Das neue Highlight in der Rapha-Kollektion mag mehr Trikot als Jacke sein, viel Funktion bietet es auf jeden Fall. Übrigens auch bei Kälte und Trockenheit, wie wir festgestellt haben.
Das Konzept
Mancher mag den Eindruck haben, Styling und Hype stünden bei Rapha an erster Stelle, doch in Wirklichkeit geht es erst einmal um Funktion. Die Hosen, Trikots und Jacken des britischen Anbieters sind in dieser Hinsicht eher für eine Übererfüllung des Plansolls bekannt; umso ärgerlicher war es für das Unternehmen, dass es jahrelang keine Antwort auf ein äußerst innovatives Konkurrenzprodukt fand.
Gemeint ist natürlich die „Gabba“ von Castelli – wasser- und winddicht und so geschnitten, dass sie noch als Trikot durchgeht. Die durchdachte Allwetter-Hülle war auch bei Radprofis heiß begehrt, und Castelli machte sich den Spaß, die Gabba mit einem Schwarzen Marker auszuliefern – so konnten an andere Marken gebundene Berufsfahrer die Logos der Italiener überdecken.
Doch damit ist ab sofort Schluss, zumindest für Radler, die von Rapha ausgestattet werden. Denn kurz vor Weihnachten präsentierten die Engländer mit dem Pro Team Softshell Jacket ein ähnliches Produkt: eine eng geschnittene, hochelastische Regenjacke, geschaffen „für Rennen und harte Trainingseinheiten bei nasser Witterung“, wie es auf Rapha.cc heißt. Weniger einengend als eine Regenjacke, dabei mehr Wetterschutz bietend als ein Trikot – das klingt verlockend und scheint der letzte Lückenschluss im Jacken-Sortiment der Engländer zu sein, die ja von der superwarmen Winterjacke bis zur dünnen Regenpelle eine ziemlich große Auswahl bieten.
Schade nur, dass Rapha die neue Jacke zunächst nur in limitierter Stückzahl anbot; derzeit ist sie nur in XS und XXL verfügbar. Wir haben es jedoch geschafft, und ein Exemplar in Größe M zu sichern – und damit geht es schon los …
Der Schnitt
Wer schon einmal ein Produkt der „Pro Team“-Kollektion getragen hat, weiß: Die Schnitte sind eher auf superdünne Radprofis als auf normal schlanke Sportler zugeschnitten. Das ist prima, wenn man eng anliegende, nicht flatternde Jacken und Trikots mag; im Falle des neuen Flaggschiffs ist allerdings Vorsicht geboten. Im Vergleich zum Pro Team Jacket, das ja bereits recht körpernah geschnitten ist, fällt das Pro Team Softshell Jacket noch einmal enger aus. Viel passt definitiv nicht drunter, wenn man bei seiner gewohnten Größe bleibt, und das bestätigt auch der Rapha-Kundenservice: „Layering is not desirable nor expected on this garment“, bekamen wir zu hören – die „Schichtung“ von Kleidungsstücken ist nicht vorgesehen.
So gesehen ist das Softshell Jacket eher ein Trikot als eine Jacke und kein Ersatz für bereits erhältliche Jacken von Rapha – halt ein gänzlich neues Produkt. Dafür spricht auch die ungewohnte Optik mit den auffälligen Streifenblöcken, dem extragroßen roten Griff am Reißverschluss und den verschweißten Nähten, die ebenso elastisch sind wie das Material der Jacke selbst. Das typische Band um den Oberarm ist verschwunden, das Styling weniger zurückhaltend, fast etwas futuristisch.
Besonders ins Auge springt die plastifizierte mittlere Trikottasche. Das verhindert, dass sich vom Reifen hochgeschleuderter Schmutz im Material festsetzt, zeigt aber auch ein Manko der Jacke auf: Hinten ist sie recht kurz gehalten; wenn man nicht gerade mit „Ass Saver“ oder richtigem Schutzblech fährt, werden Po und unterer Rücken nass. Der Kragen wiederum ist angenehm hoch, die Ärmel schön lang, die Rückentaschen aber recht klein – halt wie bei einem Trikot, nicht wie bei einer Jacke.
