Radsport: Alexander Foliforov (Gazprom-Rusvelo) hat heute für eine echte Überraschung gesorgt. Der junge Russe lag vor dem Start nur auf Rang 58 in der Gesamtwertung und wohl niemand hat ihm einen solchen Erfolg zugetraut. Er hat sich seine Kräfte perfekt eingeteilt, so dass es bei der Zwischenzeit zwar reihenweise bessere Fahrer gab, aber am Ende konnte nur Steven Kruijswijk (Lotto-NL Jumbo) mit ihm mithalten. Der Mann im Maglia Rosa legte fast die gleiche Zeit auf den Asphalt und baute damit seinen Vorsprung auf die Konkurrenten aus. Ein Debakel erlebte Vincenzo Nibali (Astana), der sowieso schon deutlich langsamer als Kruijswijk war und dann auch noch einen technischen Defekt erleiden musste.
Ein harter Kampf gegen die Uhr: Rund 30 Minuten bergauf
Das heutige 10,85 km lange Bergzeitfahren führte von Castelrotto hinauf zur Alpe di Siusi. Trotz der geringen Länge sollte diese Disziplin nicht unterschätzt werden, denn die letzten drei Male war der Sieger des Bergzeitfahrens auch der spätere Gesamtsieger des Giro d’Italia. Vor allem nach den sechs Dolomiten-Pässen am gestrigen Tage dürfte die Anstrengung einigen Fahrern noch in den Beinen gesteckt haben. Der 167. und damit Letzte in der Gesamtwertung, Jack Bobridge (Trek-Segafredo), eröffnete bereits um 13:30 das Rennen bei strahlendem Sonnenschein. Bis auf den Helm waren die meisten Fahrer auf normalen Straßenrennrädern für das Hochgebirge unterwegs. Nach 4,35 km wurde die einzige Zwischenzeit genommen und natürlich starteten die Fahrer wie gewohnt in der umgekehrten Reihenfolge der aktuellen Gesamtwertung, so dass die besten Berg- und Klassementfahrer erst zum Schluss von der Startrampe rollen sollten. Recht früh kam es zu einer Doppelführung des Teams Gazprom-Rusvelo durch Aleksey Rybalkin vor Artem Ovechkin, bevor das Team Sky ihnen mit Ian Boswell vor David Lopez den Rang ablief. Doch Gazprom-Rusvelo schlug zurück und setzte die ersten beiden wahren Richtzeiten: Alexander Foliforov war 30 Sekunden schneller als sein Teamkollege Sergey Firsanov. Dass es heute vor allem auf das Einteilen und Haushalten der Kräfte ankam beweisen die Unterschiede bei den Zeitmessungen. Rein Taaramäe (Katusha) war bei der Zwischenueit 17 Sekunden schneller als Foliforov, im Ziel lag er jedoch 1:17 Minuten zurück. Ähnliches ereilte auch Bob Jungels (Etixx-Quick Step), der nach 4,35 km 18 Sekunden vor Foliforov lag und sich im Ziel 1:04 Minuten dahinter einordnen musste. Auch die Tatsache, dass die ersten beiden Kilometer nahezu flach waren, könnte diese Zeitunterschiede erklären.
Foliforov und Kruijswijk feiern, Desaster für Nibali
Eine sehr große Enttäuschung musste Rigoberto Uran (Cannondale) hinnehmen. Der eigentlich gute Zeitfahrer kam mit über drei Minuten Rückstand ins Ziel. Diese Zeit sollte ihn am Ende gerade noch so in die Top 50 bringen. Als auch Rafal Majka (Tinkoff) und Ilnur Zakarin (Katusha) bei der Zwischenzeit deutlich schneller waren als der im Ziel führende Foliforov, aber am Ende trotzdem 1:09 Minuten bzw. 47 Sekunden Rückstand hatten, träumte der Russe bereits von seinem ersten großen Sieg. Bei der Zwischenzeit lag Vincenzo Nibali (Astana) 21 Sekunden hinter Zakarin und Alejandro Valverde (Movistar) drei Sekunden. Auch diese drei Fahrer waren hier schneller als Foliforov, doch im Ziel landeten sie alle hinter ihm. Noch einmal neun Sekunden schneller als Zakarin war der Mann im Maglia Rosa bei der Zeitmessung nach 4,35 Kilometern: Steven Kruijswijk (Lotto-NL Jumbo) sollte der einzige Mann bleiben, der Foliforov noch gefährden könnte, denn mit satten 39 Sekunden Vorsprung ging der Niederländer in die ausstehenden etwas mehr als sechs Kilometer.
