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MountainbikesTests

Orange Crush Pro im Test: Spaßiger Trail-Räuber

1. Januar 2021 by Michael Faiß

Test: Drüben bei den Briten sind Trail-Hardtails schon längst in der breiten Masse angekommen. Natürlich haben da auch die Jungs von Orange Bikes so einige Modelle im Programm – beispielsweise das Crush. Mit 150 mm und quirligen 650b Laufrädern dürfte es auf dem Trail für jede Menge Spaß sorgen.

Orange Crush Pro: Die Fakten

Rahmenmaterial: Aluminium
Federweg: 150 mm
Laufradgröße: 27,5 Zoll

Preis: 2.700 Euro



Orange Bikes aus Nordengland ist zweifellos ein besonderer Fahrradhersteller. Über all die Jahre, die sie mittlerweile vor allem im MTB-Bereich aktiv sind, konnten die Briten ihre Grundsätze bewahren. Viele dürften mit Orange den fast schon ikonischen Eingelenker-Hinterbau verbinden, doch auch Hardtails gehören schon seit einiger Zeit fest zum Programm; das Crush bildet dabei den günstigsten Einstieg. Erhältlich als 650b (Crush) und 29er (Crush 29), basiert das Bike auf einem modernen Alu-Rahmen, der in vielen kleinen und großen Details die Erfahrung der Engländer widerspiegelt. Da wäre zum einen die Tatsache, dass – abgesehen von der Dropper Post – sämtliche Leitungen und Züge außen am Rahmen verlaufen. Oldschool? Das kann man so oder so sehen: Orange beweist hier ein Herz für Schrauber, denn so spart man sich bei Wartung und Reparaturen wertvolle Zeit. Außerdem kann im Rahmeninneren nichts klappern – was also optisch vielleicht nicht ganz so elegant ist, erleichtert das Leben im Biker-Alltag. Schön außerdem, dass man dem Crush eine vollwertige ISCG 05 Aufnahme am Tretlager spendiert, wo man eine ausgewachsene Kettenführung anbringen kann. Auch wenn die modernen Kettenblätter kaum noch Abwürfe produzieren, wissen wir diese Option gerade am Hardtail sehr zu schätzen.

Unser Crush Pro Testmodell kommt mit 650b Laufrädern und einer 150 mm Gabel an der Front. Letztere zeigt schon, dass das Crush kein trailtaugliches Tourenhardtail ist, sondern ein tourentaugliches Trailhardtail – das beweist auch die üppige Reifenfreiheit: Orange sagt, im Hinterbau haben 2,6 Zoll Pneus Platz, unser Auge sagt, da würde sogar noch mehr gehen. Jedenfalls muss man sich auch bei einer ordentlichen Schlammpackung keine Sorgen machen, dass der Reifen irgendwie steckenbleibt.



Natürlich darf auch am Crush das Orange Badge am Steuerrohr nicht fehlen.
Die Züge und Leitungen verlaufen größtenteils außen am Rahmen.

Entsprechend der Gesamtausrichtung des Orange Crush Pro ist auch die Geometrie klar auf den Trail-Einsatz und anspruchsvolles Gelände abgestimmt.  Zum sehr flachen 64° Lenkwinkel gesellt sich ein geräumiger Hauptrahmen, der in Größe L 465 mm Reach mitbringt und damit viel Bewegungsspielraum bietet. Auffällig ist der sehr hohe Stack, mit dem man trotz der Länge des Rahmens nicht zu gestreckt sitzt – fraglich ist nur, ob man so auch noch genügend Druck auf’s Vorderrad bringt, wenn nötig.

Geometrie Orange Crush Pro

SMLXL
Sitzrohr (in mm)381432457508
Oberrohr horizontal (in mm)605627648672
Steuerrohr (in mm)100110120130
Kettenstrebe (in mm)430430430430
BB Drop (in mm)58585858
Radstand (in mm)1179120312281252
Lenkwinkel (in °)64646464
Sitzwinkel (in °)74747474
Reach (in mm)425445465485
Stack (in mm)625635643652


Das von uns getestete Orange Crush Pro ist das „Mittelklasse“-Modell der Crush-Reihe; angesichts dessen und auch angesichts des Alu-Rahmens scheint der Preis von 2.700 Euro ziemlich sportlich. Andererseits: Orange ist nun auch nicht unbedingt ein Hersteller, der über einen niedrigen Preis seine Fans erreicht. Stattdessen bekommt man eine von A bis Z solide und gut durchdachte Ausstattung mit dem einen oder anderen Highlight. Die Fox 34 Gabel in der Performance Variante ist eine alte Bekannte und kann mit einfachem Setup und überzeugender Performance punkten. Dass im Gegensatz zu den höherwertigeren Versionen die Dämpfer-Performance etwas abfällt, dürfte nur – Hand auf’s Herz – auf dem Trail nur den wenigsten wirklich auffallen.