Die Ausstattung
Neben den drei Rückentaschen verfügt die Jacke über ein kleines Münzfach mit Reißverschluss; die rechte Tasche hat eine Öffnung zum Durchleiten eines Kopfhörerkabels. Der Kragen ist innen mit einem weichen Fleece-Material versehen. Schaut man sich das Pro Team Softshell von innen an, fällt auf, dass nur die Schulternähte von außen „getapt“ wurden, alle anderen sind an der Innenseite überklebt. Die große Herausforderung – eine sehr elastische, dabei komplett wasserdichte Jacke zu fertigen – bestand ja in der Abdichtung der Nähte. Um das zu zeigen, hat man sie im Schulterbereich von außen versiegelt.
In der Jacke liest man übrigens „Made in Portugal“ – dort ist nämlich das Unternehmen ansässig, das das mit einer Membran versehene Softshell-Material mit verschweißten Nähten ausstatten konnte.
Die Funktion
Eine Regenjacke bei Regen zu testen liegt einerseits nah, andererseits kann man auch einfach davon ausgehen, dass das Pro Team Softshell Jacket wirklich wasserdicht ist. Zwei Rapha-Jacken, die das ausdrücklich nicht sind – Classic Softshell und Pro Team Jacket –, haben sich bereits als ziemlich dicht erwiesen: Beide hielten anderthalb Stunden Starkregen aus, bevor die Nässe durchkam, und selbst dann waren die Jacken noch so winddicht, dass es unter ihnen warm blieb. Beim Pro Team Softshell sorgt eine ins Material eingebrachte Beschichtung für Regenschutz, dazu die Membran zwischen den zwei Lagen des Softshell-Materials. Ob letztere häufiges Waschen beziehungsweise normales Waschmittel verträgt, muss sich erst zeigen – zur Sicherheit könnte man spezielle Waschmittel für Funktionsmaterialien verwenden.
Leider war gerade kein Regen verfügbar, dafür jedoch Temperaturen um drei Grad plus, Sonne und teils kräftiger Wind. Aufgrund verletzungsbedingter Formschwäche war ohnehin nichts mit hartem Training, das viel Wärme erzeugt – eher lockeres Rollen und immer wieder Schritttempo, wenn vereiste Stellen passiert werden mussten. So standen nach zwei Stunden gerade mal 43 km auf der Uhr.
Da wir so etwas schon erwartet hatten, quetschten wir alles drunter, was ging – aber das waren gerade mal ein Netzunterhemd, ein leichtes Sommertrikot und Armlinge, was freilich für ein recht angenehmes Wärmegefühl reichte. Wer locker im Pro Team Softshell dahinrollt, fängt bestimmt nicht an zu schwitzen, wird aber auch nicht frieren, wenn die Temperaturen nicht gerade unter null fallen. Das lässt für schnellere Fahrten im Frühjahr einiges erhoffen; dann wird sich zeigen, wie atmungsaktiv die Jacke bei stärkerer Temperaturentwicklung ist.
Sehr angenehm war das Tragegefühl, denn das Softshell-Material erlaubt dem Fahrer viel Bewegungsfreiheit, ohne irgendwo zu spannen oder einzuengen. Mit einem Wort: superbequem.
Der Eindruck
Das neue Pro Team Softshell Jacket ist weder die Weiterentwicklung des Classic Softshell noch des Pro Team Jacket, sondern ein völlig eigenständiges Produkt. Unsere Testbedingungen konnten den Stärken der Jacke zwar nicht ganz gerecht werden, haben aber gezeigt, dass der enge Sitz bei Kälte kein Nachteil ist. Besonders angenehm dürfte das Kleidungsstück zwischen fünf und 15 Grad sein, und wenn man es recht bedenkt, ist man ziemlich of bei solchen Temperaturen unterwegs – mindestens von September bis April und leider auch ab und zu im Sommer. Das Pro Team Softshell Jacket besetzt also keine Nische, sondern könnte oft zum Einsatz kommen.
Fazit
Wäre es am Rücken etwas länger, könnte man es perfekt nennen – und über den Namen sollte man bei Rapha noch einmal nachdenken. Hieße es Pro Team Softshell Jersey, würde auch die Abgrenzung vom bestehenden Sortiment leichter fallen.
Produkthighlights
- enger Sitz, dabei sehr angenehm zu tragen
- innovatives Material, hoch elastisch und wasserdicht
- überraschend warm
Preis und Web
- 250 €
- www.rapha.cc