Bike Build Story: Im dritten Teil unserer Aufbaustory (hier Teil 1 und Teil 2) widmen wir uns dem Antrieb. Wir haben uns für die Variante mit einem Kettenblatt entschieden – der SRAM XX1 Eagle. Wie wir zu dem Entschluss gekommen sind und welche Besonderheiten die einzelnen Komponenten haben – ihr erfahrt es im Artikel.
Die Frage nach dem richtigen Antrieb für ein Mountainbike hängt heutzutage untrennbar zusammen mit der Frage nach der richtigen Übersetzung und der Entscheidung: Wie viele Kettenblätter dürfen’s denn sein? War es vor zehn Jahren noch normal, dass Hobbyfahrer, Amateure und Profis fast ausschließlich mit drei Kettenblättern und fein gestuften Kassetten unterwegs waren, gab es hier im Laufe der Jahre beinahe eine Art Paradigmenwechsel: Mehr Ritzel hinten, größere Bandbreite an den Kassetten und weniger Kettenblätter vorn. 3-fach Kurbeln sind inzwischen ausschließlich dem Trekkingbereich vorbehalten und nachdem gerade im XC-Bereich lange fast ausschließlich zwei Kettenblätter vorn gefahren wurden, setzen hier immer mehr Fahrer auf die Simplizität eines 1-fach Antriebs – auch im Profibereich.
Die Entscheidung – ob nun einfach oder zweifach – bringt auch deshalb eine zusätzliche Brisanz, da es gewissermaßen auch eine Entscheidung zwischen den beiden Antriebsriesen SRAM und Shimano ist. Während man bei SRAM nämlich den Umwerfer bereits vor zwei Jahren symbolisch beerdigte, verfolgt man bei Shimano die vielsagende Philosophie ‚There’s no single truth‘. Zwar bieten beide Hersteller Antriebe mit einem oder zwei Kettenblättern, doch macht man auch keinen Hehl daraus, welche Richtung man bevorzugt.
Der 1-fach Stein kam vor einigen Jahren mit SRAMs Einführung von 11-fach Antrieben mit breit abgestuften 10-42 Kassetten ins Rollen. Teil dieser Innovation war auch der neue Freilaufstandard XD, der es erlaubt, das kleine 10er Ritzel zu verbauen, das auf einem normalen Standardfreilauf keinen Platz finden würde. Der große Erfolg der XX1 11-fach Gruppe und der weitere Ausbau im Portfolio bis zur günstigen GX Gruppe zeigte, dass man hier einen Nerv getroffen hatte. Ganz ohne Kritik kam die Antriebs-Innovation jedoch nicht aus: Die Bandbreite war zwar größer, als alles, was man bisher mit einem Kettenblatt realisieren konnte, aber noch immer kein Vergleich mit einem etablierten 2-fach Antrieb. Zudem störten sich vor allem die Racer an den größeren Gangsprüngen.
https://www.youtube.com/watch?v=ZiALL1fnolk
Es dauerte einige Zeit, doch SRAM reagierte auf die Kritik – und wie: Mit den Eagle Antrieben gibt es nun 12 Ritzel an der Kassette und mit der Bandbreite von 500% stößt man endgültig in Sphären vor, die zuvor nur mit Umwerfer realisiert werden konnten. Der zweite große Kritikpunkt vieler Fahrer bleibt jedoch auch hier bestehen: Die Gangsprünge sind tendenziell etwas größer – ob dies in der Praxis jedoch relevant ist, kommt sehr auf den eigenen Fahrstil und die individuellen Ansprüche an. Zum Vergleich: Der durchschnittliche Gangsprung eines 2×11 Antriebs mit 11-42 Kassette liegt – nach Streichen der redundanten Übersetzungen – bei ungefähr 11%. Bei der SRAM Eagle sind es dagegen 14,6%.
Auf einen Blick: Für und Wider SRAM Eagle
Pro
- Intuitives Schalten, keine Chainsuck-Gefahr
- Weniger Hebel am Lenker
- Cleane Optik
- Leiserer Antrieb, kein Kettenschlagen
- Geringes Gewicht
Contra
- Größere Gangsprünge
- Minimal kleinere Bandbreite
- Teure Verschleißteile (Kassette)
Es gibt also durchaus gute Gründe dafür, einen Eagle Antrieb auch im XC Bereich, bzw. an unserem XC Hardtail einzusetzen. In unserem Fall war vor allem die intuitive Bedienung und die zuverlässige Funktion – egal bei welcher Witterung – ausschlaggebend. In der Hitze des Gefechts, mit einem 180er Puls und am Ende der Kräfte ist es durchaus eine Erleichterung, nur einen Schalthebel bedienen zu müssen. Zudem sinkt die Gefahr eines Kettenklemmers, gerade bei schlammigen Bedingungen, gegen 0.
