Test: Bereits auf den Media Days im letzten Jahr zeigte man bei KTM erste 3D-Druck Studien des neuen AM-Fullys mit dem Namen Prowler. Kurze Zeit später gab’s dann in Friedrichshafen auf der Eurobike einen ersten aufgebauten Prototypen des 150mm Carbonbikes zu sehen und danach wurde es jedoch Still um den neuen Spross des Traditionsherstellers aus Österreich. Im Rahmen des Bike Festivals in Riva hatten wir jetzt jedoch die Chance, einen der ersten fahrfertigen Prototypen auf dem Trail zu testen.
Das KTM Prowler sorgte bei seiner ersten Präsentation im letzten Jahr bei uns in der Redaktion durchaus für offene Münder. Der Carbonrahmen kommt mit einer extrem modernen, fast schon futuristischen Formsprache daher und bricht mit der etablierten Optik langhubiger KTM Fullies der letzten Jahre. Der fast parallel zum Oberrohr liegende Dämpfer bildet eine Linie mit den Sitzstreben und damit fügt sich das Prowler sehr gut ins Portfolio der Österreicher – denn es erinnert durchaus an die Racefeile Scarp für die XC- und Marathonfreunde.
Das Prowler steht in allen Rahmengrößen auf 29″ Laufrädern und wird ausschließlich mit Carbonrahmen erhältlich sein. Apropos erhältlich sein: Am KTM Stand in Riva zeigte man sich zuversichtlich, das neue Bike noch in dieser Saison auf den Markt zu bringen. Mit 150mm Federweg im Heck und 160mm an der Front schwimmt das Prowler scheinbar in der Welle der 29″ Enduros mit die in diesem Jahr durch die Branche schwappt – so könnte man zumindest meinen. Doch man möchte das Prowler gar nicht unbedingt auf Race-Enduro trimmen, sondern viel mehr ein Bike für alles und für jedermann bauen. Ob der Plan aufgeht?
Der Rahmen macht jedenfalls nicht nur optisch einiges her, sondern gefällt auch durch einige schöne und clevere Detaillösungen. So gibt es beispielsweise direkt am Dämpfer auf der Unterseite des Oberrohrs einen Leitungsausgang für diejenigen, die einen Remote Lock montieren und das Kabel dafür im Rahmeninneren führen möchten. Auch die großen Lagerabdeckungen sehen gut aus und schützen zudem vor Dreck und Feuchtigkeit. Unser Testbike kam in einem dezenten Raw-Look daher mit rohem Carbon und einer Klarlackschicht. In Serie wird es aber wahrscheinlich eine andere Lackierung geben.
Die Geometriedaten des Prowler sind auf den ersten Blick etwas überraschend – zumindest wenn man zuvor liest: 29″ Laufräder und 150 bzw. 160mm Federweg. So fällt der Lenkwinkel mit 67° ein klein wenig steiler aus als wir erwartet hätten, zudem ist der Hauptrahmen etwas kürzer als die Konkurrenz. Das führt andererseits auch dazu, dass der Radstand schön kompakt bleibt und das Bike damit trotz der größeren Laufräder schön wendig sein sollte.
KTM Prowler Geometrie
17 | 19 | 21 | |
Sitzrohr (in mm) | 430 | 480 | 530 |
Oberrohr horizontal (in mm) | 590 | 610 | 630 |
Steuerrohr (in mm) | 90 | 105 | 120 |
Kettenstrebe (in mm) | 436 | 436 | 436 |
Radstand (in mm) | 1163 | 1186 | 1208 |
Lenkwinkel (in °) | 67 | 67 | 67 |
Sitzwinkel (in °) | 76.5 | 76.5 | 76.5 |
Reach (in mm) | 426 | 443 | 459 |
Stack (in mm) | 611 | 625 | 639 |
Bei der Ausstattung sind die Entscheidungen noch nicht in Stein gemeißelt und einige der Komponenten, die am Prototyp-Rahmen montiert waren, wird man so wahrscheinlich nicht an den Serienrädern finden. Recht wahrscheinlich darf man sich beim Top-Modell jedoch auf eine Sram XX1 Eagle Schaltung und das Fox Factory Fahrwerk mit Float DPS Dämpfer und 36er an der Front freuen – wie eben auch an unserem Rad. Anstelle der TRP Quadiem an unserem Testrad wird später wahrscheinlich eine Vierkolbenbremse von Magura verbaut sein.
Erste Fahreindrücke vom KTM Prowler
Direkt am Morgen ging es für uns los vom Messegelände zum Coast Trail, um das KTM dort auf Herz und Nieren zu testen. Der Hinterbau gefällt gleich auf Anhieb durch viel Neutralität und selbst mit offenem Dämpfer ließ sich kaum ein Wippen ausmachen. Die Sitzposition ist etwas ungewohnt für diese Federwegsklasse – ein klein wenig touriger als erwartet würden wir sagen. Ausgesprochen gut gefällt das Cockpit mit kurzen Vorbau, breitem Lenker und einer insgesamt guten Ergonomie.
Der Trail zählt auch für Gardasee-Verhältnisse eher zur schweren Kost und verlangt dem Rad so einiges ab. Flowige Passagen mit losem Geröll wechseln sich mit schnellen Anliegern und technischen Steilstufen ab. Im flowigen Terrain spielt das Prowler groß auf und lässt die Funken sprühen: Das Fahrwerk funktioniert hervorragend und verleitet dazu, den Finger doch öfter mal von der Bremse zu nehmen und es einfach laufen zu lassen.
Wir das Terrain anspruchsvoller, stößt das KTM dann aber etwas an seine Grenzen: Es bleibt zwar immer beherrschbar und schlägt sich insgesamt gut, wirkt bisweilen aber etwas stelziger als wir es uns gewünscht hätten. Das ist aber auch kein Wunder, denn weite Teile des Trails sind klares Enduro-Terrain und angesichts der etwas touren-orientierten Ausrichtung des Prowlers kann es hier dennoch sehr gut mithalten.
Leider haben wir uns während unseres Rides trotz recht hohem Luftdruck gleich zwei Platten gefahren. Das liegt sicherlich auch an den verbauten Reifen von Schwalbe, die zwar gut funktionieren, aber ohne die dickere SnakeSkin Karkasse auskommen mussten. Das kann sich bis zur Serienreife des Rads jedoch noch ändern.