Test: Der E-Bike Markt boomt, das zeigt auch der Blick auf die Webseite von KTM. KTM Bikes Industries bietet ein großes Sortiment an E-Bikes an und die motorisierten Räder stehen derzeit klar im Fokus. Elf verschiedene Modelle alleine im E-Bike Fully Bereich, doch wie soll sich der Biker hier noch auskennen und welches Bike ist für welchen Einsatzzweck gedacht? Velomotion hat das KTM Macina Kapoho 271 und das KTM Macina Kapoho 274 in einem Vergleichstest genauer unter die Lupe genommen und klärt auf.
Beginnen wir am Anfang: KTM Bikes als Marke ist klar, allerdings ist spannend zu wissen, dass der österreichische Fahrradhersteller KTM wenig mit KTM-Motorrädern zu tun hat und die beiden Hersteller weitestgehend unabhängig voneinander agieren. MACINA nennt KTM alle E-Mountainbikes, das Wort KAPOHO beschreibt das Modell. In diesem Fall handelt es sich um zwei E-Bike Fullys mit 160 mm Federweg. Die Zahl 271 steht für die Modellvariante, 271 ist das Topmodell für 5.999,- Euro, 274 ist das Einstiegsmodell für 3.999,- Euro.
Rahmen/ Geometrie
Betrachtet man die Geometrien des 160er Fullys, fällt auf, dass das Macina Kapoho einen relativ kurzen Hauptrahmen besitzt und die Kettenstreben verhältnismäßig lang sind, zumindest, wenn man sie mit anderen modernen Rädern in dieser Federwegsklasse vergleicht. Der Lenkwinkel liegt mit 66° dagegen im Normbereich. Damit möchte KTM eine angenehme und aufrechte Sitzposition ermöglichen und Tourenfahrern entgegenkommen. Den kurzen Hauptrahmen gleicht KTM mit einem längeren Vorbau aus um Bergab nicht automatisch zu weit hinten im Rad zu stehen. Erhältlich ist das KTM Macina Kapoho in vier verschiedenen Rahmengrößen von XS-L. Der Rahmen und der Hinterbau besteht aus Aluminium und ist für ein E-Bike dank Akku Integration schlank gehalten.
KTM Macina Kapoho
XS | S | M | L | |
Sitzrohr (in mm) | 410 | 430 | 480 | 530 |
Oberrohr horizontal (in mm) | 565 | 585 | 605 | 625 |
Steuerrohr (in mm) | 120 | 120 | 125 | 137 |
Kettenstrebe (in mm) | 495 | 495 | 495 | 495 |
Radstand (in mm) | 1210 | 1230 | 1251 | 1273 |
Lenkwinkel (in °) | 66,0 | 66,0 | 66,0 | 66,0 |
Sitzwinkel (in °) | 74,0 | 74,0 | 74,0 | 74,0 |
Reach (in mm) | 389 | 409 | 428 | 448 |
Stack (in mm) | 623 | 624 | 628 | 635 |
Ausstattung
Das KTM Macina Kapoho ist das Allmountain E-MTB mit 160 mm Federweg der Österreicher, sozusagen die eierlegende Wollmichsau. Der Akku wurde bei den 2018 Modellen schön in den Rahmen integriert und bietet 500 Wh. Beim Motor verwendet man bei beiden Modellen den bereits bekannten Bosch Performance Line CX. Ausstattungstechnisch unterscheiden sich die beiden von uns getesteten Ausstattungsvarianten enorm. Am auffälligsten: Während das Orange/Schwarze Topmodell mit einem Laufradmix aus 29 Zoll und 27,5+ Zoll ausgestattet wird, setzt man bei der Einstiegsvariante ausschließlich auf die breite Plusbereifung.
KTM Macina Kapoho 271
Shimano Zee Bremsen mit 200/180 mm Bremsscheiben sollen das Topmodell Macina Kapoho 271 zum Stillstand bringen. Unserer Ansicht nach würde auch am Hinterrad eine große Scheibe Sinn machen, immerhin benötigt ein E-MTB wegen des hohen Systemgewichts immer etwas mehr Bremspower. Mitgedacht: Eine Vorrichtung für einen Seitenständer ist bei beiden Modellen schon von Werk ab vorhanden.
