Test: Das Canyon Exceed CF SL steht als etwas günstigere Alternative gefühlt etwas im Schatten des Edel-Modells Exceed CF SLX. Wie unser Test jedoch zeigt, ist Gewicht nicht alles und auch das Exceed CF SL ist ein hervorragendes XC Hardtail mit einem hochwertigen Rahmen und einer durchdachten Ausstattung.
Canyon Exceed CF SL 7.9 Di2: Rahmen und Geometrie
Auf der letztjährigen Eurobike enthüllte man erstmals den Rahmen des Exceed CF SL, das auf den ersten Blick dem 2015 präsentierten Exceed CF SLX zum Verwechseln ähnlich sieht. Kein Wunder, handelt es sich doch im Grund genommen um den gleichen Rahmen – die SL Variante hat lediglich einige Gramm mehr auf den Rohren, da eine etwas günstigere Carbonfaser zum Einsatz kommt. Schwer ist der Rahmen des CF SL aber dennoch keineswegs: Mit nur etwas mehr als 1.000g in Größe M kann er immer noch mit dem einen oder anderen Topmodell der Konkurrenz mithalten.
Features, Geometrie und Ausrichtung bleiben natürlich: Das Exceed ist eine XC-Waffe für den Renneinsatz, für Marathonisti oder einfach diejenigen, die maximalen Vortrieb auch im Gelände haben möchten. Man hat sich zuvor viel Zeit zur Entwicklung des Rahmens gelassen und das merkt man – das Carbon-Werkstück hat Hand und Fuß, moderne Features geben bewährten Entwicklungen die Hand. Die interne Verlegung der Züge und Leitungen zählt mittlerweile zwar zum Standard, aber die austauschbaren Leitungsausgänge am Steuerrohr und die durchdachte Verlegung ermöglichen beispielsweise auch das Verbauen einer entsprechenden XC-Variostütze – ein Thema, das in den kommenden Jahren sicherlich noch mehr im Fokus stehen dürfte.
Die Verarbeitung ist tadellos, die Rahmenform gefällig. Hier hatten wir wirklich kaum etwas auszusetzen. Ganz zu Beginn machte die Sattelstütze mit sporadischem Knarzen und Knacken auf sich aufmerksam – nachdem wir noch ein wenig mehr Carbonpaste aufgetragen hatten, war jedoch Ruhe im Karton. Weitere schöne Details ist die Impact Protection Unit am Oberrohr: Ein Gummipuffer hinter dem Steuersatz verhindert, dass Lenker bzw. Brems- oder Schalthebel bei einem Sturz in das Oberrohr einschlagen. Ebenso verbaut man im Bereich der vorderen Kettenstrebe einen Schutz aus Aluminium, der bei einem Chainsuck unschöne Kettenspuren im Carbon verhindert.
Die Geometrie des Exceed ist gleich in mehrfacher Hinsicht interessant. Technik-Affinen Lesern sticht wahrscheinlich direkt die Kettenstrebenlänge ins Auge, die je nach Rahmengröße variiert – eine echte Seltenheit auf dem MTB-Markt. So möchte man sicherstellen, dass das Bike maximal agil bleibt, an steilen Rampen das Vorderrad aber dennoch nicht steigt. Erwähnenswert ist zudem, dass in der Größe XS 27,5″ Laufräder verbaut werden. Im Zeitgeist liegt das lange Oberrohr und der mit unter 70° für ein Rad in dieser Klasse recht flache Lenkwinkel. Zweifellos ein Ergebnis der immer anspruchsvollen Strecken im XC-Zirkus.
