Test / MTB: 2020 bringt der deutsche Marktriese Cube mit dem Stereo 170 TM 29 ein komplett neu designtes Superenduro, konzipiert für den Renneinsatz, auf den Markt – für günstige 3.599 Euro. Wer in letzter Zeit die Enduro World Series aufmerksam verfolgte, dem sollte der Long Travel Viergelenker bereits ins Auge gestochen sein. Dort wurde das neue Bike nämlich vom Cube Actionteam um Manager Claus Wachsmann auf Herz und Nieren getestet. Die von uns getestete TM-Variante ist die Baller-Edition des neuen Cube Stereo 170 – mit Stahlfederdämpfer und entsprechenden Anbauteilen. Im Test werden wir die Rennstreckentauglichkeit des Superenduros unter anderem auf World Cup Strecken in der Schweiz testen.
Ein Blick auf die Ausstattung des Cube Stereo 170 TM 29 2020
Dem Nachfolger des Cube Hanzz wurde auf dem Papier mit 170mm etwas weniger Federweg spendiert als seinem Vorgänger. Jedoch kann der neue Cube Stereo 170 TM 29 Alurahmen mit einer moderneren, längeren Geometrie und den 29 Zoll Laufrädern punkten. Ein bunter Mix aus Sram-, Shimano- und e*thirteen-Komponenten findet sich am komplett neu designeten Cube Stereo 170 TM Alurahmen wieder. Die getestete Variante in Rahmengröße 20″ brachte unter anderem durch den Stahlfederdämpfer ein stolzes Gewicht von 15,8kg auf die Waage. Wer also auf der Suche nach einem leichten Superenduro ist, sollte die beiden anderen Ausstattungsvarianten mit Luftfahrwerk genauer unter die Lupe nehmen.
Durch einen Flipchip oben und zwei Dämpferaufnahmen an der Unterseite bietet Cube beim Stereo die Wahl zwischen einer auf Luft- oder Stahlfederdämpfer optimierten Kinematik. Die getestete TM-Variante ist ausschließlich mit einem Coil-Dämpfer erhältlich und nutzt somit nur die hintere Dämpferaufhängung. Verbaut wurde im Viergelenker Hinterbau ein Rock Shox Super Deluxe Coil Dämpfer mit einer sogenannten Twist-Lock Funktion am Lenkergriff, die einigen Lesern von Gripshift Schaltungen bekannt sein sollte. Der Twist-Lock sorgt dafür, dass der Hinterbau versteift und kaum noch Wippen zu spüren ist. Gerade bei langen Anstiegen oder spontanen Zwischensprints ist diese Funktion Gold wert.
Rahmen | HPA Advanced Hydroform |
Federgabel | RockShox Lyrik Ultimate RC2 |
Dämpfer | RockShox Super Deluxe Coil Ultimate Remote |
Laufräder | e*thirteen LG1 EN Plus |
Reifen VR | e*thirteen LG1 EN A/T Race, 42A/52A Compound, Apex, 2.35 |
Reifen HR | e*thirteen LG1 EN A/T Plus, 52A/66A Compound, Apex, 2.35 |
Schaltwerk | Shimano XT RD-M8100-SGS |
Schalthebel | Shimano SLX SL-M7100 |
Kurbel | Shimano XT FC-M8100, 30T |
Umwerfer | |
Bremse | Shimano XT BR-M8120 |
Bremsscheiben | Shimano RT86 203/180mm |
Sattelstütze | Cube Dropper Post 150mm |
Sattel | SDG Radar |
Vorbau | e*thirteen Plus 35 |
Lenker | e*thirteen Plus 35, 800mm |
Ebenfalls aus dem Hause Sram kommt die 180mm Rock Shox Lyrik mit ihren markant gloss red farbenen Tauchrohren, welche uns im Test durch ihr sensibles Ansprechverhalten absolut überzeugen konnte. Der Lenkwinkel, in dem die Gabel agiert, kann beim Acros Steuerstatz durch ein Angleset um 0,6° von 64,4° auf 65° oder umgekehrt verändert werden. Das Cockpit wirkte trotz seiner fünf verschiedenen Leitungen sehr ordentlich und aufgeräumt. Die e*thirteen Lenker/Vorbau-Kombi gefiel mir persönlich durch den 800mm breiten Lenker und dem 40mm Vorbau sehr gut, da dies ein sehr direktes Fahrverhalten vermittelt.
