E-Bikes : „Und wie weit komme ich damit?“, ist eine der wohl häufigsten Fragen von E-Bike-Novizen. Mit modernen leistungsfähigen Akkus mit Lithium-Ionen-Technologie können unter optimalen Bedingungen Reichweiten jenseits der 100-Kilometer-Marke erzielt werden. Doch solche Angaben sind relativ, denn die Bedingungen sind selten optimal und die Reichweite auch eine Frage des Fahrstils. Wie man dem Akku möglichst viele Kilometer entlockt und was E-Biker sonst noch über die Reichweite wissen sollten, erklärt der pressedienst-fahrrad in den folgenden zehn Tipps und Tricks.
1. Wie groß ist eigentlich der „Tank“?
Es ist ein einfacher Sachverhalt: Je mehr Energie im Akku gespeichert werden kann, umso weiter kommt man theoretisch mit dem E-Bike. Wer ein E-Bike mit möglichst großem Energiespeicher erwerben möchte, dem bieten die Wattstunden (Wh) des Akkus einen realistischen Anhaltspunkt und ein gutes Vergleichsmaß für die Reichweite. „Sind die nicht angegeben, lassen sie sich leicht errechnen, indem man die Voltstärke (V) mit den Amperestunden (Ah) multipliziert“, weiß Gunnar Fehlau vom pressedienst-fahrrad.
2. Was in den Beinen schmerzt, schadet dem Akku
Während Autos mit niedriger Drehzahl am sparsamsten laufen, kommt man auf dem E-Bike mit hohen Drehzahlen am weitesten, genauer einer Trittfrequenz von 60 bis 70 Kurbelumdrehungen pro Minute. In schweren Gängen bei langsamer Trittfrequenz muss der Motor mehr arbeiten als der Mensch – das kostet Strom. „Hier hilft es, mal sprichwörtlich einen Gang runter zu schalten“, empfiehlt Anja Knaus von Flyer (www.flyer-bikes.com). Bei zu hohem Tritt hingegen kommt der Motor nur sehr schwach zum Einsatz und man selbst ins Schwitzen. „Für die kommende Saison werden an einigen unserer E-Bike-Modelle Schaltempfehlungen im Display angezeigt, die wie bei modernen Autos den Fahrer bei einer Energie-schonenden Fahrweise unterstützen“, verrät Knaus.
Übrigens: „Flottes, lockeres Treten ist auch für Muskulatur, Kreislauf und insbesondere die Kniegelenke deutlich gesünder, als mit langsamem Tritt schwere Gänge zu drücken“, fasst Gunnar Fehlau die Forschungsergebnisse der Sportmedizin zusammen, die sich komplett auf das Fahren mit dem E-Bike übertragen lassen.
3. Modi machen Meilen
Moderne E-Bikes haben verschiedene Unterstützungsstufen zur Auswahl. E-Bike-Neulinge sind natürlich gewillt, sich permanent von der höchsten Unterstützungsstufe helfen zu lassen. „Klar, das macht Spaß und man fühlt sich kräftig wie ein Radsportler. Nur kostet das auch die sprichwörtlichen Körner, die hier nicht dem Fahrer, sondern dem Akku geraubt werden“, sagt Peter Horsch vom Darmstädter E-Bike-Hersteller Riese & Müller (www.r-m.de) und empfiehlt, es auf ebenen Etappen mal mit weniger Motorunterstützung zu versuchen oder bei längeren Passagen mit Gefälle gänzlich auf den eingebauten Rückenwind zu verzichten.
4. Wer bremst, verschwendet
Ständiges Verzögern und Beschleunigen kostet ebenfalls Energie. Effizienter ist man bei relativ gleichbleibender Geschwindigkeit unterwegs. Das setzt natürlich eine vorausschauende Fahrweise sowie folgenden Punkt voraus:
5. Clevere Routenplanung
Da man mit dem E-Bike höhere Durchschnittsgeschwindigkeiten fährt, kann durchaus auch die längere, aber mit weniger Ampeln gespickte Route die schnellere und Akku-schonendere sein. „Letztendlich empfehle ich jedem, seine Hauptstrecke (z. B. den Arbeitsweg) vorher einmal mit dem Wunschrad Probe zu fahren. Da wird man schnell sehen, ob eine Akkuladung für den Hin- und Rückweg langt“, empfiehlt Peter Horsch, der selbst jeden Tag knapp 20 km mit dem E-Bike pendelt.