Set and forget: Die Fox 34 in der Performance Variante lässt sich blitzschnell auf die eigenen Bedürfnisse anpassen.
Stilles Highlight: Die fluffig zu bedienende SDG Tellis Stütze.
Wenig auszusetzen: Der GX Eagle Antrieb von Sram funktioniert einfach.


Gelungene Kombination: Der griffige DHF von Maxxis auf einer breiten WTB Felge.

Beim Antrieb gibt es solide Hausmannskost: Das GX Eagle Schaltwerk wird von einem SX Eagle Schalthebel bedient. Die Kette wechselt die Ritzel auf einer SX Eagle Kassette, die leider mit 11-50 etwas weniger Bandbreite bietet als „ausgwachsene“ Eagle Varianten und zudem noch sehr schwer ist. Hier hätten wir uns angesichts des Preises dann doch zumindest eine GX Eagle Kassette gewünscht. Erfreulich sind dagegen die leichten Laufräder mit hauseigenen Naben und WTB ST Light i30 Felgen. Letztere sind tubeless-fähig und halten mit ihrer 30er Maulweite auch breite Reifen zuverlässig. Apropos Reifen: Hier machen die Briten wenig Kompromisse und spendieren dem Crush einen grip-starken Maxxis Minion DHF in 2,6″ Breite an der Front. Dass das Treten nicht gar so schwer fällt, kommt dann am Hinterrad mit dem Rekon+ ein etwas zahmerer Pneu zum Einsatz.

Das Cockpit ist modern: Ein kurzer 45mm Vorbau von Raceface hält einen breiten 800 mm Lenker von Burgtec.


Keine Blöße gibt sich das Crush außerdem beim Thema Bremsen. Die 4-Kolben Variante der Shimano SLX bringt eine Menge Power mit, zumal sie am Vorderrad mit einer großen 203 mm Scheibe kombiniert wird. Ein kleines Highlight ist für uns die Tellis Stütze aus dem Hause SDG, die 150 mm Verstellweg bietet und deren Remote-Hebel sich fast widerstandsfrei betätigen lässt.

Rahmen 6061-T6 Custom Butted
Federgabel Fox 34 Performance 150 mm
Dämpfer -
Laufräder WTB ST Light i30 Felgen / Strange 27 Naben
Reifen VR Maxxis Minion DHF 2,6"
Reifen HR Maxxis Rekon+ 2,6"
Schaltwerk Sram GX Eagle
Schalthebel Sram NX Eagle
Kurbel Sram Descendant 6K Dub
Umwerfer Ohne
Bremse Shimano SLX M7120
Bremsscheiben Shimano RT66 203 / 180mm
Sattelstütze SDG Tellis Dropper 150 mm
Sattel WTB Silverado Comp
Vorbau Race Face Chester 40 mm
Lenker Burgtec RideWide Enduro 800mm

Orange Crush Pro: Auf dem Trail

Lang, flach und tief – so kennt man Bikes von der britischen Insel. Und so empfing uns das Orange Crush Pro gleich auf den ersten Blick. Danach folgte die erste Überraschung: 27.5 Zoll! Wie sich die „kleinen“ Laufräder auf das Fahrverhalten auswirkten, sollte sich schnell zeigen.



Nach dem ersten Kennenlernen war das Setup schnell gefunden. Die Fox 34 Performance war kinderleicht angepasst: Sag (Negativfederweg) über den Luftdruck wählen, Rebound (Zugstufe) anpassen und los. Über den Druckstufen-Versteller kann dann noch – je nach persönlicher Vorliebe – die Charakteristik angepasst werden: Von geschmeidig-soft bis straff mit ordentlich Feedback (kräftige Unterarme vorausgesetzt). Alle Tester haben sich auf Anhieb auf dem Orange wohlgefühlt; die Sitzposition ist sportlich-modern, ohne auf Einsteiger ggf. befremdlich zu wirken. Also an in den Uphill!

