Auf der Düsseldorfer Frühjahrsmesse treffen etablierte Großhersteller auf kleine, innovative Marken. Daraus entsteht ein spannender Mix, der die Fahrradbranche in ihrer ganzen Bandbreite zeigt und Lust auf die kommende Saison macht.
Mitte März im Areal Böhler: Bei schon recht angenehmen Temperaturen ist der Andrang im alten Stahlwerk groß. Die Endverbrauchermesse lockt rund 25.000 Fahrradbegeisterte an, die sich an den Ständen großer Marken über die aktuellen E-Bikes informieren und gleich nebenan das abwechslungsreiche Angebot kleiner Hersteller aus allen Bereichen rund ums Rad begutachten können. Und dabei kann man auf die eine oder andre Messeneuheit stoßen, die hier zum ersten Mal einem breitere Publikum präsentiert wird. Denn feste Neuheiten-Zeiträume wie in früheren Zeiten gibt es in der Fahrradbranche nicht mehr. Wo man früher auf den Herbstmessen die Innovationen der kommenden Saison bestaunen konnte, die dann meist erst ein halbes Jahr später in den Handel kamen, werden Neuheiten heute vorgestellt, wenn sie eben fertig sind – und meist auch gleich verkauft. Und auf der Cyclingworld haben die Besucher/innen auch gleich die Gelegenheit, neue Fahrräder und E-Bikes auszuprobieren. Der Testparcours auf dem Außengelände ist eine wichtige Konstante der Messe, wobei dieses Jahr über 10.000 Testfahrten registriert wurden. Wer testen und bummeln will, muss allerdings Zeit mitbringen. Die Zahl der Aussteller ist so groß und das Angebot so interessant, dass man nur langsam durch die Hallen kommt.
Die folgenden Velomotion-Messehighlights verstehen sich daher auch nur als kleine, subjektive Auswahl – wer mehr sehen will, sollte sich den Termin fürs nächste Jahr schon jetzt vormerken. Die Cyclingword 2025 ist vom 28. bis zum 30. März angesetzt.
Orbea Diem: Schönes Alltags-E-Bike
Das neue Stadtrad des baskischen Herstellers ist ein echter Blickfang mit seiner ungewöhnlichen Rahmenkonstruktion. Außergewöhnlich sind auch die fließenden Rohrübergänge des Alu-Rahmens – diese Optik kent man eigentlich nur von Carbon. Ausgestattet ist das Diem je nach Modell mit Shimanos EP6- oder EP8-Motor und 540-Wh- bzw. 630-Wh-Akku; beide Antriebe sind mit 85 Nm ausgesprochen schubstark. Außerdem stehen drei Schaltungsvarianten zur Auswahl. Das günstigste Modell kostet 3.799 Euro.
Wienzwoelf Wachsjacken
Der Wiener Hersteller fertigt vor Ort robuste Taschen und Rucksäcke; aus dem stabilen, gewachsten Baumwollgewebe gibt es nun auch Regenjacken für Freizeit, Alltag und Fahrradfahren.Die schweren Jacken im klassischen Look gefallen mit ihrem extrem Funktionsbetonten Look – wer etwas ebenso Praktisches wie Individuelles sucht, dürfte in Wien fündig werden.
Neue E-Bikes von Hoheacht
Der Eifeler Hersteller stellt sich zunehmend breit auf: Neben dem vollgefederten SUV-Tiefeinsteiger Amola Tereno mit Shimano-Motor, Kettenschaltung und griffigen Reifen präsentierte Hoheacht mit dem Lumo Ilaron ein 17-Kilo-Leichtgewicht mit Mahle-Heckmotor und Pinion-Getriebe. Das Starrbike mit kompakten Heckträger für Seitentaschen ist perfekt für den Alltagseinsatz, fährt sich flink und agil und ist mit 250-Wh-Akku ausdauernd genug, zumal man es oberhalb von 25 km/h auch aus eigener Kraft leichtfüßig bewegen kann. 3.699 Euro.
Lax Cycles: Kompaktes Cargobike mit Manufaktur-Rahmen
Der Frankfurter Anbieter drängt mit einem ebenso formschönen wie praktischen 20-Zoll-Rad auf den Markt, das ebenso als Bio-Bike wie mit Heckmotor und integriertem Akku geplant ist. Zu den Besonderheiten der Marke gehört die Rahmenfertigung durch einen hessischen Spezialisten, womit das Lax ein echtes Manufakturprodukt ist. Der Frontträegr wird mit 15 bis 20 Kilo belastbar sein; geplant sind unterschiedliche Ausstattungsvarianten. Preislich dürfte es bei rund 2.500 Euro für das unmotorisierte Rad losgehen – angesichts der großen Exklusivität sehr attraktiv.
