Radsport: Justin Leov zeigte zu Beginn der Enduro World Series eine bestechende Form und war drauf und dran seinen ersten Sieg einzufahren, doch das Glück war ihm nur selten heilig. Mit soliden Ergebnissen konnte er sich dennoch den dritten Rang der Gesamtwertung sichern. Hier gibt es das letzte Rennen der EWS aus der Sicht des Neuseeländers.
Vor Finale Ligure lag ich auf dem 3. Platz in der Gesamtwertung der EWS und mein Ziel war es, diesen Platz zu verteidigen und zu versuchen, dieses letzte Rennen 2014 zu gewinnen.
Bei meiner Ausrüstung bestand die Hauptneuerung darin, dass ich auf das Modell 650b umgestiegen war. Bisher hatte ich bei allen anderen Rennen ein 29er-Modell gefahren. Ich traf diese Wahl im Hinblick auf die technisch anspruchsvollen Strecken von Finale Ligure. Ich musste mich also an ein neues Fahrgefühl gewöhnen.
Ich kam schon 10 Tage vor dem Rennen in Finale an, um die Zeitverschiebung zwischen Neuseeland und Europa vollständig zu verarbeiten.
Zwei Tage waren für die Erkundungsfahrten vor dem Rennen eingeplant. Jede Wertungsprüfung war mit dem Auto erreichbar. Dieser Umstand gefällt mir überhaupt nicht. Mir ist es normalerweise lieber, die Transferteilstrecken auch während der Erkundungsfahrten mit dem Fahrrad abzufahren. Um hier aber wettbewerbsfähig zu sein, bleibt nichts anderes übrig, als wie alle anderen auch, die Erkundungsfahrten mit dem Fahrrad und die Anstiege mit dem Auto der Reihe nach abzufahren.
Am Samstag, dem Tag des Rennens, strahlte die Sonne bei sommerlichen Temperaturen. Auf dem Weg zum Start fühlte ich mich gut und bereit für die Herausforderung, die auf mich wartete. Ich fuhr übrigens bei der 1. Wertungsprüfung etwas zu heftig los, beging einige Fehler und beendete sie mit gemischten Gefühlen.
Die 2. Wertungsprüfung gefiel mir gut. Es gab kurze aber anspruchsvolle Anstiege sowie sehr technische Teilstücke, insbesondere eines inmitten von Felsen, wo es schwierig war, „sauber“ durchzukommen. Das sollte ich bestätigt bekommen, als die Außenseite meiner Gabel mit voller Wucht gegen einen Felsen schlug. Wie durch ein Wunder konnte ich das Gleichgewicht halten. Beim Überfahren der Ziellinie war ich etwas frustriert. Ich wusste, dass ich besser fahren musste, um die Hoffnung auf den Sieg zu wahren.
Ich beschloss, bei der Wertungsprüfung 3 alles zu geben. Durch die relativ flachen Abschnitte sowie die technischen Anstiege war es durchaus möglich, sich gerade hier abzusetzen. Allerdings war mein Fahrstil zu aggressiv und somit zu zerhackt, nicht effizient genug.
Es war wirklich warm, fast 30°C. Gerade an diesen warmen Tagen weiß ich meinen so gut belüfteten Helm zu schätzen. Obwohl ich darauf geachtet habe, regelmäßig Flüssigkeit zu mir zu nehmen, spürte ich die ersten Krämpfe in den Beinen. Die Transferteilstrecke zur Wertungsprüfung 4 war wiederum lang. Ich kam schließlich im Verpflegungsbereich an und versorgte mich mit Flüssigkeit.
Bei der 4. Wertungsprüfung gelang mir ein eher guter Run mit wenigen Fehlern, aber es fehlte mir wieder der gewünschte Wirkungsgrad.
Auf der letzten Transferteilstrecke, die zur Ziellinie für die letzte Zeitkontrolle führte, spürte ich wieder Krämpfe in beiden Beinen. Die Schmerzen waren so stark, dass ich anfing, nicht mehr daran zu glauben, in der Lage zu sein, die Kontrolle innerhalb der vorgegebenen Zeit zu erreichen. Zum Glück war Jared Graves bei mir. Er ermunterte mich, mich zu entspannen und mit leichtem Pedaletreten weiterzufahren. Ich erreichte schließlich die Ziellinie noch rechtzeitig. Ich war noch mal mit dem bloßen Schrecken davongekommen.
Jetzt stand Erholung an erster Stelle für mich: Viel Flüssigkeit zu mir nehmen und früh schlafen gehen in der Hoffnung, am nächsten Tag wieder in Form zu sein. Am Ende des 1. Tages war ich an 14. Stelle und somit wirklich weit entfernt von meiner Zielsetzung. Ich war wirklich mies drauf.
Als ich nach einer erholsamen Nacht aufwachte, fühlte ich mich richtig gut. Das war auch besser so, denn es wartete ein gut 20 km langer Anstieg auf uns.
An diesem zweiten Tag passte ich besonders auf meinen Flüssigkeitshaushalt auf.
Von der Wertungsprüfung 5 an, der 1. des Tages, fühlte ich mich viel besser, als am Tag zuvor. Ich versuchte wirklich, sauber zu fahren und das Ergebnis entsprach meinen Erwartungen, da ich diese Wertungsprüfung mit der zweitbesten Zeit beendete.
Es war noch eine letzte Wertungsprüfung zu bewältigen. Es sollte die längste und schwierigste des Wochenendes sein. Während ich zusammen mit Jared zum Start fuhr, beschrieb er mir diese letzte Wertungsprüfung, als ob es der letzte Schultag vor den Ferien wäre. Und genau das war es!
Ich fuhr also für meinen letzten Run los. Ich gab mir Mühe und fühlte mich gut. Ich hielt die Fehler in Grenzen und überfuhr die Linie mit der drittbesten Zeit! Mir war es gelungen, den Schaden zu begrenzen. Ein 7. Platz für das Wochenende und mein 3. Platz in der Saisongesamtwertung untermauert. Was für eine Aufregung!
Es ist schwierig, meine Zufriedenheit, die ich mit Jared und Damien auf dem Siegerpodest verspürte, zu beschreiben, aber das breite Lächeln auf meinem Gesicht sprach für sich selbst. Der Abschluss einer langen Saison mit vielen Höhen und Tiefen, aber so ist eben Wettkampf. Schlussendlich bedaure ich nichts und bin zufrieden, alles versucht zu haben.
Ich habe mich ebenfalls sehr über den Sieg meiner Trek Teampartnerin Tracy Moseley in der Frauengesamtwertung gefreut und natürlich auch über unseren 1. Platz in der Mannschaftswertung.
Ein großes Dankeschön an meine Familie und meine Sponsoren. Trek Factory Racing, Fox Racing Shox, Shimano, Bontrager, MET, Bluegrass, Adidas eyewear, Stages power meters, CNP.
Nächstes Jahr sehen wir uns wieder zur Revanche!
– Justin –
Fotos: Jérémie Reuiller.