Während die GPS-Messung bereits einen schlechten Tag für Nibali vermuten ließ, wurde dieser schließlich sogar zu einem wahren Desaster. Nibali erlitt eine technische Panne, so dass er sein Rad wechseln musste und viel Zeit verlor. Doch auch so wäre der Italiener dem Niederländer heute deutlich unterlegen gewesen, denn Kruijswijk hat bereits über eine Minute Vorsprung auf den Giro d’Italia-Sieger von 2013 herausgefahren. Einmal mehr bewahrheitete sich die Floskel, dass ein Führungstrikot dem Träger Flügel verleiht. Nibali kam mit 2:10 Minuten Rückstand auf Foliforov ins Ziel, womit er Rang zwei in der Gesamtwertung an Esteban Chaves (Orica-GreenEdge) abgeben musste. Valverde machte 1:47 Minuten auf Nibali gut und ist nun ebenfalls wieder in Schlagdistanz. Doch einen riesigen Schritt Richtung Gesamtsieg machte Kruijswijk, der sich ein Herzschlagfinale gegen Foliforov um den Tagessieg leistete. Auf den letzten Kilometern war sein Vorsprung zusammengeschmolzen, so wie es auch allen anderen Fahrern heute ergangen ist. Die Messung zeigte am Ende die gleiche Zeit an, doch nur Platz zwei für den Mann im Rosa Trikot. Damit feierte Foliforov den größten Erfolg seiner Karriere, doch auch Kruijswijk dürfte nach dem heutigen Tage glücklich sein.
Endergebnis Giro d’Italia 2016 Etappe #15
Platz | Fahrer | Land | Team | Zeit |
---|---|---|---|---|
1 | Alexander Foliforov | RUS | Gazprom-Rusvelo | 00:28:39 |
2 | Steven Kruijswijk | NED | Team LottoNl-Jumbo | |
3 | Alejandro Valverde | ESP | Movistar | 00:00:23 |
4 | Sergey Firsanov | RUS | Gazprom-Rusvelo | 00:00:30 |
5 | Michele Scarponi | ITA | Astana | 00:00:36 |
6 | Esteban Chaves | COL | Orica-GreenEdge | 00:00:40 |
7 | Ilnur Zakarin | RUS | Katusha | 00:00:47 |
8 | Joe Dombrowski | USA | Cannondale | 00:00:52 |
9 | Bob Jungels | LUX | Etixx - Quick-Step | 00:01:04 |
10 | Rafal Majka | POL | Tinkoff | 00:01:09 |
Gesamtwertung Giro d’Italia
Fahrer | Land | Team | Zeit | |
---|---|---|---|---|
1. | Vincenzo Nibali | ITA | Astana | 86:32:49 |
2. | Esteban Chaves | COL | Orica-GreenEDGE | 00:00:52 |
3. | Alejandro Valverde | ESP | Movistar | 00:01:17 |
4. | Steven Krujswijk | NED | LottoNL-Jumbo | 00:01:50 |
5. | Rafal Majka | POL | Tinkoff | 00:04:37 |
6. | Bob Jungels | LUX | Etixx - Quick-Step | 00:08:31 |
7. | Rigoberto Uran | COL | Cannondale | 00:11:47 |
8. | Andrey Amador | COL | Movistar | 00:13:21 |
9. | Darwin Atapuma | COL | BMC | 00:14:09 |
10. | Kanstantsin Siutsou | BLR | Cannondale | 00:16:20 |