Test: Diese 1.200-Gramm-Laufräder namens Leeze CT 38 Disc müssen kein Traum bleiben. Leeze aus dem Münsterland bietet sie zu einem Preis an, der neugierig macht. Ohne vorgreifen zu wollen: Wer sie probiert, wird nicht enttäuscht.
Dass leichtes Material Vorteile hat, bestreitet in der Fahrradwelt wohl niemand. Bergauf profitiert man von einer Reduktion des Systemgewichts in einer Höhe von rund 4 Watt pro gespartem Kilo; leichtere Laufräder wirken sich positiv aufs Handling aus. Beim Cyclocross kommt außerdem eine ganz besondere Fahrsituation hinzu: Man muss immer wieder runter vom Rad und dieses hochheben, tragen und mit ihm auf der Schulter springen, laufen und Treppen steigen. Und spätestens hier machen sich ein paar Hundert Gramm mehr oder weniger deutlich bemerkbar.
Leeze CT 38 Disc – nichts spart so effektiv Gewicht wie leichte Laufräder
Am leichtesten wird man die überflüssigen Pfunde an den Laufrädern los; bevor man Lenker und Vorbauten auswiegt oder das Für und Wider eines Monokettenblattes abwägt, sollte man es also an dieser Stelle versuchen. Unser aktuelles Testrad ist ein gutes Beispiel: Der Radsatz des Merida Cyclo Cross 5000 wiegt 1.840 Gramm (ohne Bereifung, Bremsscheiben, Kassette und Steckachsen), also ganze 580 Gramm mehr als der Radsatz, um den es in diesem Test geht – der Leeze CT 38 Disc.
„Leeze“ ist das münsterländische Wort für ein Fahrrad und klingt erst einmal nicht sonderlich sportlich. Wer das Wort auf einer Felge liest, sollte aber genau hinschauen, denn dann steckt ein superleichter Radsatz aus Carbon oder Alu dahinter, gefertigt vom gleichnamigen Hersteller aus Havixbeck westlich von Münster. Frank Decker und Florian Otterpohl gründeten das Unternehmen noch als Studenten, doch was anfangs eher ein Hobby war, hat sich längst verselbstständigt.
Heute bietet die Firma ein unfassendes Portfolio vom superleichten Alu-Allrounder bis zum 60 mm tiefen Aero-Radsatz aus Carbon an. Ganzer Stolz von Leeze ist ein Zentrierautomat von Holland Mechanics, den es in dieser Form nur wenige Male auf der Welt gibt. Die Maschine sorgt mit hoher und absolut gleichmäßiger Speichenspannung dafür, dass die Laufräder steif sind und dauerhaft rund laufen; vor ihrer Präzision müssen auch erfahrene Laufradbauer den Hut ziehen – und schnell ist sie obendrein, was vielleicht auch die attraktiven Preise erklärt, die Leeze für seine Produkte aufrufen kann.
1.199 Euro kosten die Leeze CT 38 Disc Tubular, was für einen Laufradsatz mit leichten 1.260 Gramm ausgesprochen wenig ist – die einschlägigen Anbieter rufen in dieser Gewichtsklasse 50 bis 100 % mehr auf. Der Mustersatz, den uns Leeze zur Verfügung stellte, wiegt exakt die vom Hersteller angegebenen 1.260 Gramm; wir ermitteln 570 Gramm fürs Vorderrad und 690 Gramm fürs Hinterrad. Dabei wird augenscheinlich auf Stabilität geachtet; die Vorderradnabe etwa weist einen groß dimensionierten Mittelteil auf, wie es sich für eine Disc-Nabe gehört. Am Alu-Freilauf mit gleich sechs Sperrklinken sorgen Stahlschienen dafür, dass sich die Ritzel nicht eingraben. Die je 24 Speichen sind zweifach gekreuzt; radiale Einspeichung verbietet sich bei Scheibenbremsen.
Perfekt auf den Querfeldein-Einsatz zugeschnitten sind die 38 mm tiefen Carbonfelgen. Sie messen an der breitesten Stelle 27 mm und immer noch 25 mm am Felgenbett; für die Verbindung von Reifen und Felge steht also viel Klebefläche zur Verfügung. Die ausgeprägte Längsrinne im Felgenbett sorgt dafür, dass konventionell vernähte Schlauchreifen fast schon von selbst in die richtige Position rutschen; die Montage der Pneus geht am Leeze CT 38 Disc also vergleichsweise leicht von der Hand.
Leeze CT 38 Disc – kompatibel für alle Achsstandards
Wie heute üblich, kann der Radsatz an verschiedene Achsstandards angepasst werden; an den modernen Merida-Crosser passt er mit Steckachsen der Größe 100×15 bzw. 142×12. Und schwupps, ganz schnell wiegt das Rad nicht mehr 8,8, sondern nur noch 8,2 Kilo. Noch extremer fällt der Unterschied bei unserem zwei Jahre alten Alu-Focus Mares aus: Der Tausch des Original-Radsatzes gegen die Leezen erleichtert das Rad um satte 1.000 Gramm.
Gerade im Fall konventioneller Clincher-Laufräder ist der Umstieg auf die Carbon-Schlauchreifenfelgen auch in Sachen Fahrdynamik ein echter Gewinn. Im Vergleich zum Faltreifen auf schmaler Felge lassen die geklebten Reifen extrem geringen Luftdruck zu; da die Leeze-Carbonfelgen so breit sind, neigen die Reifen in scharf gefahrenen Kurven kaum dazu, wegzuknicken. Das etwas schwammige Gefühl unserer Reifen bei 1,7 bar täuschte bei der ersten Testfahrt über die Steifigkeit der Laufräder hinweg; mit höherem Druck kann man dann erfreut feststellen, dass harte Antritte wie abrupte Richtungswechsel die Leeze CT 38 Disc völlig unbeeindruckt lassen. Auch beim Bremsen verziehen sich die Laufräder in keiner Weise. Ein Grund für diese Stabilität ist die intelligente Wahl der Speichen: Die Kombination der superleichten Speiche Sapim CX-Ray und der stabileren CX-Sprint an der Antriebsseite trägt den unterschiedlichen Belastungen der Laufradseiten Rechnung.
Die filigranen Flachspeichen deuten zusammen mit den breiten Felgen darauf hin, dass die Leeze-Laufräder auch aerodynamisch gut funktionieren dürften. Angesichts der beim Crossen erreichten Geschwindigkeiten ist dieser Aspekt allerdings vernachlässigenswert.
Leeze CT 38 Disc – Schwachpunkte? Eigentlich keine!
Die Reifen puffern, der Sechs-Klinken-Freilauf schnurrt, Laub und Matschbrocken fliegen uns um die Ohren. Cyclocross-Feeling pur, gepaart mit einem agilen, dynamischen Radsatz – was kann im Winter schöner sein? Ein Haar in der Suppe zu finden ist da schwierig, doch selbst bei den Leeze CT 38 Disc werden wir fündig: Die Centerlock-Bremsscheiben sitzen ziemlich stramm auf der Verzahnung, was bei der Demontage etwas Nachdruck erfordert. Immerhin muss man diesen Arbeitsschritt nicht sehr häufig ausführen. Wer einen sehr gut funktionierenden, extrem leichten und dabei vergleichsweise preiswerten Radsatz fürs Gelände sucht, sollte auf jeden Fall zugreifen.