Canyon Exceed CF SL Geometrie
XS | S | M | L | XL | |
Sitzrohr (in mm) | 350 | 395 | 440 | 485 | 545 |
Oberrohr horizontal (in mm) | 539 | 568 | 600 | 620 | 650 |
Steuerrohr (in mm) | 90 | 90 | 100 | 115 | 145 |
Kettenstrebe (in mm) | 422 | 427 | 427 | 432 | 437 |
Radstand (in mm) | 1040 | 1070 | 1103 | 1130 | 1167 |
Lenkwinkel (in °) | 69,5 | 69,5 | 69,5 | 69,5 | 69,5 |
Sitzwinkel (in °) | 74 | 74 | 74 | 74 | 74 |
Reach (in mm) | 375 | 395 | 425 | 441 | 463 |
Stack (in mm) | 574 | 603 | 611 | 625 | 653 |
Canyon Exceed CF SL: Modelle und Preise
Insgesamt sieben Modelle des Canyon Exceed CF SL gibt es 2017 – die Preise reichen vom 1.999€ teuren Einstiegsmodell bis zur hier getesteten Di2 Variante für 3.399€. Die Ausstattungen sind jedoch in allen Varianten hochwertig und echte Einstiegsmodelle gibt es nicht mit diesem High-Performance Rahmen. Interessant sind zudem die beiden dezidierten Frauenmodelle mit speziell auf weniger Gewicht abgestimmten Federgabeln und zur weiblichen Anatomie passenden Sätteln und Griffen.
Antrieb: Shimano XT Di2
Federgabel: FOX 32 Performance Step Cast
Laufräder: DT Swiss XR 1501
Gewicht: 10,1kg (Herstellerangabe)
Preis: 3.399€
Antrieb: SRAM X01 Eagle
Federgabel: Rock Shox SID RL
Laufräder: DT Swiss XR 1501
Gewicht: 9,6kg (Herstellerangabe)
Preis: 2.899€
Antrieb: Shimano XT
Federgabel: Rock Shox SID WC Light Tune
Laufräder: DT Swiss XR 1501
Gewicht: 10,2kg (Herstellerangabe)
Preis: 2.899€
Antrieb: Shimano XT
Federgabel: FOX 32 Performance Step Cast
Laufräder: DT Swiss XR 1501
Gewicht: 10,0kg (Herstellerangabe)
Preis: 2.699€
Antrieb: SRAM GX
Federgabel: Rock Shox SID RL
Laufräder: DT Swiss X1700
Gewicht: 10,0kg (Herstellerangabe)
Preis: 2.299€
Antrieb: SRAM GX
Federgabel: FOX 32 Performance Step Cast
Laufräder: DT Swiss X1700
Gewicht: 9,8 kg (Herstellerangabe)
Preis: 2.299€
Antrieb: Shimano SLX
Federgabel: Rock Shox Reba
Laufräder: Mavic Crossride
Gewicht: 11,2kg (Herstellerangabe)
Preis: 1.999€
Canyon Exceed CF SL 7.9 Di2: Ausstattung
Rahmen | Canyon Exceed CF SL |
Federgabel | FOX Performance 32 Step Cast |
Dämpfer | - |
Laufräder | DT Swiss XR 1501 Spline One |
Reifen VR | Continental X-King RaceSport 2,2 |
Reifen HR | Continental X-King RaceSport 2,2 |
Schaltwerk | Shimano XT Di2 |
Schalthebel | Shimano XT Di2 |
Kurbel | Shimano XT 28/38 |
Umwerfer | Shimano XT Di2 |
Bremse | Shimano XT |
Bremsscheiben | Shimano XT 180 / 160mm |
Sattelstütze | Canyon S29 VCLS CF |
Sattel | Selle Italia SLS |
Vorbau | Canyon V14 |
Lenker | Canyon H12 Flat AL |
Wie man es von Canyon inzwischen bestens gewohnt ist, ist die hochwertige und durchdachte Ausstattung immer einer der großen Pluspunkte des Koblenzer Direktversenders. Auch das Exceed CF SL 7.9 Di2 macht hier keine Ausnahme, hat jedoch einige Besonderheiten in Petto, die besondere Erwähnung verdienen. Dazu zählt mitunter auch die Fox Federgabel an der Front – hier kommt zwar die etwas günstigere Performance-Variante zum Einsatz, jedoch mit dem in der vergangenen Saison präsentierten Step Cast Casting. Dieses ist sehr kompakt mit markanten Aussparungen im Bereich der Nabe, die der Gabel (Step Cast) ihren Namen verleihen. So drückt man das Gewicht auf deutlich unter 1.500g. Der Grip Dämpfer lässt sich per Lenker-Remote in drei Stufen auf Streckenprofil und Bedürfnisse anpassen (Offen – Medium – Fest). Die Remote fällt leider ganz schön wuchtig aus und ist während der Fahrt nicht immer bequem zu erreichen – egal wo und wie man sie am Lenker befestigt.
