Test: Das Stevens Prestige bleibt sich auch im Jahr 2020 treu – einst ein reinrassiger Crosser, trägt das Rad auf der Herstellerseite neuerdings auch die Bezeichnung Gravel. Unser Test zeigt, dass sich das Rad dennoch weiterhin auf den CX-Strecken wohler fühlen dürfte, als auf endlosen Gravel-Straßen.
Stevens Prestige 2020: Die Fakten
Rahmenmaterial: Aluminium
Laufradgröße(n): 700cc
Maximale Reifenfreiheit: 42mm
Achsmaß (v/h): 12×100 / 142×12
Schutzblechösen: Ja
Gepäckträgerösen (v/h): Nein / Ja
Flaschenhalter: Unterrohr oben, Sitzrohr
Gewicht Laufräder v/h/gesamt (mit Reifen und Bremsscheiben): 1.550g / 1.580g / 3.130g
Gewicht Komplettrad ohne Pedale (Größe M): 9,77kg
Preis: 1.799 Euro
Überzeugender Alu-Rahmen mit Alltagsqualitäten
Das Stevens Prestige ist vielleicht eines der „dienstältesten“ Räder auf dem heutigen Fahrradmarkt. Der einstige Crosser der Nordlichter hat über 15 Jahre auf dem Buckel und ist sich trotz aller Weiterentwicklungen zumindest in einigen Zügen treu geblieben. So basiert auch das 2020er Prestige auf einen hochwertigen Rahmen aus Aluminium. Heutzutage kommt dieser natürlich mit Flatmounts für die Scheibenbremsen, mit intern verlegten Zügen und mit Steckachsen vorn und hinten. Ein echtes Alleinstellunsmerkmal für das Prestige ist die riesige Auswahl an verfügbaren Rahmengrößen: Acht Stück sind das im aktuellen Modelljahr – hier sollte wirklich jeder glücklich werden.
Trotz der einstigen CX-DNA bringt das Prestige jede Menge Features mit, die die Alltagstauglichkeit unterstreichen: Schutzbleche lassen sich ebenso anbringen, wie ein Gepäckträger hinten und auch die Ösen an der Gabel erlauben die Montage von Zubehör. Ähnlich gut schaut’s in puncto Reifenfreiheit aus. verbaut sind 40mm Pneus von Schwalbe, die vorn und hinten noch schön viel Platz haben – je nach Reifen und Schlamm-Faktor sollten hier durchaus auch noch 42er genügend Durchlauf haben.
Das erste große Highlight der Geometrie, die riesige Auswahl unterschiedlicher Größen, haben wir bereits angesprochen. Ansonsten liest sich das Prestige auf dem Papier durchaus interessant: Zwar ist das Prestige ein Rad, das so oder so ähnlich schon das eine oder andere CX-Rennen gewinnen konnte, doch die Geometriedaten scheinen sich auf den ersten Blick gar nicht so sehr von den übrigen Gravelbikes in unserem Testfeld zu unterscheiden. Die Kettenstreben fallen mit 430mm sogar ziemlich lang aus, ebenso wie der Radstand. Okay, der Lenkwinkel ist eher steil, aber auch nicht so sehr, dass man hier von einer anderen Radkategorie sprechen könnte.
Geometrie Stevens Prestige 2020
47 | 50 | 52 | 54 | 56 | 58 | 60 | 62 | |
Sitzrohr (in mm) | 480 | 490 | 520 | 540 | 560 | 580 | 600 | 620 |
Oberrohr horizontal (in mm) | 485 | 499 | 527 | 539 | 551 | 572 | 588 | 600 |
Steuerrohr (in mm) | 100 | 115 | 130 | 145 | 160 | 175 | 190 | 205 |
Kettenstrebe (in mm) | 430 | 430 | 430 | 430 | 430 | 430 | 430 | 430 |
Radstand (in mm) | 995 | 1006 | 1010 | 1011 | 1007 | 1027 | 1043 | 1055 |
Lenkwinkel (in °) | 70 | 70.5 | 71 | 71.5 | 72 | 72 | 72 | 72 |
Sitzwinkel (in °) | 76.5 | 75.5 | 74.5 | 74 | 73 | 73 | 73 | 73 |
Reach (in mm) | 361 | 371 | 375 | 376 | 372 | 388 | 399 | 407 |
Stack (in mm) | 516 | 532 | 548 | 567 | 588 | 603 | 617 | 631 |
Ausstattung mit rekordverdächtig leichten Laufrädern und Schwächen im Detail
Für das Gesamtpaket aus Rahmen und Ausstattung muss man den Jungs und Mädels von Stevens wirklich ein Kompliment machen: Zwar sind 1.799 Euro jetzt kein Pappenstiel, aber nicht nur ist das Stevens mit 9,7kg eines der leichtesten Räder unter unseren Einsteigern, mit nur etwas über drei Kilogramm ist das Laufradsystem zudem sogar leichter als das so mancher Top-Bikes für mehrere Tausend Euro. Beim Antrieb ist die aktuelle Version des Prestige nun mit dem GRX Antrieb von Shimano ausgestattet, wenngleich man sich mit den günstigeren Komponenten aus der Reihe zufrieden geben muss – die 600er STIs sind bei der Ergonomie nicht ganz auf dem Level der teureren 800er und die 400er Bremsen packen nicht ganz so fest zu. Dennoch dürfte die Performance mehr als ausreichend sein, für einen Einsteiger allemal!
