Test: Ein Trekking-E-Bike wie das Winora iX11 ist heute nicht einfach ein Rad mit E-Antrieb. Die Anforderungen an Funktion und Qualität sind rasant gewachsen, der Konkurrenzkampf der Hersteller ist hart. Mit dem iX11 könnten der Schweinfurter Hersteller Winora den Nerv der Zeit getroffen haben.
Beim Winora iX11 fällt uns eine Parallele zu den deutschen Autos ein: nicht nur, dass sie im Ausland begehrt sind. Die sogenannte Golfklasse, also Kompaktwagen mit gehobenem Anspruch, ist seit langem eine Vorzeige- Sparte, SUV hin oder her. High End in Qualität und, je nach Typ auch Motorisierung, dabei nicht überkandidelt und ohne Allüren. Gäbe es diese Klasse bei E-Bikes, hätte das Schweinfurter Unternehmen Winora-Staiger mit dem iX11 vielleicht das Original geschaffen.
Das Unternehmen ist Teil der niederländischen Accell-Gruppe, die Namen wie Batavus, Ghost, Raleigh oder Koga in sich vereint. Mit der Sinus-Reihe hat man bei Winora für 2019 ein Trekking-Pedelec in drei Rahmen- und ungezählten Ausstattungsvarianten herausgebracht, das die gesamte Touren-Breite abdeckt und auch noch darüber hinaus geht – in die City und auf Reisen.
Design des Winora iX11: absolut State of the Art
Das Erscheinungsbild des Pedelecs zeigt: Man beherrscht die Formensprache der Zeit. Die Optik des steifen Alu-Rahmens ist kräftig, dabei eher markant als plump. Die Übergänge der Alu-Rohre sind sauber gearbeitet, der Akku vollständig im abschließbaren Unterrohr-Fach versteckt. Das konische Steuerrohr bedeutet: Bei den Schweinfurtern stellt man sich auf die höhere Bremsperformance von Scheibenbremsen ein – und die damit verbundenen höheren Anforderungen ans Material.
Auch die Zweifarben-Lackdierung und das Finish können überzeugen. In Sachen Integration kann nicht nur das Akku-Fach punkten: Einen Großteil der Züge steckte man bei Winora iX11 direkt in den verstellbaren Vorbau, um ihn dann unauffällig von Steuer- ins Unterrohr zu leiten; das Rahmendreieck selbst bleibt dabei absolut clean – sehr schön und bei sauberer Verlegung auch sehr wartungsarm.
Winora iX11 : Trekking pur mit vielen Fähigkeiten
Für viele Einsätze tauglich: die Sitzgeometrie auf den iX11. Die Haltung ist leicht sportlich angehaucht, durch den winkelverstellbaren Vorbau ist das Rad aber durchaus auch komfortabel und mit viel Sicht auf das Verkehrsgeschehen in der City zu fahren. Allerdings erfordert das Einstellen etwas Werkzeug und ein paar Minuten Zeit. Komfort schafft auch die Sattelstütze von der Accell-eigenen Komponenten-Marke XLC. Grobe Fahrbahnstöße werden wirkungsvoll gedämpft; auf kleinere wird allerdings kaum reagiert. Durch den stark nach hinten gebogenen Lenker werden die Handgelenke geschont – mit 64 Zentimeter Bügelbreite hat man beste Kontrolle.
Überhaupt: Das Rad läuft sehr ausgewogen und ohne besondere Vorlieben. Wendig in der City, mit ausreichend Geradeauslauf und Laufruhe auf der Tour, aber immer angenehm im Handling. Dazu tragen auch die speziellen E-Bike-Reifen von Schwalbe bei, die mit Kevlar-Gürtel nicht zu schwer sind, aber hinreichend Pannensicherheit gewährleisten – auch Ausflüge auf (trockenem) Feldweg sind damit möglich. Der Träger nimmt Gepäcktaschen auf – leider nicht auf einer speziellen Reling, die den Schwerpunkt des Rads nochmals tiefer legen würde – doch auch so lässt sich der Tourer von Gepäcklast nicht beeindrucken. Praktisch: Für das Regenjäckchen auf der Kurzstrecke gibt’s eine Federklappe.
Auch die 180-Millimeter-Bremsscheiben kommen mit Mehrgewicht gut zurecht; sie sind ausreichend dosierbar und haben genug Power für jede Situation. Allerdings wünscht man sich – wie heute bei Scheibenbrems-Rädern fast Standard – Steckachsen statt der üblichen Schnellspanner – sie machen das Handling beim Bremsen noch sicherer. Überfordert wird auch die eher einfach, aber verstellbare Federgabel auf Trekking-Terrain nicht – allerdings könnte sie etwas besser ansprechen. Der Komfort auf dem Rad ist jedenfalls dank ihr, der Federstütze und dem breiten, dick gepolsterten Sattel gut. Wer gern längere Touren fährt, sollte den Sattel gegen einen Sattel mit geringerer Polsterung tauschen.
Auch am Berg hat das Winora iX11 satte Power
Elf Gänge, die per hochwertiger Shimano-XT-Schaltung gewechselt werden, liefern auch am Berg ausreichend Entfaltung und bereiten regelrecht Schaltvergnügen, so flott und genau arbeiten Ritzel und Schaltung zusammen. Ein kleiner Störfaktor ist da das systembedingte ruckige Schalten, das die satte E-Unterstützung vor allem beim Hochschalten verursacht – ein Tribut an die Motorkraft, die beim Schalten nicht ganz zurückgefahren wird.
Der Motor selbst langt kräftig zu – in zweifacher Hinsicht: Einerseits ist damit das Winora iX11 am Berg im Turbo-Modus kaum zu schlagen, so viel Power – 75 Newtonmeter – bringt der Performance CX-Motor mit sich. Und auch die Motorsteuerung ist ein Spaßbringer, so exakt, wenn auch nicht supersanft setzt der Antrieb ein – da macht selbst Anfahren am Berg Spaß! Übrigens kann man beim neuen, eigentlich für den E-MTB-Bereich gedachte Motor auf die Moduswahl verzichten – die Motorsteuerung arbeitet dynamisch: Je nach Trittfrequenz und Pedaldruck wird Kraft zugegeben.
Andererseits ist der Kraftbursche nicht der sparsamste und liefert so im Turbo-Modus um die 15 Prozent weniger Reichweite als sein kleiner Bruder Active Line Plus – da man aber ohnehin nur im Bergigen in den höchsten Unterstützungsmodi fährt, dürfte das zu verkraften sein. Der 500-Wattstunden Akku im Rahmen dürfte für die meisten auch hügeligen Touren reichen.