Doch die große, namensgebende Besonderheit des von uns getesteten Exceed Modells ist natürlich die XT Di2 Schaltung von Shimano. Nun war in den letzten Jahren bei Mountainbike-Schaltungen zweifellos der Siegeszug der 1-fach Antriebe eines der großen Themen: SRAM setzt inzwischen ausschließlich auf Schaltgruppen ohne Umwerfer und verwendet dafür Kassetten mit einer sehr großen Bandbreite. Die japanische Konkurrenz geht einen etwas anderen Weg und nutzt dabei auch die Expertise, die man sich in den vielen Jahren mit Di2 Schaltungen im Straßenradsport aneignen konnte.
Ein nüchterner Blick auf die Zahlen zeigt zum einen, dass 1-fach Antriebe zwar inzwischen in vielerlei Hinsicht nahe an Systeme mit Umwerfer heranrücken konnten, gleichzeitig wird aber auch deutlich, dass es noch immer einige Unterschiede gibt, die für den einen oder anderen kaufentscheidend sein könnten. Die Bandbreite der XT Di2 Schaltung an unserem Testrad ist mit insgesamt 518% etwas größer als bei SRAMs neuer 12-fach Eagle Schaltung. Zudem sind die Gangsprünge mit zwei Kettenblättern harmonischer und kleiner; gerade bei Marathons oder XC Rennen nicht ganz unwichtig. Klar, die Handhabung einer 1-fach Schaltung ist herrlich simpel: Das Wechseln des Kettenblatts fällt weg, Verschalten wird fast unmöglich. Hier kommen nun jedoch auch die Vorzüge der Di2 ins Spiel: In den beiden Synchro-Shift Modi lassen sich nämlich alle verfügbaren Gänge mit einem Hebel durchschalten – das Wechseln des Kettenblattes übernimmt hierbei die Schaltung selbst. Theoretisch kann man dann sogar auf den linken Shifter verzichten, Gewicht sparen und bekommt ein aufgeräumtes Cockpit.
Ausstattungshighlight Nummer Drei: Laufräder. Hier hat man sich für die bewährten DT Swiss XR 1501 in ihrer aktuellsten Ausführung entschieden – natürlich, wie es sich für das Jahr 2017 gehört, als Boost-Variante. Die Alu-Felgen haben inzwischen eine Innenweite von 22,5mm und damit perfekt für die verbauten 2,2″ breiten Reifen von Continental. Die 28 Speichen stecken in einem Satz 240s Naben, die auf den bewährten Zahnscheibenfreilauf der Schweizer setzen, der vor allem Vielfahrer mit langer Haltbarkeit überzeugen dürfte. Mit deutlich unter 1.600g sind die Laufräder zudem schön leicht und machen gewichts-mäßig sogar Sätzen mit Carbonfelgen Konkurrenz.
Mit dem X-King von Continental kommt das Exceed CF SL 7.9 Di2 mit einem der wahrscheinlich beliebtesten XC-Allrounder überhaupt. Das offene Profil mit etwas bulligeren Seitenstollen kommt auf vielen Untergründen zurecht und rollt ausgesprochen gut. Schön, dass man auf die RaceSport Variante setzt, die mit der sehr guten Black Chili Gummimischung auch auf feuchtem Untergrund noch viel Halt bietet. Etwas schade jedoch, dass die RaceSport Karkasse nur sehr bedingt tubeless-kompatibel ist und sich nur mit viel Glück und Geduld dicht bekommen lässt. Über die etwas schwerere Protection Variante hätten wir uns noch mehr gefreut, dann wäre der Tubeless-Umbau nämlich ohne neue Anschaffungen in wenigen Minuten erledigt gewesen.