Schon nach den ersten Metern war klar: Das Orange Crush Pro klettert verdammt gut! Im Steilen hat man selten ein „Überschlagsgefühl“ und kann selbst mit der doch recht langen Gabel (150mm Federweg) noch ordentlich Druck auf das Vorderrad geben. Die Reifenwahl ist ein guter Kompromiss aus Traktion und Rollwiderstand – selbst auf glattem Untergrund. Orange verzichtet am Heck auf maximale Traktion und verringert mit dem leichter rollenden Maxxis Rekon+ den Tretwiderstand. Der 12-fach Antrieb aus dem Hause Sram zeigte sich tadellos und verwöhnte uns mit knackigen Schaltvorgängen. Schade: Orange spart an der Kassette und verbaut eine Sram SX Eagle. Aufgrund der etwas geringeren Bandbreite vermisst man bei hohen Geschwindigkeiten mitunter einen Gang und so recht passt die „Einstiegskassette“ auch nicht zum UVP von fast. 3.000 Euro.



Im Downhill zeigte das Orange Crush Pro dann starke parallelen zum Marin El Roy und man merkte auf Anhieb, dass der Spaß definitiv im Vordergrund steht! Die Geometrie vermittelt eine hohe Sicherheit, selbst oder gerade wenn das Tempo etwas höher wird. Agilität? Hier kommen die anfangs neugierig begutachteten 27.5 Zoll Laufräder ins Spiel! Denn trotz seines guten Geradeauslaufs, wechselt das Crush willig seine Richtung und treibt einem auf technischen Trails förmlich ein Grinsen ins Gesicht. Wie bereits erwähnt, ist die Reifenwahl ein Kompromiss aus Rollwiderstand, Dämpfungseigenschaften und Traktion. Wer konsequent und ohne Rücksicht auf Verluste die direkte Linie wählt, sollte über einen Hinterreifen mit stabilerer Karkassen und somit besserem Pannenschutz bzw. Dämpfungseigenschaften nachdenken. Die 34er Fox Performance saugt Unebenheiten konsequent auf und ihre Dämpfung lässt sich nur bei absolutem Highspeed an ihre Grenzen bringen; dann ist der „starre“ Hinterbau eines Hardtails aber auch schon längst an seiner Grenze. Die 4-Kolben Stopper von Shimano hingegen zeigten sich durchwegs positiv und konnten hinsichtlich Bremskraft, Standfestigkeit und Dosierbarkeit überzeugen.

Ähnlich wie das Marin El Roy ist das Orange Crush Pro auf maximalen Fahrspaß getrimmt. Durch die nicht ganz so extreme Geometrie und die zahmeren (kleineren) Reifen, scheut es aber nicht vor Toureneinsätzen zurück. Ein tolles Spaßgerät mit Allround-Eigenschaften!



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Web

www.orangebikes.co.uk

Fazit: Orange Crush Pro

Pro

  • Laufruhig und dennoch agil
  • standfeste Bremsen
  • Dropper Post mit 150mm Hub
  • Trail- und tourentauglich

Contra

  • SX Eagle Kassette mit etwas geringerer Bandbreite
  • bei Highspeed pannenanfälliger Hinterreifen

Fakten

RahmenmaterialAluminium
Laufradgröße27,5 Zoll
Federweg150 mm
GewichtTBA
Preis2.700 Euro
Web www.orangebikes.co.uk
DownhillUphill
 
LaufruhigAgil
 
Das Orange Crush Pro im Velomotion Fahrradmarkt
Das Orange Crush Pro ist auf maximalen Fahrspaß getrimmt. Durch die progressive, aber nicht extreme Geometrie und die nicht allzu schweren Reifen, scheut es aber nicht vor Toureneinsätzen zurück. Ein tolles Spaßgerät mit Allround-Eigenschaften!
Stichworte:HardtailMTBOrangeTrailtrailht20trailht2020

Über Michael Faiß

Michael Faiß hat in München Englisch und Geschichte studiert. Nach einem einjährigen Aufenthalt in England arbeitete er als Übersetzer unter anderem für das Magazin Procycling und das Degen Mediahouse. Außerdem ist er seit der Kindheit passionierter Radfahrer und –schrauber und fühlt sich vor allem abseits der asphaltierten Wege zuhause.

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