motor zum ungefederten Teil des Bikes gehören. Wer sich also im Gelände auch mal vom Sattel erhebt, wird die Unebenheiten deutlich zu spüren bekommen.
Ausstattung
Im Test hatten wir das Moustache J.All mit dem 625 Wh Akku. Die sonstige Ausstattung umfasst eine Suntour Luftfedergabel und den hauseigenen Moustache Magic Grip Control Dämpfer. Die Bremsanlage stammt von Alhong, besteht aus eher schmächten Zwei-Kolben-Bremssätteln und kleinen 180 mm Scheiben vorn und hinten. Durchaus ungewöhnlich ist die Wahl des Antriebs: Das Bike wird vom Bosch Performance Line Motor angetrieben, der mit 75 Nm Drehmoment eine ausgewogene Mischung aus Kraft und Laufruhe bietet. Im Gegensatz zum stärkeren Bosch CX Motor, zeichnet sich der Performance Line durch geringere Lautstärke und ein natürlicheres Fahrgefühl aus, was besonders im Alltagsgebrauch vorteilhaft ist. Hinzu kommt das neue, große Kiox 500 Display in allen Ausstattungsvarianten.
Rahmen | J AlSi10Mg Aluminium |
Federgabel | SR Suntour XCR 34 Air |
Antrieb | Bosch Performance Line |
Akku | 625 Wh |
Laufräder | Moustache |
Reifen | Schwalbe Johnny Watts 2,6" |
Schaltwerk | Enviolo TR |
Schalthebel | Enviolo Pure |
Kurbel | Moustache Aluminium |
Umwerfer | Ohne |
Bremse | Alhonga HJ-472 180/180 |
Sattelstütze | Exa 900i Dropper 75mm |
Sattel | Selle Royal Essenza Moderate |
Vorbau | Moustache Alloy, verstellbar |
Lenker | Moustache |
Preisgestaltung und Konfigurationsmöglichkeiten
Die Preisspanne des Moustache J beginnt bei 5.199 Euro und kann je nach gewählter Konfiguration bis zu 6.399 Euro erreichen. Der signifikanteste Preistreiber ist die Wahl der Schaltung, wobei die Enviolo Nabenschaltung einen Aufpreis von 800 Euro gegenüber der Shimano Kettenschaltung verursacht. Kunden können auch zwischen einem 500-Wh- und einem 625-Wh-Akku wählen (+ 200 Euro). Eine größere Akkukapazität von 750 Wh ist aufgrund von Platzbeschränkungen im Rahmen leider nicht verfügbar.
Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, einen alternativen Gepäckträger zu wählen. Dieser ist am Hauptrahmen befestigt, damit vor Erschütterung geschützt und bietet mehr Platz als der Standard-Träger. Dafür schlägt er auch mit 200 Euro Aufpreis zu Buche.
Das Moustache J All in der Praxis
In der Praxis kann das Moustache J dann vor allem durch seinen sehr hohen Komfort bei gemütlicher Gangart überzeugen. Das Fahrwerk lässt das Bike über schlechte Radwege und leichte Forststraßen gleiten und dürfte damit sehr viele Tourenfahrer glücklich machen. Wagt man sich auf echte Trails, kommt das Bike jedoch schnell an seine Grenzen, auch wegen der hier limitierenden, ungefederten Antriebsschwinge.
Die in unserer Konfiguration verbaute Enviolo Nabenschaltung zeigte im Test Licht und Schatten: Da wären einerseits ihr hoher Schaltkomfort und der sorglose Betrieb in Verbindung mit dem Carbonriemen. Andererseits schränkt ihre vergleichsweise kleine Bandbreite das Einsatzgebiet etwas ein, gerade auch in Kombination mit dem etwas schwächeren Performance Line Motor geht dem J bei großen Steigungen recht schnell die Puste aus. Auch die Ergonomie des Drehgriffs ist unserer Ansicht nach nicht optimal. Wer also in hügeligen Regionen wohnt oder einen Begleiter für die Berge sucht, sollte lieber zur günstigeren Kettenschaltung greifen.
Die Entscheidung für den Bosch Performance Line Motor erweist sich in den meisten Situationen überdies als goldrichtig: Leiser, harmonischer und natürlicher als der CX, da ist der kleine Leistungsunterschied dann zu verschmerzen.
Positiv überrascht waren wir von der sehr angenehmen Ergonomie des Bikes: Überrascht deshalb, da der Rahmen des J nur in einer Größe verfügbar ist – die bestellbaren Größen beziehen sich nur auf die Länge der verbauten Sattelstütze; doch auch bei 1,87m war das J noch angenehm zu fahren. Zu beachten gilt es jedoch ganz unabhängig davon, dass der Durchstieg des Bikes für einen Tiefeinsteiger sehr hoch ausfällt. Dies sollte man gegebenenfalls vor dem Kauf ausprobieren.