Die weiteren Anbauteile kommen zum großen Teil von Canyon selbst: Auf Vorbau, Lenker und Sattelstütze prangt das Logo des Direktversenders. Während man bei vielen anderen Eigenmarken jedoch oft die Nase rümpft, hat Canyon in der Vergangenheit immer wieder bewiesen, dass sich die eigenen Teile nicht vor der Marken-Konkurrenz verstecken brauchen. Bestes Beispiel ist die an den Topmodellen verbaute Blattfederstütze aus Carbon. Während man auf diese im Exceed CF SL 7.9 zwar verzichten muss, hat man jedoch auch bei der hier verbauten Carbonstütze die VCLS Technologie verpasst, die für besseren Komfort sorgen soll. Das Cockpit ist mit 90mm Vorbau in Größe L und dem 720mm breiten Flatbar sportlich und dem Einsatzbereich angemessen.
Canyon Exceed CF SL 7.9 Di2: Auf dem Trail
Okay, wie schlägt sich die Rennfeile aus Carbon also im Gelände? Nun, wie zu erwarten gewesen war fällt zunächst einmal der brutale Vortrieb auf. Hier macht sich natürlich insbesondere die leichte Laufrad-Reifen-Kombination bemerkbar, aber auch die Sitzposition trägt ihren Teil dazu bei, dass die Leistung gefühlt direkt auf dem Untergrund ankommt. Das funktioniert alles so gut, dass uns auch die verbauten Schläuche anfangs gar nicht auffielen, auch wenn ein Tubeless-Aufbau sicherlich noch ein paar Watt sparen würde. Umso mehr bewusst wurden uns die Schläuche jedoch bei den drei Durchschlägen, die uns während des Testzeitraums ereilten. Hier würden wir ambitionierten Fahrern definitiv empfehlen, auf einen schlauchlosen Aufbau zu setzen. Dafür werden dann jedoch zwei neue Reifen fällig, denn die verbauten Conti RaceKing Pneus sind hier erfahrungsgemäß eher ungeeignet.
Doch genug gemeckert: Das Exceed ist auch mit Schläuchen ein unglaublich gutes XC Bike. Es klettert willig, die Sitzposition fühlte sich für uns direkt vom Start weg gut und richtig an, das tiefe Cockpit und der steile Sitzwinkel bringen ordentlich Vortrieb. Der Komfort ist für ein Hardtail ausgesprochen gut – auch wenn zusätzlich gedämpfte Hinterbauten oder stark flexende Sattelstützen noch ein wenig „hinternschonender“ arbeiten. Aber keine Frage: Das ist Jammern auf ganz hohem Niveau.
Wirklich hervorragend gefiel uns die XT Di2 Schaltung, auch wenn Elektro-Neulinge wohl ein wenig Eingewöhnungszeit benötigen werden. Das liegt insbesondere an den neu gestalteten Triggern, die zwar ein Ergonomie-Traum sind, aber doch ein wenig anders funktionieren als ihre mechanischen Pendants. Vor allem das lange Drücken zum Schalten mehrere Ritzel am rechten Hebel ist anfangs gewöhnungsbedürftig. Das unauffällige und gut geschützte Display ist immer gut ablesbar, zeigt die wichtigsten Infos und die verschiedenen Schaltmodi lassen sich auch während der Fahrt problemlos wechseln. Auch wenn wir über die meiste Zeit ganz klassisch im manuellen Modus unterwegs waren, ist die Synchro-Shift Funktion für viele Fahrer sicherlich eine interessante Angelegenheit – insbesondere, weil man dann auch den linken Shifter einsparen kann.
Sehr gut funktionierte die Fox Gabel, mit der wir fast durchgehend im mittleren Druckstufen-Modus fuhren. Dieser bietet ein gutes Gleichgewicht zwischen Vortrieb und Geländereserven. Weniger begeistern konnte uns die sehr große und nicht sonderlich ergonomische Remote, mit der sich die Druckstufen-Modi der Gabel am Lenker wechseln lassen. Diese war uns nicht nur optisch ein Dorn im Auge, sondern verlangt auch immer nach einem umständlichen Umgreifen, um den Modus zu wechseln. Hier würden wir eine ganz einfache Verstellung an der Gabelkrone bevorzugen.