SRAM XX1 Eagle : Das Schaltwerk
Das Herzstück des Eagle Antriebs ist das Schaltwerk, das man auf Basis der 11-fach Schaltwerke entwickelt hat. Natürlich hält man an der bewährten X-Horizon Käfiganlenkung fest, dank derer sich Schaltwerk und Käfig ausschließlich in der Horizontalen Bewegen: So eliminiert man mögliche negative Einflüsse auf das Schaltverhalten und schafft Platz für große Ritzel. Das obere Umlenkröllchen ist auf 14 Zähne angewachsen, die außerdem nun wie das Kettenblatt Narrow / Wide sind. So wird die Kette sicherer geführt, was in einem insgesamt leiseren Betrieb resultiert.
SRAM Eagle Schaltwerke im Vergleich
Die Schaltwerke der verschiedenen Eagle Gruppen unterscheiden sich lediglich in den verwendeten Materialien und damit im Gewicht – die Funktion soll bei allen drei Varianten gleich gut sein.
Gewicht | Preis (UVP) | |
---|---|---|
SRAM XX1 Eagle | 259g (nachgewogen) | 304€ |
SRAM X01 Eagle | 276g | 240€ |
SRAM GX Eagle | 290g | 110€ |
SRAM XX1 Eagle : Der Schalthebel
Der heimliche Star eines jeden Antriebs – ob am Mountainbike oder am Rennrad – ist der Schalthebel. Von dieser Schaltzentrale aus gehen die Kommandos in Richtung Schaltwerk, welches diese dann entsprechend umsetzt. Zudem ist es für den Fahrer der einzige Kontaktpunkt direkt mit der Schaltung – die Ergonomie spielt also eine gewichtige Rolle. Technisch entspricht der Eagle Shifter weitestgehend seinem 11-fach Pendant, mit Ausnahme des zusätzlichen zwölften Gangs. Nach oben lassen sich fünf Gänge auf einmal schalten, nach unten lediglich einer. Letzteres ist aber dank des SRAM-typischen extrem kurzen Hebelwegs in der Praxis nicht allzu tragisch. Apropos Ergonomie: Sehr schön ist die individuelle Verstellung des großen Schalthebels, der sich um einige Grad nach vorn oder hinten drehen lässt.
https://www.youtube.com/watch?v=9Nqpoh0fDq4
SRAM Eagle Schalthebel im Vergleich
Während sich die XX1 und X01 Varianten auch hier vor allem bei den Materialien und beim Gewicht unterscheiden, ist der GX Eagle Shifter insgesamt eine ganze Spur einfacher aufgebaut. Er wirkt optisch etwas weniger filigran und man muss auf die Winkelverstellung des Hebels verzichten. Übrigens: Freunde der Gripshift Drehgriffe werden erfreut zur Kenntnis nehmen, dass es diese auch weiterhin für die Eagle Serien gibt.
Gewicht | Preis (UVP) | |
---|---|---|
SRAM XX1 Eagle | 123g (nachgewogen) | 170€ |
SRAM X01 Eagle | 126g | 145€ |
SRAM GX Eagle | 122g | 35€ |
SRAM XX1 Eagle : Die Kassette
Der große Erfolg der 1-fach Antriebe hängt untrennbar mit den breit abgestuften Kassetten zusammen. Optisch sind die großen Ritzel natürlich gewöhnungsbedürftig, das galt und gilt für die 42 Zähne großen Vertreter, umso mehr jedoch für die neuen 50er Ritzel, die in etwa den Umfang einer 180mm Bremsscheibe besitzen. Doch klar, einen großen Nachteil haben diese neuen Kassetten: Das zusätzliche Material drückt ordentlich auf das Gewicht. Um diesem Problem Herr zu werden, gibt es unterschiedliche Ansätze. Viele Hersteller setzen bei den großen Ritzeln auf Aluminium statt Stahl – das ist zwar leichter, aber auch deutlich weniger haltbar. Bei SRAM wählt man einen anderen Weg und versucht durch eine Aufwändige Konstruktion und minimalem Materialeinsatz das Gewicht gering zu halten. Mit Erfolg!