Die SRAM EX1 ist extra für den E-Mountainbike Bereich konstruiert worden. Die 8-fach Kassette ist wegen der großen Gangsprünge etwas gewöhnungsbedürftig und erwartet vom Fahrer bergauf deshalb etwas Geschick. Die Kombination aus 29 Zoll vorne und 27,5+ hinten wirft im ersten Augenblick Fragen auf, bei genauerer Betrachtung macht der Mix jedoch durchaus Sinn. Das große Vorderrad soll für gute Überrolleigenschaften und präzises Handling sorgen, man trifft die Wunschlinie besser als mit einem schwammigen Breitreifen. Der breite Pneu hinten bringt entsprechend Traktion auf den Trail und erhöht den Komfort wenn es richtig rumpelt.
Das Cockpit wirkt mit den Bosch Bedienelementen und deren zahlreichen Kabel etwas unaufgeräumt. Daher findet auch der Remote Hebel für die Sattelstütze keinen passenden Platz und wurde kurzer Hand neben dem Bedienelement platziert. Während der Fahrt ist es leider entsprechend schwierig den Hebel zu betätigen. Hier würden wir uns eine bessere Lösung wünschen. 160 mm Federweg an Front und Heck bietet das Macina Kapoho 271. Der Hinterbau mit dem FOX DPX2 saugt Unebenheiten feinfühlig auf.
KTM Macina Kapoho 274
Das Macina Kapoho 274 ist das Einstiegsmodell der vollintegrierten Rahmenvariante. Dafür erhält man eine SR Suntour Coil Federgabel und einen RockShox Monach RL Dämpfer. Einsteiger werden sich mit der SR Suntour glücklich schätzen, da sie sich simpel ohne Werkzeug oder Dämpferpumpe einstellen lässt. Zugstufe, Lockout und Federvorspannung lassen sich durch Drehknöpfe verstellen.
Eine Shimano SLX 11-fach Schaltung bietet am Macina Kapoho 274 eine gute Schaltperformance und ist zudem sehr wartungsarm und verzeiht auch mal den ein oder anderen schnellen Gangwechsel. Anders als beim Macina Kapoho 271 kommen am Kapoho 274 vorne und hinten 27,5 plus Reifen zum Einsatz. Eine gute Wahl für das Einstiegsmodell, da gerade weniger versierte Fahrer das Traktionsplus zu schätzen wissen werden. Wird es doch mal schneller, kann der breite Reifen vorne aber auch mal etwas schwammig werden.
Der Dämpfer wird bei beiden Modellen durch eine Kunstoffabdeckung vor Schmutz und Steinen geschützt. Ebenfalls befindet sich an beiden Modellen eine absenkbare Sattelstütze mit 125 mm Hub. Durch die spezielle Hinterradaufhängung ist es nicht wirklich möglich eine innenverlegte Sattelstütze zu montieren. Dafür lässt sie sich einfacher und schneller aus dem Sitzrohr entnehmen.
KTM Macina Kapoho 271
Federgabel FOX 36 Performance 160 mm
Dämpfer FOX Float DPX2 160 mm
Motor/Batterie Bosch Performance Line / Bosch Powertube 500 Wh
Schaltung SRAM EX1
Bremsen Shimano Zee 203/180 mm
Sattelstütze KTM Comp 125 mm
Vorbau KTM 65 mm
Lenker KTM 720 mm
Laufräder DT Swiss H1900 Hybrid 29″ 30 mm und 27,5″ plus 35 mm
Reifen Schwalbe Fat Albert 2,35″ / Schwalbe Nobby Nic 2,8″
Preis: 5.999,- Euro
KTM Macina Kapoho 274
Federgabel SR Suntour Zeron 35 Coil 150 mm
Dämpfer RockShox Monarch RL 160 mm
Motor/Batterie Bosch Performance Line / Bosch Powertube 500 Wh
Schaltung Shimano SLX Shadow+
Bremsen Shimano Deore M6000 203/180 mm
Sattelstütze KTM Comp 125 mm
Vorbau KTM 65 mm
Lenker KTM 720 mm
Laufräder Ryde Edge 35
Reifen Schwalbe Nobby Nic 2,8″
Preis: 3.999,- Euro
Auf dem Trail
Nachdem wir uns intensiv mit den zwei Rädern beschäftigt und die verschiedenen Ausstattungsvarianten genauer betrachtet haben, war es an der Zeit die beiden Modelle auf den Trail loszulassen. Für welchen Einsatzzweck sind die Macina Kapoho Modelle nun gedacht? Allmountain, Forstwege oder doch fürs grobe Gelände? Wir haben’s herausgefunden.