Die Geometrie des Cube Stereo 170
18 | 20 | 22 | |
Sitzrohr (in mm) | 420 | 470 | 520 |
Oberrohr horizontal (in mm) | 582 | 606 | 626 |
Steuerrohr (in mm) | 103 | 113 | 133 |
Kettenstrebe (in mm) | 434,5 | 434,5 | 434,5 |
Radstand (in mm) | 1212 | 1237 | 1265 |
Lenkwinkel (in °) | 65 | 65 | 65 |
Sitzwinkel (in °) | 76,5 | 76,5 | 76,5 |
Reach (in mm) | 444 | 464 | 484 |
Stack (in mm) | 621 | 630 | 648 |
18 | 20 | 22 | |
Sitzrohr (in mm) | 420 | 470 | 520 |
Oberrohr horizontal (in mm) | 581 | 604 | 631 |
Steuerrohr (in mm) | 103 | 113 | 133 |
Kettenstrebe (in mm) | 434,5 | 434,5 | 434,5 |
Radstand (in mm) | 1220 | 1244 | 1273 |
Lenkwinkel (in °) | 64,4 | 64,4 | 64,4 |
Sitzwinkel (in °) | 76,7 | 76,7 | 76,7 |
Reach (in mm) | 446 | 466 | 486 |
Stack (in mm) | 619 | 628 | 646 |
Die Bremshebel ließen die enorme Bremskraft der XT BR-M8120 perfekt dosieren und auch die Ergonomie ließ nichts zu wünschen übrig. Die Shimano Vierkolbenbremse konnte vor allem durch ihre Bissigkeit und ihre Punktgenauigkeit beeindrucken. Auch bei der Wahl der Bremsscheiben trafen die Waldershofer mit 203mm vorne und 180mm hinten voll ins Schwarze. Sogar bei 400 Tiefenmetern am Stück war nur wenig bis gar kein Fading zu erkennen und der e*thirteen Laufradsatz kam immer sicher zum stehen. Die hauseigene Dropper Post funktionierte tadellos und ließ mich nicht ein einziges Mal im Stich, was bei anderen Herstellern gelegentlich ein Problem sein kann. Mit dem Shimano SLX Trigger auf der Deore XT Schaltgruppe ließen sich die Gänge präzise schalten und ich hatte auch dank der e*thirteen Kettenführung keine Probleme an der Schaltung.
Erster Fahreindruck auf dem Cube Stereo 170 TM 29 2020
Zum Test ging es auf ins schöne Graubünden, in den Lenzerheide Bikepark, der alles von typischen Park-Strecken, über natürliche Singletrails bis hin zu einer World Cup Downhillstrecke bot, was sich das MTB-Herz wünschen kann. Das Cube Stereo musste sich jeder Herausforderung, die es in dieser beeindruckenden Kulisse zu bewältigen gab, stellen. Angekommen im Bikepark ging es für mich sofort zielstrebig zum Lift an der Rothornbahn, der mich zur Mittelstation Scharmoin beförderte, die mir einen unbeschreiblichen Weitblick über die Schweiz und ihre Berge bot.
Bei meiner ersten Abfahrt auf der Flow-Line fühlte ich mich auf dem Cube Stereo 170 TM 29 nach sehr kurzer Eingewöhnungszeit wie zu Hause. Beim Traileinstieg bekam ich sofort zu spüren, wie zentral und aggressiv man sich auf dem Cube befindet. Bereits auf den ersten flowigen Abfahrtsmetern ließ sich das Stereo extrem direkt und zielgenau durch den Trail zirkeln und zeigte direkt, wie verspielt sich ein modernes Superenduro anfühlen kann. Auch durch die 29 Zoll Bereifung fühlte ich mich in Sachen Wendigkeit keineswegs eingeschränkt. Die großen Laufräder rollten fröhlich über alles hinweg, was sich ihnen in den Weg stellte und bügelten in Kombination mit dem super sahnigen Fahrwerk jedes Hindernis ohne Probleme aus. Nur in langsamen, verblockten Trailabschnitten wirkte das Stereo 29 TM etwas unruhig und verlor etwas an Rollfreudigkeit.
Weiter unten im Tal, als die Sprünge größer und die Drops höher wurden war ich vom Stereo mehr als begeistert. In der Luft absolut stabil und super einfach zu handeln, obwohl der 20″ Rahmen einen Radstand von 1244mm aufweist. Schön, dass es die Oberpfälzer Ingenieure geschafft haben, einem Racebike einen verspielten Charakter zu verleihen und es zur schnellen Spaßmaschine zu machen. Um auch seine Racetauglichkeit zu testen, ging es auf die Straightline-Downhillstrecke, welche auch als Austragungsort für Weltcups und Weltmeisterschaften im Downhillsport dient.
Um es direkt vorweg zu nehmen: Diese mit Schlüsselstellen gespickte, höchst anspruchsvolle Strecke verlangte dem Stereo 170 wirklich alles ab. Der Dämpfer schlug mir hier einige Male durch – das lag jedoch auch an der etwas zu weichen Feder an unserem Testbike; die 350lbs waren für meine 80kg und eine Strecke von diesem Kaliber schlicht zu wenig. Dennoch konnte das Bike auch hier überzeugen und brachte mich schnell, sicher und mit einem breiten Grinsen im Gesicht nach unten. Ich hatte auch auf losem Boden oder in abschüssigem Gelände immer sehr viel Traktion, was definitiv für das Fahrwerk und die Reifenwahl spricht.
Im Lenzerheide Bikepark schlug sich das Cube Stereo 170 TM 29 super und es waren kaum Schwächen am „light Freerider“ zu finden. Doch zurück im Bikelift-losen Bayerischen Wald musste sich das Cube auch einigen Uphills stellen und beweisen, dass es sich trotz seiner 15,8 Kilo noch effektiv pedalieren lässt. Gerade für den Enduro-Renneinsatz ist das ein wichtiger Faktor, denn was nützen die besten Downhilleigenschaften, wenn am Traileinstieg die Kraft schon zur Neige geht.
Schon recht früh zeigte sich jedoch, dass auch das Cube die Kilos zwar nicht wegzaubern kann, sich aber dennoch stoisch und überraschend schnell den Berg nach oben befördern lässt. Bei ausgedehnten Feierabendrunden empfand ich die Sitzposition immer als sehr angenehm und trotzdem recht effizient. Technische Abschnitte meisterte das Stereo in gewohnter 29 Zoll Manier absolut unbeeindruckt. In Steilstücken kletterte es gut und das Vorderrad verlor nie den Bodenkontakt.