Test: Mit dem Shimano ME7 hatten wir den neuen Enduro- und Trailschuh des japanischen Herstellers im Test. Auf den ersten Blick ähnelt er seinem direkten Vorgänger stark – doch dieser Eindruck täuscht und man hat sich viele kleiner und größere Detailverbesserungen einfallen lassen. Der ME7 erwies sich als extrem guter Allrounder und brillierte vor allem dort, wo SPD-Schuhe ansonsten traditionell schwächeln: Neben dem Pedal.
Mit dem neuen Shimano ME7 präsentierte der japanische Fahrradriese Ende vergangenen Jahres den Nachfolger für das Erfolgsmodell SH-M200. Das Einsatzgebiet bleibt gleich – also auch der ME7 ordnet sich irgendwo im Bereich zwischen Trail und Enduro ein und rangiert damit am oberen-Gravity-Ende von Shimanos SPD-Schuhprogramm 2017. Auf den ersten Blick ist die Ähnlichkeit mit dem Vorgänger nicht von der Hand zu weisen. Da wäre natürlich die optisch dominante Klett-Lasche auf der Oberseite unter der sich wie zuvor ein Speed-Lacing System verbirgt. Darüber sitzt auch nun wieder die Shimano-Fans bestens bekannte Ratsche, um einen festen Sitz sicherzustellen.
Doch der ME7 ist deutlich mehr als eine optisch aufpolierte Neuauflage seines Vorgängers. Die Neuerungen beginnen bereits an der Schuhspitze: Die Toe-Box ist nun deutlich geräumiger als noch zuvor. Das bietet den Zehen zum einen größeren Freiraum und damit mehr Komfort, lässt zusätzlich aber auch noch etwas Spielraum bei der Größenauswahl, weil es am Vorderfuß nicht ganz so schnell drückt. Apropos Größen: Der ME7 fällt Shimano-typisch eher schmal und recht klein aus. Wir würden grundsätzlich dazu raten, ihn eine Nummer größer als ’normal‘ zu nehmen. Der Zehenbereich ist jedoch nicht nur wesentlich geräumiger als zuvor, sondern auch von außen noch besser geschützt als dies beim M200 der Fall war. Selbst bei hartem Steinkontakt schützt der harte Vorderfußbereich die Zehen zuverlässig.
Von den Zehen zum anderen Ende des Fußes – auch hier fällt der ME7 noch eine Spur robuster aus als sein Vorgänger. Besonders gut gefallen hat uns der Fußabschluss aus Neopren an der Oberseite. So wird man in der Bewegung nicht ganz so eingeschränkt wie es bei hohen Schuhen der Fall ist, hat aber dennoch eine zusätzliche Schutzschicht, die zudem auch bündig mit dem Bein abschließt – so haben fiese Kieselsteine keine Chance und bleiben dort wo sie hingehören: Auf dem Trail.
Keine Frage, der M200 war bereits ein sehr guter Schuh gewesen, doch trübten einige Details den ansonsten guten Eindruck. Dazu gehörte auch die Kunststoffratsche seitlich unten am Schuh – in ausgesprochen exponierter Lage. Ein ungünstiger Felstkontakt und das Plastikteil war abgerissen; aus diesem Fehler hat man bei Shimano gelernt. Zwar besitzt auch der Shimano ME7 diese Plastikratsche, aber der Rast-Mechanismus sitzt nun weiter oben, an der Lasche selbst und ist viel besser geschützt. Gleich geblieben ist das Handling, das bisweilen etwas hakelig ist, vor allem wenn sich Dreck und Schmutz in die Zwischenräume gesetzt haben.
Das Prunkstück des neuen ME7 befindet sich auf der Unterseite des Schuhs: Die komplett überarbeitete Sohle wurde gemeinsam mit Gummi- und Reifenspezialist Michelin entworfen und ist – um es an dieser Stelle vorweg zu nehmen – eine Klasse für sich, vor allem neben dem Rad. Das Profil ist mit hohen und groben Stollen auch im tiefen Waldboden nicht überfordert. Das wahre Geheimnis liegt jedoch in der Dual Density Gummimischung: Michelin setzt hier auf zwei unterschiedliche Härten, während der blaue Teil der Sohle etwas härter und langlebiger ist, kommt am überwiegenden Teil eine weiche und besonders griffige Gummimischung zum Einsatz.
Weiche Gummimischung bedeutet jedoch nicht weiche Sohle: Shimano ordnet seinen ME7 bei einer Sohlensteifigkeit von 8/12 ein. Dank des bereits bekannten Torbal-Systems, das das leichte Verdrehen der Sohle ermöglicht, ohne im entscheidenden Bereich Steifigkeit zu opfern, soll der Schuh aber dennoch genügend Spielraum bieten und bei wilden Trailritten nicht zu restriktiv sein. Die Cleats lassen sich über einen großen Bereich von ca. 3,5cm verschieben – wer also lieber etwas mittiger auf dem Pedal steht, hat mit dem ME7 alle Freiheiten.
Shimano ME7: Auf dem Trail
Wir sind den Shimano ME7 über einen längeren Zeitraum auf verschiedenen Trails in Süddeutschland Probegefahren. Der Schuh musste sich sowohl mit den hauseigenen Shimano Pedalen, als auch mit Crank Brothers Candy beweisen. Zunächst: Der Komfort ist für einen sportlichen SPD Schuh auf enorm hohem Niveau. Hat man einmal seine richtige Größe gefunden und kein Problem mit der eher schmalen Passform der Shimano Schuhe, dann vergisst man die ME7 bereits wenige Sekunden nach dem Anziehen. Die Polsterung im Inneren ist überdurchschnittlich dick, was uns jedoch keinesfalls störte – im Sommer könnte es jedoch schnell warm werden. Mesh-Einsätze vorn und hinten und das perforierte Seitenteil sorgen aber für ausreichend Frischluft. Der Witterungsschutz ist gut und selbst das Mesh-Material am Vorderfuß wehrt sich auffällig lange gegen Pfützen, Schnee und Regen. Dringt die Feuchtigkeit jedoch einmal in den Schuh, dauert es sehr lange, bis er wieder vollständig trocknet.
Das Einklicken klappt trotz der hohen Stollen völlig problemlos: Selbst bei den etwas niedriger bauenden Pedalen von Crank Brothers hatten wir keinerlei Probleme. Die Kraftübertragung ist gut, ein klein wenig Flex ist jedoch immer spürbar. Wer hier jedes Watt kompromisslos auf den Trail bringen möchte, könnte etwas enttäuscht sein – jedoch ist der ME7 kein XC-Race Schuh und der Flex hat auch Vorteile: Der Komfort ist großartig und durch die Freiheiten der Torbal-Sohle kann man sich – gerade wenn es richtig grob wird – noch schön auf dem Pedal bewegen.
Muss man während der Ausfahrt doch mal vom Rad und es stehen ungeliebte Trage- oder Schiebepassagen an, dann läuft der Shimano ME7 zur absoluten Höchstform auf. Ist er auf dem Bike ’nur‘ ein sehr guter SPD-Schuh, so ist er neben dem Bike für uns der Benchmark, an dem sich die Konkurrenz in Zukunft messen lassen muss. Die Stollen bohren sich zuverlässig selbst in tiefen Boden und die Gummimischung von Michelin lässt den Schuh förmlich am Boden kleben. Selbst an nassen Wurzeln oder auf moosigen Steinen gerieten wir nur in absoluten Ausnahmefällen ins Rutschen.