Bergauf unterscheiden sich die beiden Modelle kaum. Die Sitzposition auf dem Macina Kapoho ist aufrecht und kompakt. Aufgrund des kurzen Hauptrahmens lastet beim Fahren viel Druck auf dem Gesäß. Gerade für weniger sportive Fahrer, die viel im flachen Gelände unterwegs sind und nur gemäßigte Anstiege fahren, ist das gut. Geht es jedoch richtig steil bergauf, fehlt etwas Druck auf der Front, der Dämpfer sackt tief in den Federweg und es fehlt an Grip und Kontrolle am Vorderrad. Dafür bieten die 27,5 plus Schwalbe Noby Nic 2.8 Hinterreifen Bergauf ordentlich Grip und schieben das Macina Kapoho und den Fahrer durch steinige Uphill Passagen souverän nach oben.
KTM Macina Kapoho 274
Bergab bemerkt man die Unterschiede der beiden Modelle dann sehr schnell. Das KTM Macina Kapoho 274 Einstiegsmodell ist eher für einfache Waldwege oder flowige Singletrails gedacht. Hier fühlt sich das Kapoho sehr wohl. Die Federelemente bieten in Verbindung mit den 2,8 Nobby Nic Reifen reichlich Komfort. Lässt man das Macina Kapoho doch mal auf ruppigerem Terrain frei, kommt die Federgabel schnell an ihre Grenzen. Sobald der Untergrund heftiger wird, wird das Macina Kapoho 274 kuzerhand nervös. Der etwas zu schmale Lenker mit 720 mm Länge vermittelt weniger Sicherheit als wir uns bei einem 160mm Rad wünschen, und passt zu einem Tourenbike. Der Hinterbau schluckt zwar Schläge sehr bereitwillig, rauscht dann aber schnell durch den gesamten Federweg und vermittelt kaum Feedback. Bei größeren Hindernissen fällt es mit dem Rad schwer, die Spur zu halten. Der kurze Hauptrahmen verleiht dem Bike eine gute Agilität. Schnelle Richtungswechsel erledigt das KTM trotz seines sehr langen Hinterbaus erstaunlich leichtfüßig.
KTM Macina Kapoho 271
Bergab kann das Kapoho 271 durch seine guten Federelemente punkten. Der Hinterbau mit dem FOX DPX2 saugt Unebenheiten feinfühlig weg, benötigt aber beim Setup deutlich mehr Luftdruck als wir es von anderen Rädern gewohnt sind. Dies könnte für schwerere Fahrer ein Problem darstellen, da sie schneller den maximalen Luftdruck des Dämpfers erreichen. Die kompakte Geometrie des Kapoho macht auch das 271 wendig. Schnelle Kurvenfahrten absolviert es viel leichter als die Länge des Hecks es erwarten ließe. Durch das schmale Cockpit kommt das Kapoho 271 aber auch bei schnelleren Abfahrten an seine Grenzen. Das Fahrverhalten ist dadurch nicht ganz so sicher und so kann das Rad die vermeintlichen Vorteile der gemischten Laufradgröße nicht ganz ausspielen.
Fazit
Im ersten Moment waren wir von unseren beiden Kapoho-Testbikes ehrlich gesagt etwas irritiert. Wir hatten angesichts der technischen Daten mit 160mm Federweg und im Falle des Kapoho 271 edlen Fox-Fahrwerks mit einem potenten Enduro mit Race-DNA gerechnet. Dass sich beide Räder jedoch in der Summe eher etwas gemütlich fahren, ist unter dem Strich allerdings nicht negativ – sondern einfach nur anders. Das KTM Macina Kapoho ist ein äußerst komfortabler Tourer mit schier unendlichen Gelände-Reserven, wenn diese von Nöten sein sollten.
Das günstigere Kapoho 274 dürfte mit seiner Plusbereifung und dem äußerst komfortablen Fahrwerk vor allem Trail-Einsteigern eine Menge Freude bereiten, wohingegen das knapp 2.000 Euro teurere Kapoho 271 auch mit deutlich schwererem Geläuf umzugehen weiß. Beiden gemeinsam ist die angesprochene, bequeme Sitzposition und die äußerst gute Tourentauglichkeit, die gerade während längerer Uphill-Passagen ihre Stärken ausspielt.
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