Sportlich gewählt ist jedoch die Übersetzung: An der gruppenlosen RS510 Kurbel von Shimano ist eine 50-34er Kettenblattkombination montiert, die zusammen mit der 11-32er Kassette zwar auf eine durchaus gute Bandbreite von 428% kommt, jedoch selbst im leichtesten Gang nach ganz schön Power in den Beinen verlangt, wenn man längere Anstiege auf unbefestigten Wegen unter die Räder nehmen möchte.
Rahmen | Stevens Prestige SL 7005 |
Federgabel | Stevens S-Lite Aluminium |
Laufräder | Fulcrum Racing 700DB DRP |
Reifen | Schwalbe G-One Bite RaceGuard |
Schaltwerk | Shimano GRX 810 |
Schalthebel | Shimano GRX 600 STI |
Kurbel | Shimano FC-RS510 |
Umwerfer | Shimano Ultegra |
Bremse | Shimano GRX |
Sattelstütze | Osygen Scorpo Road |
Sattel | Oxygen Triton |
Vorbau | Oxygen Scorpo Road |
Lenker | Oxygen Scorpo Aero |
Nun jedoch zum Ausstattungshighlight am Stevens Prestige 2020: Die Fulcrum Racing 7DB Laufräder wiegen „nackt“ laut Hersteller 1.740g, das Gesamtsystem inklusive Reifen und Bremsscheiben an unserem Testrad gerade einmal 3,13kg – ein Spitzenwert. Die Alufelgen sind zudem genau so wie die darauf montierten Schwalbe G-One Reifen tubeless-kompatibel. Dass die Felgenbreite mit 19mm ein wenig schmaler ausfällt als bei aktuellen Top-Laufradsätzen aus dem Bereich, dürfte für die meisten Fahrer nicht allzu sehr ins Gewicht fallen.
Bei den Anbauteilen bedient man sich bei der Hausmarke Oxygen und verzichtet auf große Experimente. Der Lenker kommt ohne nennenswerten Flare aus, was für ein Gravelbike ungewöhnlich ist.
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Let’s Gravel: Das Stevens Prestige 2020
Das Stevens Prestige erscheint auf den ersten Blick mit seiner glänzenden Lackierung sehr schlicht und verhält sich erst einmal unauffällig. Stimmige Designelemente in Rahmen und Laufrädern sorgen in Verbindung mit einer guten Verarbeitung für einen hochwertigen Look.
Schon beim ersten Aufsitzen wird klar, wohin die Reise beim Stevens geht – nach vorn! Schnell und sportlich. Die Sitzposition ist alles andere als tourig und dürfte am ehesten Rennrad-Freunden gefallen. Wer gerne etwas aufrecht sitzt oder regelmäßig längere Touren unter die Räder nehmen möchte, muss wohl mit Spacern unter dem Vorbau etwas entschärfen – das ist zumindest teilweise möglich. Passend zu dieser Sitzposition gibt sich das Prestige auch im Antritt. Die für diese Preisklasse sehr leichten Laufräder und der steife Alurahmen katapultieren das Rad förmlich nach vorn. Trotz der recht langen Kettenstreben lässt sich das Rad sehr agil durch Kurven und technische Abschnitte zirkeln.
Lenkimpulse setzt das Stevens Prestige sofort um, was besonders in technischen Abschnitten Vorteile bietet. Allerdings hat das Stevens Prestige gerade auf schnelleren Abschnitten auch im leichten Gelände deutlich zu kämpfen und wird recht schnell nervös. Das liegt einerseits am steilen Lenkwinkel, andererseits jedoch auch an der recht unnachgiebigen und etwas unkomfortablen Alu-Gabel, die darüber hinaus auch sehr wenig Vorbiegung hat. Dies führt dazu, dass die Vorderachse sehr nach am Tretlager liegt und es zu sehr starkem Toe-Overlap kommt. Wem der Begriff nichts sagt: Bei Waagrechter Kurbelstellung kollidieren Fußspitze und Reifen, wenn man den Lenker einschlägt. Die Kombination aus nervösem Fahrverhalten, Toe-Overlap und der sportlichen Geometrie verlangt dem Fahrer einiges ab – gerade Anfänger oder Einsteiger könnten hier schnell überfordert sein.
Der Rahmen selbst ist dagegen beim Komfort ziemlich gut und steckt Stöße, Vibrationen und Schläge ziemlich gut weg – soweit es für einen Alurahmen eben möglich ist.
Die Schaltung mit einer Mischung aus 400er und 600er GRX Teilen ist ein gelungener Kompromiss, bietet gute Funktionalität und robuste Langlebigkeit für den Offroad-Einsatz – zu einem insgesamt wirklich attraktiven Preis. Die spezifizierte Kurbel bzw. die Kettenblätter ist gemeinsam mit der 11-32 Kassette für längere Anstiege auf Schotter oder anderen unbefestigten Wegen leider nur bedingt geeignet – es sei denn, man hat eben die entsprechenden Oberschenkel. Hier hätten wir uns zumindest eine Kassette mit 34er Ritzel oder die GRX Kurbel mit kleinerem 31er Blatt gewünscht.
Die weiteren Anbauteile, wie Lenker, Sattelstütze und Sattel sind zwar an sich hochwertig, doch gerade der Sitzbereich wollte uns nicht so recht gefallen und wurde vor allem bei ruppigem Gelände schnell etwas unkomfortabel.
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