Die SRAM XX1 Eagle Kassette ist schon fast ein Kunstwerk, beinahe zu schön zum Fahren! Daran hat die Goldene Farbe ebenso ihren Anteil wie die angesprochene Konstruktion mit dem X-Dome in der Mitte, auf dem die jeweiligen Ritzel befestigt sind. Durch die sehr luftige Konstruktion ist die Kassette zudem kaum schmutzanfällig, da dieser in aller Regel einfach nach innen durchfällt.
SRAM Eagle Kassetten im Vergleich
Es ist einer der Hauptkritikpunkte an den neuen Eagle Antrieben: Derartig aufwändige Kassetten wie hier haben natürlich ihren Preis, und da es sich um Verschleißteile handelt, müssen gerade Vielfahrer hier regelmäßig Geld in die Hand nehmen, um die sehr gute Schaltqualität zu erhalten. Deshalb lohnt es sich für preisbewusste Fahrer durchaus, vielleicht einer der günstigeren Eagle Kassetten zu verbauen – vorausgesetzt, man kann mit dem Mehrgewicht leben. Funktionell unterscheiden sie sich nämlich nicht.
Gewicht | Preis (UVP) | |
---|---|---|
SRAM XX1 Eagle | 358g (nachgewogen) | 458€ |
SRAM X01 Eagle | 355g | 392€ |
SRAM GX Eagle | 450g | 200€ |
SRAM XX1 Eagle : Kurbel und Kettenblatt
Kommen wir zum letzten „großen“ Bauteil des Antriebs, nämlich der Kurbel. Die SRAM XX1 Eagle Kurbel besteht – wie es sich für ein Modell der Topreihe gehört – aus Carbon und ist mit unter 500g eine der leichtesten überhaupt auf dem Markt. Bei SRAM empfiehlt man das Leichtgewicht für XC oder Trail-Einsatz – für härtere Gangarten gibt es dann die neue Descendant von Tochterhersteller Truvativ. Die Montage des Kettenblatts erfolgt über die inzwischen fest etablierte Direct Mount Aufnahme.
Einige Worte zum Kettenblatt selbst: Dieses ist mit dem neuen X-Sync 2 Zahndesign ausgestattet, welches die Kette ebenso sicher halten soll wie der Vorgänger, dabei jedoch ungleich leiser, auch bei schwierigen äußeren Bedingungen. Erhältlich ist die Kurbel mit 170 oder 175mm Kurbelarmen, in GXP und BB30 und für Boost-Achsen und in Standardgröße.
SRAM Eagle Kurbeln im Vergleich
Auch hier sind die Unterschiede zwischen den beiden Edelgruppen XX1 und X01 marginal und letzten Endes nur in ein paar wenigen Gramm Gewicht zu finden. Gänzlich anders verhält es sich bei der GX Eagle Kurbel: Diese ist nicht nur erheblich günstiger, sondern besteht auch aus Aluminium statt Carbon und bringt damit doch ordentlich Mehrgewicht mit – wobei 650g noch immer ein guter Wert sind. Alle Gewichtsangaben sind Herstellerangaben für eine GXP Kurbel mit 175mm Armlänge und 32t Kettenblatt.
Gewicht | Preis (UVP) | |
---|---|---|
SRAM XX1 Eagle | 493g | ab 463€ |
SRAM X01 Eagle | 520g | ab 426€ |
SRAM GX Eagle | 650g | ab 125€ |
SRAM XX1 Eagle : Die Kette
Gemeinhin unterschätzt und oft etwas stiefmütterlich behandelt wird die Kette beim Antrieb. Doch eben die Kette hat einen entscheidenden Anteil daran, wie sauber, wie leise und problemlos ein Antrieb funktioniert. Bei der XX1 Kette hat man beispielsweise viel investiert, um jegliche scharfe Kanten zu vermeiden. So kann sie sich schwerer verkanten, auch wenn es mal sandig oder schlammig zugeht. Hohle Pins reduzieren das Gewicht und die goldfarbene Titannitrid-Beschichtung verbessert den Korrosionsschutz.
SRAM Eagle Ketten im Vergleich
Gewicht | Preis (UVP) | |
---|---|---|
SRAM XX1 Eagle | 250g | 88€ |
SRAM X01 Eagle | 250g | 66€ |
SRAM GX Eagle | 270g | 29€ |
Web
Im nächsten Teil unserer Aufbaustory werden wir uns den Laufrädern und den Reifen widmen…