Markt / Radsport: Der Fall Femke van den Driessche hat am Wochenende bei der Cyclocross WM hohe Wellen geschlagen. Auch wenn die genauen Umstände nach wie vor unklar sind, so steht inzwischen zweifellos fest, dass im Fahrerlager der 19-jährigen ein Rad stand, das mit einem versteckten Motor ausgestattet war. Bei den ersten Berichten fühlten wir uns gleich an den Vivax assist Antrieb erinnert, über den wir bereits mehrmals berichtet hatten. Wir hatten heute kurz Gelegenheit, mit dem österreichischen Hersteller zu sprechen.
Vivax Assist – was ist das?
Vivax Assist heißt der Antrieb des Herstellers Vivax, der sich nicht nur in Größe, Form und Gewicht von den sonstigen Antrieben auf dem Markt abhebt, sondern auch im Einsatzgebiet. Der nackte Antrieb ohne Akku bringt gerade einmal 730g auf die Waage und wird im Bereich des Sattelrohrs bzw. Innenlagers montiert. Der Vivax Assist kann durch einen Fachhändler an vielen Fahrradrahmen nachgerüstet werden. Die einzige Voraussetzung ist ein gerades Sattelrohr mit einem Durchmesser von 30,9 oder 31,6mm. Die Montage in Carbonrahmen stellt kein Problem dar.
Der Akku des Vivax Assist sitzt je nach Kapazität und Vorlieben des Fahrers entweder in einer kleinen Satteltasche oder aber in einer ‚Trinkflasche‘ – letzterer ist auch auf den zweiten Blick von außen nicht zu erkennen. Der Motor leistet ca. 100 Watt und wird nur bei Bedarf über einen kleinen Schalter am Lenker zugeschaltet. So soll er Leistungsunterschiede in Gruppen ausgleichen oder sportiven Fahrern ermöglichen, eine Tour zu fahren, bei der vielleicht eben dieser eine Anstieg dabei ist, den man selbst (noch) nicht aus eigener Kraft bewältigen kann.
Leider ist der Vivax Assist damit auch prädestiniert für das sogenannte Motoren-Doping. Eine unangenehme Situation für den Hersteller – was tun, wenn das eigene Produkt für Betrügereien missbraucht wird? Wir hatten heute kurz Gelegenheit, mit dem Hersteller über die Problematik zu sprechen.
Velomotion im Gespräch mit Vivax Marketing-Mitarbeiterin Ulrike Treichl
Velomotion: Wie habt ihr die unschönen Ereignisse bei der Cyclocross WM am Wochenende wahrgenommen? Ihr seid ja schon in einer besonderen Position bei der Angelegenheit.
Ulrike Treichl: Es ist sehr schade, wenn der Radsport mit Doping (welcher Art auch immer) anstatt mit herausragenden sportlichen Leistungen in den Schlagzeilen ist. Natürlich laufen bei uns schon den ganzen Tag die Telefone heiß. Man spürt vor allem die Enttäuschung vieler begeisterter Fans, dass der Radsport schon wieder negativ in den Schlagzeilen ist.
Velomotion: Undankbare Frage, ich weiß – aber es ist ja recht wahrscheinlich, dass es sich bei dem diskutierten System um einen Vivax Antrieb handelt, oder?
Ulrike Treichl: Ja, die Annahme, dass es sich um einen vivax assist handelt liegt nahe, da wir der einzige Hersteller am Markt mit dieser Art von Elektromotor für Fahrräder sind. Es gibt immer wieder verschiedene Personen, die versuchen unsere Version (Motor im Sattelrohr, Akku in der Satteltasche bzw. alternativ in der Trinkflasche und Ein/Austaster am Lenker) zu modifizieren. Z.B. den Akku zusätzlich im Rahmen unter zu bringen. Eine serienreife Lösung wurde noch nicht entwickelt.
Velomotion: Das alles ist für euch ja Fluch und Segen zugleich. Einerseits zeigt es, was möglich sein kann mit eurem Antrieb, andererseits natürlich bitter, dass er als Betrugsmittel eingesetzt wird. Wie geht ihr damit um?
Ulrike Treichl: Es ist immer enttäuschend, wenn ein Produkt, das vielen Kunden großen Nutzen bringt als Betrugsmittel eingesetzt wird. Mit dem vivax assist haben wir einen sehr leichten Motor auf den Markt gebracht, der die Freude an Bewegung und Sport fördern soll. Durch den Einbau der Motor-Getriebe-Einheit im Sattelrohr behält das Fahrrad den gewohnten Schwerpunkt und die saubere Optik eines herkömmlichen Fahrrads. Die 110 Watt sind optimal, um Leistungsunterschiede zwischen Pärchen und Gruppen aufzuheben und so ein gemeinsames Radfahren möglich zu machen bei dem niemand unterfordert und niemand überfordert ist.
Für einen Einsatz im Wettkampf ist das System nicht gedacht und ist auch nicht im Sinne des Erfinders. Wir möchten mit Nachdruck festhalten, dass wir den Einsatz des vivax assist bei Wettkämpfen verurteilen und keinesfalls aktiv unterstützen. Wir begrüßen die Kontrollen der UCI und hoffen sehr, dass ein Umdenken im Wettkampfsport statt findet und Fairness wieder im Vordergrund steht. Der vivax assist ist und bleibt die ideale Lösung für Hobbysportler und Genussradler die bei Bedarf und zu steilen Anstiegen eine Zusatzhilfe nutzen um Überanstrengung zu vermeiden.
Ulrike, vielen Dank für deine Zeit und weiterhin viel Erfolg!