Radsport: Morgen wagt die Tour de France ein Experiment. Auf der 17. Etappe sind nur 65 Kilometer zurückzulegen. Dabei starten die Fahrer in der Reihenfolge der Gesamtwertung. Was viele für eine revolutionäre Idee halten, sehen wir in unserer Tour de France Vorschau nur als Werbegag. Trotzdem wird die Etappe spannend – und könnte so einiges auf den Kopf stellen.
Die kürzeste Massenstart-Etappe der Tour de France Geschichte
Es ist der Tag, den die Sprinter und die Verletzten fürchten. Dafür ist nicht nur die Tatsache entscheidend, dass zwei Berge der ersten Kategorie und ein Berg der Höchstkategorie absolviert werden müssen. Denn von Bagnères-de-Luchon geht es über nur 65,0 Kilometer nach Saint-Lary-Soulan. Während dieses Teilstück für die Zuschauer ein echtes Highlight ist, werden viele Fahrer am Start um 15:15 hoffen, in spätestens drei Stunden noch Teil der Tour de France sein zu dürfen. Da die Etappe enorm kurz ist, wird nämlich die Karenzzeit – vor allem für die Sprinter – ein echtes Hindernis. Direkt vom Start weg müssen die ersten Höhenmeter überwunden werden. Überhaupt geht es die gesamte Etappe über nur Auf und Ab, bis im Zielort eines der größten Skigebiete der Pyrenäen erreicht wird.
Tour de France Vorschau: Die Bergwertungen der 17. Etappe
50,0 km vor dem Ziel: Montée de Peyragudes (1. Kategorie / 14,9 km à 6,7 %)
28,0 km vor dem Ziel: Col de Val Louron-Azet (1. Kategorie / 7,4 km à 8,3 %)
Schlussanstieg/Zielankunft: Col du Portet (Höchstkategorie / 16,0 km à 8,7 %)
Die Startaufstellung wird keine Auswirkungen haben
Von der Organisation der Tour de France wurden bereits vor Monaten die Streckenpläne und Etappenprofile veröffentlicht. Als revolutionäre Neuerung verkaufte man den Fans das kurze Teilstück mit einer Startaufstellung wie in der Formel 1. In der Realität wird zwar die Kürze für Spannung und Dramatik sorgen, doch die Aufreihung der Fahrer nach dem Gesamtklassement sollte kaum spürbar sein. Während die ersten 20 Profis ganz vorn stehen, reihen sich dahinter in einem Korridor von 70 Metern die restlichen Starter ein. Die Hoffnung ist, dass die Klassementfahrer zu Beginn des Anstiegs ohne Helfer dastehen. In Wirklichkeit werden die Sky-Profis jedoch einen kurzen Sprint auf den Asphalt legen und dann den berühmten Sky-Train starten. Sicher werden direkt beim Anpfiff Attacken – auch aus den Top 20 der Gesamtwertung – gestartet, doch die ganze Situation ist für eine starke Mannschaft trotzdem schnell in den Griff zu bekommen.
Velomotion-Prognose: Der Col du Portet ist die Vorentscheidung
Da nur 65 Kilometer zu fahren sind, muss man kein Hellseher sein: Die Etappe wird im Vollgas-Modus gefahren! Vor allem die starken Kletterer, die in der Gesamtwertung zwischen Platz #10 und #20 liegen, wittern morgen ihre letzte Chance. Direkt hinauf zum Montée de Peyragudes wird das Feld in viele Gruppen zersplittern. Spätestens am Col de Val Louron-Azet sehen wir Attacken von Favoriten. Eine Vorentscheidung der Tour de France 2018 liefert uns dann abschließend der Col du Portet. Der extrem lange und extrem steile Schlussanstieg ist wie gemacht für eine Wende. Hat morgen jemand schlechte Beine, ist die Tour de France für ihn gelaufen. Das Team Sky hat in den vergangenen Jahren bewiesen, dass solche Showdown-Etappen genau nach ihrem Geschmack sind. Wir erwarten einen defensiven Geraint Thomas und einen offensiven Chris Froome. Da die Konkurrenz – abgesehen von Tom Dumoulin (Sunweb) und Primoz Roglic (LottoNL-Jumbo) – schwächelt, gehen wir von einem Sieg durch den Vorjahressieger aus.
*** Chris Froome
** Primoz Roglic, Tom Dumoulin
* Geraint Thomas, Mikel Landa, Romain Bardet