WhoIs? 01.12.2016: Die Niederlande ist seit jeher eine Radsport-Nation. Zu ihr gehört auch Steven Kruijswijk. Der sympathische und bescheidene Profi mit dem schwer zu schreibenden Namen hätte in diesem Jahr fast den Giro d’Italia gewonnen. Doch dann kam der Sturz. Statt zu den großen Siegern der Saison zu zählen, gehört er nun zu den Pechvögeln des Jahres. Für uns ist Kruijswijk dennoch einer der Gewinner. Was für ein Typ ist Steven Kruijswijk?
Die pure Dominanz beim Giro d’Italia
Radprofis haben es nicht leicht. Während die Fußballstars bereits jammern, wenn sie unter der Woche ein weiteres Spiel bestreiten müssen, jagen sie an mehreren Tagen die Woche die Bergpässe rauf und runter. Gut, sie haben es sich genau so ausgesucht. Wenn am Ende der Erfolg stimmt, gibt es keinen Grund für Beschwerden. Doch wenn der Fahrer durch einen Sturz um den verdienten Lohn gebracht wird, dann kann man ihm das Leid im Gesicht ansehen. So war es in diesem Jahr auch bei Steven Kruijswijk. Der Profi vom Team LottoNL-Jumbo war im Mai über 18 Etappen hinweg der Strahlemann des Giro d’Italia. Dann kam Etappe 19. Eigentlich Formsache, denn Kruijswijk war bis dato enorm souverän und schien unverwundbar.
Im Maglia Rosa per Salto in den Schnee
Die Abfahrt vom Colle dell’Agnello brach ihm dann das Genick. Zwar nur sprichwörtlich, denn es blieb glücklicherweise bei Rippen- und Fußverletzungen, aber mental hinterließ der Salto in den Schnee tiefe Spuren. Kruijswijk verlor den Anschluss an seine größten Konkurrenten. Der Rückstand stieg immer weiter an, denn er musste während seiner Aufholjagd zweimal anhalten und das Rad wechseln. All das demoralisierte ihn. Am Ende des Tages verlor er auf den späteren Giro-Sieger Vincenzo Nibali fast fünf Minuten. Sein riesiger Vorsprung auf den Italiener war zu einem Rückstand geworden. Am darauffolgenden Tag konnte er nicht an seine bisherigen Leistungen anknüpfen. Kruijswijk wurde somit sogar noch vom Podium gestoßen. An diesem ganzen Dilemma gab er jedoch ausschließlich sich selbst die Schuld.
Ich weiß nicht, was passiert ist. Es war ein dummer Fehler. Oben am Gipfel war ich am Limit. Ich wollte etwas essen und trinken. Ich bin den anderen hinterhergefahren. Dann habe ich mich versteuert und endete im Schnee. Der Sturz selbst war nicht so schlimm, aber mein Rad war kaputt. Ich konnte nicht mehr auf ihm fahren und habe den Anschluss verloren. Dann weißt du, dass alles vorbei ist. Ich habe versucht alles zu geben, aber mein Körper schmerzte wie die Hölle. Alles ist vorbei. Ja, ich bin noch Dritter, aber ich habe den Giro hier verloren.
Vom rosanen Giro zu einem schwarzen Jahr
Steven Kruijswijk wurde am Ende Gesamtvierter beim Giro d’Italia. Er verzichtete daraufhin auf die Tour de France und konzentrierte sich auf einen Start bei der Vuelta a Espana. Er wollte so stark zurückkommen, wie er in Italien 18 Etappen lang gewesen ist. Sein Team LottoNL-Jumbo war bereit ihn dabei zu unterstützen. Doch erneut blieb ihm das Glück fern. Er handelte sich bereits einen Rückstand ein und musste die Rundfahrt dann sogar vorzeitig verlassen. Auf der 5. Etappe kam er zu Fall, weil die Streckensicherung einen Pfosten vergaß. Dieser stand rund einen Meter vom Bordstein entfernt auf der Straße. Als das Feld kurz vor dem Ziel mit hoher Geschwindigkeit daran vorbei fuhr, war es für einige unmöglich, das Hindernis zu erkennen. Pechvogel Kruijswijk prallte dagegen und brach sich direkt das Schlüsselbein. Die Saison war für ihn gelaufen.
