Markt: Paukenschlag in Koblenz – Canyon erweitert sein Angebot an Rennrädern mit Scheibenbremsen auf die gesamte Produktpalette. Für 2017 wird es gleich 21 Disc-Modelle geben, vom Aerorad bis zum Canyon Ultimate CF SLX Disc. Zugleich hält man jedoch auch an den bestehenden Felgenbremsmodellen fest.
Das Thema Scheibenbremsen am Rennrad war wohl eines der Themen dieses Jahres, nicht nur in Bezug auf Profis und UCI, sondern auch unter den Herstellern und bei den Hobbyfahrern. Zahlreiche Hersteller stellten bereits im Frühjahr die Disc-Modelle ihrer bewährten Felgenbremsräder vor, einige andere reichten die neuen Räder tröpfchenweise über die Saison nach. Nicht so beim Koblenzer Direktversender Canyon – es war schon fast unheimlich, wie ruhig man dort mit der Thematik umging. Zwar sah man in der ersten Saisonhälfte immer mal wieder Fotos auf Twitter, auf denen ein Movistar oder Katusha Profi einen Prototypen mit Scheibenbremsen unter dem Hintern hatte. Doch bezüglich Serienreife, Markteinführung und Endverbraucher gab man sich ruhig und betont gelassen.
Der erste Vorbote der Canyon-schen Scheibenbremslawine war das neue Endurance Bike Endurace CF SLX, das bereits bei der Präsentation vor einigen Monaten mit Scheibenbremsvarianten aufwarten konnte. Überraschend war dies freilich nicht, auch weil die hydraulischen Stopper im Endurance-Bereich eine deutlich breitere Akzeptanz erfuhren und noch immer erfahren, als anderswo auf der Straße.
Produktnews: Canyon Endurace CF SLX: Der neue Endurance-Maßstab?
Markt: Mit dem Canyon Endurace CF SLX präsentiert der Hersteller aus Koblenz sein neuestes Endurance-Modell. Es erbt einige Technologien des Race-Pendants Ultimate CF SLX und kommt zudem mit einem komplett neuen Aerocockpit. Canyon Endurace CF SLX – Geometrie: Ein schmaler Grat Die Geometrie bei den sogenannten Endurance-Rädern ist immer ein schmaler Grat: Einerseits sollte sie […]
Mit der heutigen Pressemeldung und der Vorstellung der neuen Produktpalette für die 2017er Straßenmodelle wird jedoch klar, weshalb es bei Canyon ein wenig länger gedauert hat und es zeigt auch, dass man hinter den Kulissen alles andere als untätig gewesen ist: Ausschließlich alle Straßenmodelle, vom ultraleichten Kletterass Ultimate CF SLX über das schnittige Aerorad bis hin zum bekannten Endurace erhalten im kommenden Jahr eine komplette Palette an Disc-Modellen. Sollte die Felgenbremsfans bei dieser Ankündigung die Panik ergreifen können wir aber Entwarnung geben: An den Modellen für herkömmliche Felgenbremsen wird nicht gerüttelt.
Canyon Rennräder mit Scheibenbremsen: Alles gleich und doch ganz anders
Seitens Canyon betont man, dass man sich bewusst Zeit gelassen habe, um seine Disc-Modelle für die Straße vorzustellen. Dies erweist sich im Nachhinein durchaus als kluger Schachzug, denn so konnte man abwarten, welche Standards sich etablieren, wie die Akzeptanz am Markt ist und ebenso konnte man die Entwicklung ohne den ganz großen Zeitdruck vorantreiben. Auf den ersten Blick unterscheiden sich die Disc Modelle von Ultimate und Co. nämlich kaum von ihren Felgenbrems-Pendants; doch wie es eben oft so ist mit ersten Eindrücken – es täuscht.
Zu Für und Wider von Scheibenbremsen wurde viel gesagt und viel geschrieben – keinen Zweifel gibt es jedoch an der Tatsache, dass die Bremsen grundlegend andere Anforderungen an den Rahmen und auch an das Gesamtsystem Fahrrad stellen – eine große Herausforderung für Entwickler und Konstrukteure. Die Spitzenbelastungen, die während einer Vollbremsung auf den Rahmen wirken, sind nicht zu unterschätzen und bei Scheibenbremsen gänzlich anders gelagert als bei Felgenbremsen.
Deshalb hat sich bei den Rahmen vor allem im nicht-sichtbaren Bereich vieles getan: Das Carbon Layup wurde so modifiziert, dass es auch während heftiger Bremsvorgänge keine Einbußen bei Stabilität und Steifigkeit gibt. Zusätzlich kommen sämtliche Disc-Modelle mit 12mm Steckachsen vorn und hinten. Das erhöht nicht nur bremssystem-unabhängig die Steifigkeit spürbar, sondern hat den großen Vorteil, dass die Scheibe auch nach einem Laufradwechsel immer an derselben stelle läuft und damit schleiffrei bleibt.
„Aber das Gewicht! Aber die Aerodynamik!“: Alles halb so wild sagt Canyon
Auch zwei der Hauptkritikpunkte der Scheibenbrems-Skeptiker spricht Canyon in der heutigen Pressemeldung an: Nämlich das zusätzliche Gewicht und die scheinbar schlechtere Aerodynamik von Scheibenbremsen. In beiden Punkten möchte man auch gar nicht lange um den heißen Brei herumquatschen und sagt klar und deutlich: Ja, die Modelle mit Scheibenbremsen sind schwerer und ja, sie sind auch weniger aerodynamisch. Gleichzeitig betont man jedoch: Die Unterschiede bewegen sind in einem winzigen Bereich, der durch die Vorteile der neuen Bremsen locker aufgewogen wird.
Aber nun zu den harten Fakten: Die Rahmen für Scheibenbremsen sind allesamt ca. 70g schwerer als ihre Pendants mit Felgenbremsen. Auch die Bremssysteme selbst bringen ein paar Gramm mehr auf die Waage und so ergeben sich doch Mess- und je nach Sensibilität wohl auch spürbare Unterschiede: So liegen beispielsweise zwischen Disc- und Felgenbremsmodelle des Aerorad CF SLX 8.0 Di2 bei weitestgehend identischer Ausstattung laut Canyon ca. 600g (7,2kg vs. 7,8kg).
Bei den Aerodynamischen Unterschieden ist man seitens Canyon ebenfalls um Aufklärung bemüht: Man schickte bei gleichen Bedingungen ein Ultimate CF SLX gegen ein Ultimate CF SLX Disc in den Windkanal. Bei 45km/h betrug der Unterschied 3,3 Watt oder 1,5% – zu Gunsten der „alten“ Felgenbremse.
Wieso also trotzdem Scheibenbremsen? Für Canyon liegen die Vorteile ganz klar auf der Hand: Bessere Modulation während des Bremsvorgangs und gleichbleibend geringere Bedienkräfte helfen dabei, länger schnell zu bleiben und wiegen die minimalen Defizite bei Gewicht und Aerodynamik locker auf. Eine weitere, positive Begleiteigenschaft von Scheibenbremsen ist die deutlich größere Reifenfreiheit – durch den Wegfall der alten Bremszangen lässt sich der gesamte Durchlauf von Hinterbau und Gabel nutzen; so passen in Endurace Disc und Ultimate Disc Pneus mit einer Breite von bis zu 33mm!