6. Radpflege gleich Reichweite
Wo Reibung entsteht, geht Energie verloren – so will es die Physik. Dem Gesetz zufolge kann man mit einem leicht laufenden E-Bike auch mehr Kilometer erzielen. „Im Konkreten heißt das: regelmäßig Kette ölen und Luft aufpumpen. Ein niedriger Rollwiderstand und damit ein Plus an Kilometerleistung lässt sich nur mit dem richtigen Luftdruck erzielen“, fasst René Marks vom Reifenhersteller Schwalbe (www.schwalbe.com) zusammen und ergänzt: „Ein Schwerpunkt bei der Entwicklung von Alltagsreifen fürs E-Bike ist die Energieeffizienz.“ Ein echter Leichtläufer ist z. B. der neue E-Bike-Reifen „Durano E“ (ab 29,90 Euro), der dank ECE-R75 Zulassung auch an schnellen E-Bikes gefahren werden darf.
7. Zweiter Akku gleich doppelte Reichweite
Wer die Reichweite verdoppeln will, dem rät der Reise- und Abenteuerradler Maximilian Semsch zum Kauf eines zweiten Akkus. Als Vorreiter in Sachen E-Bike-Reisen befuhr der Münchner im Jahr 2013 Australien und legte 16.000 Kilometer zurück. Dank cleverer Akkustrategien musste er lediglich 400 km ohne E-Unterstützung radeln.
„Im Alltag muss man einen Zweitakku nicht zwingend mitführen. Für Entspannung sorgt ein am Arbeitsort positionierter voller Akku oder ein zweites Ladegerät“, so E-Bike-Pendler Horsch.
8. Dem Wind ein Schnippchen schlagen
Der Liegeradhersteller HP Velotechnik (www.hpvelotechnik.com) bietet an seinen E-Dreirädern die Option eines bereits am Rad montierten Zweitakkus an und nennt dieses System treffend „Doppelherz“. Doch noch ein weiterer Punkt erhöht die Reichweite an den flachen Liegerädern: ihre Aerodynamik. „Die Reichweite eines E-Liegerads ist deutlich höher als die eines konventionellen E-Bikes bei gleichem E-Antrieb und Akku“, erläutert Paul Hollants von HP Velotechnik, der diesen Verhalt schon mehrfach selbst überprüft hat.
Wer dem Luftwiderstand auch auf dem konventionellen Fahrrad ein Schnippchen schlagen möchte, kann etwa die Sitzposition des E-Gefährts etwas sportlicher einstellen: „Höhenverstellbare Vorbauten können z. B. schnell versenkt werden. Der Oberkörper geht dadurch tiefer und bietet dem Wind weniger Angriffsfläche“, erläutert Heiko Böhle, Deutschlandsprecher der US-amerikanischen Fahrradmarke Felt (www.felt-bicycles.com), die sowohl reinrassige Wettkampfrennräder als auch sportliche E-Bikes für den Alltag im Programm hat.
9. Wie viel Reichweite braucht man denn nun wirklich?
In Zukunft werde nicht die Frage nach der absoluten Reichweite, sondern vielmehr nach der Energieversorgungsinfrastruktur gestellt, ist sich Andreas Hombach vom Stadtmöblierer wsm (www.wsm.eu) sicher. Bereits heute bietet das Unternehmen clevere Ladestationen für den öffentlichen Raum an. „Ein interessanter Aspekt der Reichweitenüberlegung ist übrigens, dass die Hälfte aller im Alltag zurückgelegten Wege kürzer als fünf Kilometer ausfällt“, ergänzt Hombach.
10. E-Bikes: Alles halb so wild
Doch egal ob man die Tipps und Tricks für mehr Reichweite beherzigt, letztendlich ist und bleibt das E-Bike ein Fahrrad, mit dem man auch ohne Motorunterstützung fahren kann und so selbst mit leerem Akku das Ziel erreicht. „Das ist neben der Energieeffizienz einer der Punkte, die das E-Bike zum Klassenprimus der Elektromobilität macht“, gibt Anja Knaus vom E-Bike-Pionier Flyer zu Protokoll.