So these wide shoulders can break #klerenhanger #⬛️ #boringdays pic.twitter.com/YhfIN7SaV9
— Steven Kruijswijk (@s_kruijswijk) 28. August 2016
Steven Kruijswijk hat in der Talentschmiede von Rabobank gelernt
Bis zum Giro d’Italia in diesem Jahr galt Kruijswijk fast schon als gescheitertes Talent. Dabei war er in seiner Jugend vor allem ein begabter Fußballer. Im Alter von 15 Jahren entscheid er sich dann jedoch für eine Karriere als Radprofi. 2007 unterschrieb er beim Rabobank Development Team. 2009 wurde er Niederländischer U23-Meister. Nicht unerwartet beförderte man ihn dann im darauffolgenden Jahr zum Profiteam von Rabobank. Da es in den Niederlanden zahlreiche gute Fahrer gab, musste Steven Kruijswijk nicht die Last der hohen Erwartungen allein tragen. Diese Erwartungen stiegen jedoch rasant an, als er 2011 verspätet für Oscar Freire in das Aufgebot für den Giro d’Italia berufen wurde. Bei seiner ersten Grand Tour landete er direkt auf dem achten Gesamtrang. Spätestens als er einige Wochen später die Tour de Suisse als Dritter beendete und eine Etappe gewann, sahen viele in ihm den kommenden Klassementfahrer.
Name | Steven Kruijswijk | |
Geburtstag | 7. Juni 1987 | |
Geburtsort | Nuenen | |
Nationalität | Niederlande | |
Größe | 178 cm | |
Gewicht | 66 kg | |
Aktuelles Team | LottoNL-Jumbo | |
Spezialisierung | Klassementfahrer | |
Aktiv als Amateur | seit 2006 | |
Aktiv als Profi | seit 2010 | |
Größte Erfolge | Niederländischer U23-Meister 2009 Dritter Tour de Suisse 2011 Etappensieg Tour de Suisse 2011 Sieger Arctic Race of Norway 2014 5 x Etappenzweiter Giro d'Italia 2016 Vierter Giro d'Italia 2016 |
Die Person Steven Kruijswijk: Ein angenehmer Zeitgenosse
Zwar gewann Steven Kruijswijk 2014 das Arctic Race of Norway, doch an seine Leistungen beim Giro 2011 kam er vorerst nicht mehr heran. Erst 2015 konnte er durch seinen siebten Gesamtrang – wieder in Italien – erneut auf sich aufmerksam machen. Er trug außerdem ein paar Tage lang das Bergtrikot. Mit fünf Tagen im Maglia Rosa und dem vierten Platz im Gesamtklassement 2016 meldete Kruijswijk nun wieder Ansprüche auf größere Erfolge an. Zu gönnen wären ihm diese nicht nur auf Grund des Pechs diese Saison. Denn der Niederländer macht während und abseits der Rennen einen äußerst sympathischen Eindruck. Mehrere Jahre lang ist er zusammen mit dem deutschen Grischa Niermann bei Rabobank unterwegs gewesen. Aktuell fährt er zusammen mit Robert Wagner und Paul Martens. Alle beschreiben ihn als bescheiden, zurückhaltend und angenehm. Er sei ein Kapitän, für den man sich gerne aufopfert, ohne Marotten und Starallüren.
Was kann Steven Kruijswijk 2017 leisten?
Offiziell wurde weder von LottoNL-Jumbo, noch von Kruijswijk selbst ein Rennprogramm für 2017 bekannt gegeben. Es ist jedoch stark davon auszugehen, dass sich der Niederländer erneut am Giro d’Italia versuchen wird. Nach den Plätzen acht, sieben und vier stehen die Chancen gut, dass er es mit diesem neu gewonnenen Selbstvertrauen endlich auf das Podium einer Grand Tour schafft. Dort könnte er es dann vermutlich unter anderem zu tun bekommen mit Rafal Majka (Bora-Hansgrohe), Fabio Aru (Astana), Vincenzo Nibali (Bahrain-Merida), Thibaut Pinot (FDJ), Ilnur Zakarin (Katusha-Alpecin), Alejandro Valverde (Movistar), Mikel Landa (Sky) und seinen beiden Landsmännern Tom Dumoulin (Sunweb-Giant) und Bauke Mollema (Trek-Segafredo). Dabei wünschen wir Steven Kruijswijk in jedem Fall alles Gute!