Radsport: Fabio Aru (UAE Team Emirates), Thibaut Pinot (Groupama-FDJ) und Simon Yates (Mitchelton-Scott) werden nicht gerade glücklich auf den Giro d’Italia 2018 zurückblicken. Obwohl es einige lichte Momente gab, wird die Enttäuschung überwiegen. Noch vor wenigen Jahren waren auch sie den Radsportfans unbekannt – bis der große Durchbruch kam. Auch in dieser Saison konnten wir bei der Italien-Rundfahrt ein paar junge Talente beobachten. 3 der 5 Entdeckungen haben wir vor dem Start des Giro d’Italia bereits kommen sehen.
Richard Carapaz: Bei der zweiten Grand Tour direkt auf Rang #4
Das Team Movistar trat zum Giro d’Italia ohne seine Stars Nairo Quintana, Alejandro Valverde und Mikel Landa an. Dennoch hat die spanische Equipe das Podium nur knapp verpasst. Der Grund: Richard Carapaz! Der schmächtige Mann aus Ecuador wird heute 25 Jahre alt und steht somit noch ganz am Anfang seiner Karriere. Mit Miguel Angel Lopez (Astana) hat er sich einen engen Kampf um das Weiße Trikot des Nachwuchsbesten geliefert. Nur um 47 Sekunden musste er sich geschlagen geben. Damit schrammte er auch lediglich um 47 Sekunden am Podium vorbei. Bei seiner zweiten Grand Tour konnte er sich aber mit einem Etappensieg trösten. Auf dem achten Teilstück fuhr er bergan allen davon und schlüpfte in die Maglia Bianca. Bestimmt werden wir Richard Carapaz in diesem Jahr bei der Vuelta a Espana wiedersehen. Doch dann werden wir nicht mehr überrascht sein, wenn er vorne mitfahren wird.
Sam Oomen: Mit 22 schon Edelhelfer und Top 10
Ebenfalls seine zweite Grand Tour bestritt Sam Oomen. Der 22-jährige Niederländer wurde in der Nachwuchswertung Dritter. Doch im Gegensatz zu den beiden Männern vor ihm ist er erstens jünger und zweitens nicht der Kapitän seiner Mannschaft. Sam Oomen erwies sich nämlich als wichtigster Helfer für Tom Dumoulin. Meist war er der letzte Mann an der Seite des Titelverteidigers. Er trat sogar auf der letzten Bergetappe – nach 19 harten Etappen – aktiv in Erscheinung und bereitete die letzten Attacken seines Kapitäns vor. In diesem Alter bereits drei harte Grand Tour-Wochen so gut wegstecken zu können, verspricht ein außerordentliches Talent. Daher wird es wohl nicht mehr lange dauern, bis er als Kapitän seiner Mannschaft um das Weiße Trikot fahren darf – oder vielleicht sogar um mehr. Denn mit seinem neunten Platz in der Gesamtwertung können sich die niederländischen Fans auf einen weiteren Top Rundfahrer freuen.
Giulio Ciccone: Zweiter in der Bergwertung
Schon seine dritte Italien-Rundfahrt hat der 23-jährige Giulio Ciccone in den Beinen. Während er in seinem ersten Jahr als einer der jüngsten Profis schon eine Etappe gewinnen konnte, fuhr er in dieser Saison auf das Bergtrikot. In dieser Wertung sollte es für den Mann des Teams Bardiani-CSF allerdings nur für Rang zwei reichen. Chris Froome (Sky) sammelte nämlich im Vorbeigehen nicht nur die Maglia Rosa auf, sondern auch Punkte für den Bergpreis. Dennoch wird Giulio Ciccone mit seiner Vorstellung zufrieden sein. Gleich mehrmals hat er sich in eine Ausreißergruppe schleichen können. Das Glück blieb ihm dabei aber verwehrt. Einen besonders starken Eindruck hinterließ er auf der neunten Etappe, als er bis zum letzten Kilometer bei den Favoriten bleiben konnte und unterwegs mehrmals attackierte. Sein zweiter Tagessieg beim Giro d’Italia war zum Greifen nahe. Da Giulio Ciccone aber vermutlich auch 2019 wieder dabei sein wird, dürfen wir ihn bestimmt wieder einmal jubeln sehen.
Nico Denz: Jetzt kann er auch lange Etappen & Bergetappen
Es war verdammt knapp – und zwar gleich zweimal! Nico Denz (AG2R La Mondiale) hätte auf zwei Etappen gewinnen können. Auf dem zehnten Teilstück kam er gemeinsam mit Matej Mohoric (Bahrain Merida) an und verlor den Zielsprint der längsten Etappe des Giro d’Italia 2018 nur knapp. Erstaunlich: Er konnte in der Abfahrt zu Mohoric aufschließen und dabei gestandene Fahrer abhängen, obwohl Mohoric als einer der besten Abfahrer der Welt gilt. Noch viel erstaunlicher war aber die Leistung ein paar Tage später. Auf der 15. Etappe ließ er sich erneut in einer Fluchtgruppe blicken und distanzierte im Anstieg alle seine Konkurrenten. Es hätte auch hier mit dem Etappensieg klappen können, wenn da nicht die plötzliche Tempoarbeit des Teams EF Education gewesen wäre – um am Ende mit dem besten Fahrer Rang #22 zu belegen. Nico Denz selbst spannte sich nach seiner Einholung noch als Helfer für Kapitän Alexandre Geniez ein, dem er somit zu einem hervorragenden elften Platz in der Gesamtwertung verhalf. Nach seinem ersten Profi-Podium wird „der Jens Voigt der neuen Generation“ sicher schon bald wieder bei einer Grand Tour zu sehen sein. Und dann klappt es vielleicht auch mit einem Etappensieg.
Ben O’Connor: Schlüsselbeinbruch verhindert die Top 10
Ben O’Connor (Dimension Data) ist der größte Pechvogel des diesjährigen Giro d’Italia. Eigentlich wurde er nur als Helfer für Louis Meintjes eingeplant, doch da der Südafrikaner im Laufe der Rundfahrt aufgeben musste, übernahm er selbst die Rolle des Kapitäns. Bis zur 19. Etappe lief für den 22-Jährigen alles nach Wunsch. Der Australier lag in der Gesamtwertung auf Rang zwölf – mit Aussicht auf die Top 10. Doch dann kam er in einer Abfahrt zu Fall und brach sich das Schlüsselbein. Zunächst stieg er wieder auf sein Rad und fuhr weiter, doch schließlich musste er feststellen, dass die Alpen-Trilogie unter solchen Schmerzen nicht zu meistern war. Nach dem nötigen Heilungsprozess werden wir Ben O’Connor aber gewiss wieder sehen, vermutlich bei der Vuelta a Espana.