Radsport: Wir haben bereits den dritten Tag in Rio und noch immer warten die deutschen Olympioniken auf ihre erste Medaille. Spätestens am Mittwoch soll es so weit sein, denn dann bestreiten die Straßenradsportler ihren Kampf gegen die Uhr. Mit Tony Martin hat der BDR ein ganz heißes Eisen im olympischen Feuer und der Schweizer Fabian Cancellara hofft auf erneutes Gold zum Abschied.
Scharfe Kritik an der Streckenführung des Straßenrennens
Das spannende Straßenrennen vom Samstag muss in der Radsportwelt erst einmal verdaut werden, ehe dem Zeitfahren entgegengefiebert werden kann. Greg Van Avermaet (Belgien) gewann die Goldmedaille vor Jakob Fuglsang (Dänemark) und Rafal Majka (Polen) in einem packenden Fight. Doch zeitweise geriet dieser großartige Erfolg in den Hintergrund, da es sowohl beim Rennen der Männer, als auch beim Wettbewerb der Frauen zu schweren Stürzen kam. Glücklicherweise hat sich Annemiek Van Vleuten (Niederlande) bei den Damen lediglich eine Gehirnerschütterung und Frakturen an der Lendenwirbelsäule zugezogen. Es sah dann doch weitaus schlimmer aus, als es letztendlich war. Bei den Herren mussten ebenfalls drei namhafte Piloten das Rennen aufgeben: Vincenzo Nibali (Italien) brach sich das Schlüsselbein doppelt, Sergio Henao (Kolumbien) zog sich eine Fraktur des Beckenkamms und eine Prellung des Brustkorbs zu und Richie Porte (Australien) brach sich das rechte Schulterblatt. Nicht Wenige gaben den Veranstaltern und Organisatoren die Schuld an den vielen Stürzen. Die Strecke sei nicht technisch anspruchsvoll gewesen, sondern lediglich gefährlich.
Kein optimales Profil für Tony Martin & Fabian Cancellara – wie fit ist Dumoulin?
Die Streckenführung des Einzelzeitfahrens am Mittwoch in Rio über 54,56 km soll weniger gefährlich sein. Viel weniger anspruchsvoll allerdings nicht, was Tony Martin (Deutschland) und Fabian Cancellara (Schweiz) nicht gerade freuen dürfte. Zwar gehören die beiden Zeitfahrspezialisten zum erweiterten Favoritenkreis – was bei drei Weltmeistertiteln für Tony Martin und gar vier für Fabian Cancellara ansonsten auch unverständlich wäre – doch ganz oben auf der Liste hat sie kaum ein Experte. Zu schwer sei der Kurs für die klassischen Roller. Gelegen kommt dies im Gegensatz zu unseren deutschsprachigen Herren aber dann unserer weiblichen Medaillenhoffnung Lisa Brennauer (Deutschland). Die Zeitfahrweltmeisterin von 2014 geht als Mitfavoritin in das Zeitfahren der Damen, welches ebenfalls am Mittwoch stattfinden wird. Aus dem Straßenrennen vom Samstag jedenfalls kann man kaum Erkenntnisse mitnehmen. Tony Martin stieg nach ca. 120 km aus. Nur rund zehn Kilometer durchhalten wollte hingegen Tom Dumoulin (Niederlande). Der diesjährige Sieger von zwei Tour de France Etapppen brach sich auf dem 19. Teilstück das Handgelenk. Wie fit er am Mittwoch an den Start gehen wird, weiß wohl nur er selbst. Klar ist: Wenn er im Vollbesitz seiner Kräfte ist, dann gehört er zu den ganz heißen Gold-Kandidaten. Er kommt gut über ansteigendes Terrain und kann es genauso gut einfach rollen lassen.
Macht Froome es Wiggins nach?
Neben Tony Martin wird Simon Geschke für den BDR an den Start gehen. Im Straßenrennen hat er sich bereits in guter Form präsentiert, doch eine Medaille ist ihm wohl kaum zuzutrauen. Fabian Cancellara ist ebenso ein Alleinstarter für die Schweiz wie Georg Preidler für die Österreicher. Auf gute Platzierungen kann man bei den deutschsprachigen Teilnehmern aber in jedem Fall hoffen. Nach dem Sturz von Richie Porte ist nun auch Rohan Dennis (Australien) der einzige Starter für sein Land. Ihm werden dafür aber hervorragende Siegchancen eingeräumt. Der amtierende Australische Zeitfahrmeister hat sich in den vergangenen Jahren stetig am Berg verbessert und wird dies am Mittwoch in eine gute Zeit umwandeln können. Ebenso vermutlich wie der amtierende Zeitfahr-Weltmeister Vasil Kiriyenka (Weißrussland). Der Edelhelfer von Chris Froome aus dem Team Sky ist bekannt als Lokomotive des Feldes. Dies ist auf seine ausgezeichneten Zeitfahrqualitäten zurückzuführen, mit denen er stets in der Lage zu sein scheint, kilometerlang ein enorm hohes Tempo zu drücken. Als großer Favorit gehandelt wird aber dennoch sein Teamkapitän, der für wenige Kilometer sein Gegner sein wird: Chris Froome (Großbritannien)! Der Tour-Sieger offenbarte zwar am Samstag im Straßenrennen erstmals Schwächen, doch es ist stark davon auszugehen, dass er wieder auf den Punkt genau da sein wird. Vor vier Jahren in London gewann er bereits Bronze. Es triumphierte Bradley Wiggins. Übrigens ist Wiggins auch Brite, fuhr für das Team Sky und gewann im selben Jahr zuvor auch die Tour de France. Ein gutes Omen für Froome?