Test: Der Reifen des US-Anbieters Donnelly ist hinsichtlich Profil und Dimensionierung ein echter Gravel-Pneu – was aber eher für große Vielseitigkeit steht, denn der Reifen überzeugt auf der Straße wie auf Naturwegen mit unterschiedlichsten Untergründen. Dazu kommen ein paar Besonderheiten, die die Freunde der jungen Rennrad-Gattung überzeugen dürften.
Reifen unter dem Namen Donnelly gibt es erst seit knapp drei Jahren. Sieben Jahre lang fertigte das Unternehmen unter dem lizensierten Namen Clément vorwiegenden Querfeldein- und Rennradreifen, dann ging der traditionsreiche Markenname wieder an seinen Inhaber Pirelli zurück. Die nun mit neuem Donnelly-Markenlogo versehenen Produkte haben sich jedoch kaum geändert, abgesehen davon, dass mit dem Gravel-Boom neue Modelle dazugekommen sind, außerdem Carbonrahmen für Crossräder und Gravel-Bikes. „Adventure tires“ nennen die Amerikaner ihre Pneus für Naturstraßen und gemäßigtes Gelände. Die meisten davon verfügen über kleine, dicht stehende Profilblöcke und eine Lauffläche mit geringem Negativ-Anteil; damit sehen sie eher wie Trekkingrad-Reifen aus als wie solche, die man vom Crossrad her kennt. Klar, denn sie müssen ja auch keine schlammigen Offroad-Pisten verdauen, sondern sollen über Asphalt und Straßen mit lockerem Untergrund rollen – die berühmten „Gravel roads“ eben.
Donnelly stellte uns das Erfolgsmodell X’plor mit sandfarbener Skinwall-Seitenwand zur Verfügung, das in diversen Größen angeboten wird – vom 30 mm schmalen CDG mit Fischgrät-Lauffläche bis zum 50 mm breiten 650B-Pneu, dessen Profil dem unserer Tubeless-Ausführung entspricht. Letztere ist auf „ambitious adventures“ über wechselnden Untergrund ausgelegt; Schotterstraßen, Trails, Asphalt und Pflastersteine sind damit laut Donnelly-Homepage gemeint. In der Theorie also ein veritabler Alleskönner, in 40 mm Breite dabei gerade noch kompatibel mit konventionellem Material: Ein breiterer Reifen würde nicht mehr in den Hinterbau des Crossers passen, der als Testrad dient, und auch die Felgen mit 18 mm Innenmaß wären dann nicht mehr ideal. Dass der Reifen andererseits gegenüber schmaleren Modellen Vorzüge hat, lässt sich schon an seiner Seitenwand ablesen: 2,4 bar beträgt der offizielle Mindestdruck, was für hohen Komfort spricht. Und dank seines großen Volumens sollte der Reifen auch bei geringem Druck nicht zum Durchschlagen neigen.
An der Waage hängt der X’plor mit 500 Gramm, ist also nicht superleicht; dafür verspricht sein Hersteller hohen Pannenschutz. Darauf deutet auch die Montage hin, denn der recht steife Reifen lässt sich nicht einfach so mit den Daumen ins Felgenbett drücken – erst als der Reifenheber angesetzt wird, klappt es. Ist er einmal drin, gibt es eine Überraschung: Der Donnelly sitzt so eng, dass er mit der Minipumpe befüllt werden kann; zum Abdichten ist kein hoher Druck aus dem Kompressor nötig. Bei 3 bar ist er 39 mm breit, also minimal schmaler als angegeben – auf einer echten Gravel-Felge mit größere Maulweite dürfte er etwas breiter als das Nennmaß sein.
Wird die Luft zum Einfüllen des Dichtmittels wieder abgelassen, behält der Reifen seine Form und seinen festen Sitz im Felgenbett. Das sind gute Nachrichten für Radfahrer, die mit dem X’plor lange Touren fahren – sollten sie einen Defekt haben, der mit komplettem Luftverlust einhergeht, muss nicht gleich der ADFC gerufen werden.
Wir nehmen den X’plor beim Wort und machen uns mit 2,5 bar auf den Weg, also nah am Mindestdruck. Dennoch ist der Reifen weit davon entfernt, mit dem Gesamtgewicht um 87 Kilo überfordert zu sein. Bei hoher Tretfrequenz wippt er minimal, und durchschlagen tut er auch bei quer liegenden, hohen Wurzeln nicht. Im Vergleich mit einem 35er erlaubt der Donnelly (der rund 5 mm höher baut als jener) eine passive Fahrweise – einfach sitzenbleiben und treten, komme, was da wolle. Was in unserem Fall heißt: Asphalt, Waldwege mit festem, kiesigem Belag, Wege mit lockerem, scharfkantigen Schotter, Schlaglöcher variierender Tiefe und dazu eine Prise tiefe, sandige Reitwege. Außerdem eine schlammige Pfütze an einem Abzweig, die mit leichter Schräglage gefahren wird und verdeutlicht, dass der Kurvengrip dank der großen Schulterstollen ziemlich gut ist, auch wenn die nächsten paar dutzend Meter nur so die Schlammklümpchen fliegen.
Die aufgezählten Beläge nimmt der 40er Reifen stoisch und unbeeindruckt hin. Mit dem geringen Druck ist er natürlich kein ausgesprochener Leichtläufer, dafür aber dank 120-tpi-Karkasse recht geschmeidig, angenehm komfortabel und sehr schluckfreudig. Auch größere Brocken auf der Fahrbahn können überrollt werden; alles bis 1 cm Kantenlänge ist dabei kaum spürbar. Unsicherheit kommt auch bei lockerem Untergrund nicht auf; beim Beschleunigen (und) im Wiegetritt zeigt sich jedoch der Nachteil des geringen Drucks: Der Reifen wirkt schwammig und träge und verformt sich sichtbar, wenn das Rad unterm Fahrer bewegt wird. Flotte Antritte sind in diesem Set-up nicht drin, doch das lässt sich ja ändern: Für eine Asphalt-Tour mit minimalem Waldweg-Anteil belüften wir den Donnelly mit 3,2 bar. Gar nicht so viel mehr also, doch die Wirkung ist groß: Der Reifen rollt spürbar leichter und zeigt sich an Steilstücken im Wiegetritt deutlich agiler. Starke Schräglage ist kein Problem; der Donnelly haftet gut und liegt satt auf der Straße. Das große Volumen führt aber dazu, dass das Rad bei gleicher Kurvengeschwindigkeit stärker „abgewinkelt“ werden muss. Erwartungsgemäß bringt der höhere Druck mit sich, dass sich der Reifen etwas härter fährt; unkomfortabel ist er dabei noch lange nicht. Und auch wenn es geschmeidigere Gravel-Reifen gibt – ob diese ebenso solide und pannenfest sind wie der X’plor MSO, ist eine andere Frage.