Rose mit neuem Backroad
Das erfolgreiche Gravelbike der Bocholter geht in die dritte Generation und ist nun noch stärker auf „Gravel Race“ abgestimmt. Ein Highlight am neuen Rad ist das Carbon-Cockpit, dessen nach oben gekröpfte Form unter anderen dem Dämpfungskomfort verbessern soll. Enu am Rahmen sind auch die tiefer angebrachten Sitzstreben sowie die wieder etwas konventionelle Klemmung der Sattelstütze. Mit SRAM Rival AXS kostet das neue Rad 3.499 Euro; ein ausführlicher Test folgt.
Scope bringt neue Nabentechnik
Etwas für absolute Feinschmecker und natürlich Rennfahrer sind die Laufräder der jungen Marke Scope. Die Firma konzentriert sich einerseits auf optimale Aerodynamik, wovon die einzigartige Struktur der Carbonfelgen zeugt, andererseits aber auf minimales Gewicht. Zu diesem Zweck kommt eine in diesem Bereich ganz neue Fertigungstechnik zum Einsatz: Die Nebenhülsen werden 3D-gedruckt, womit wunderbar organische, gewichtsoptimierte Strukturen entstehen. Der „Artech 2“-Radsatz mit 22 mm tiefen Felgen und Carbonspeichen kann so auf ein extrem geringes Gewicht von 965 Gramm gebracht werden. Mit knapp 4.000 Euro ist der Preis dafür angemessen.
Campagnolo: Neues von der Gravel-Gruppe
Die erst kürzlich vorgestellte Ekar GT konnte auf der Cyclingworld Düsseldorf erstmals „live“ in Augenschein genommen werden. Bekannt an der neuen 1×13-Gruppe waren der Alu-Kurbelsatz mit neuem Lochkreisdurchmesser sowie die neue Übersetzung. Am Messestand fielen nun die Neuerungen am Ergopower-Hebel auf: Dieser ist nun mit einem Bremshebel aus Komposit-Material ausgestattet, das mit sehr angenehmer Haptik gefällt; außerdem wurde das Griffgummi optimiert, das jetzt bei unterschiedlichsten Lenkerformen und Band-Varianten glatt anliegt.
Evoc mit Airbag-Weste
Mit dem Commute A.I.R. Pro 18 hat der deutsche Hersteller ein interessantes Sicherheitsprodukt auf Lager: In den Fahrrad-Rucksack mit 18 Liter Volumen ist ein Airbag sowie ein Rückenprotektor integriert. Löst ersterer bei einem Sturz aus, werden Oberkörper, Schulterpartie und Hals großflächig geschützt; einen Helm muss man aber zusätzlich tragen. Das System ist dann nicht kaputt, sondern kann nach fachlicher Überprüfung weiter genutzt werden. 990 Euro.
Winora: Von kompakt bis geräumig
Stellvertretend für den großen Markt der neuen Alltagsmobilität präsentiert Winora sein Sortiment mit Cargo-, Kompakt- und Urban-E-Bike. Während das F.U.B. 2W (5.199 Euro) mit starkem Bosch-Mittelmotor Kinder oder Nutzlast in Schwung bringt, schiebt beim E-Flitzer (2.599 Euro) ein Nabenmotor an. Beim 20-Zoll-Rad Radius (3.499 Euro) ist es der ausgewogene Bosch Performance, der für Fahrspaß sorgt.
Igus Bike: 90 % Plastik
Der auf Hochleistungspolymere spezialisierte Kunststoffhersteller geht mit seinem Bike neue Wege. Alles, was geht, wird hier aus Kunststoff hergestellt, dazu soll das Igus Bike wartungsfrei und langlebig sein. Damit bietet es sich etwa für Mietsysteme an, doch das futuristische Rad dürfte auch Privatpersonen begeistern, die es zum Preis von voraussichtlich 1.200 Euro in naher Zukunft erwerben können.
Tannenwald Bikes: Titan zum Träumen #1
Am Fuß des Pfälzerwaldes beheimatet, steht Tannenwald Bikes für Titan- und Stahlrahmen feinster Güte, selbstverständlich nach Maß und mit zahlreichen Imdividualisierungs-Optionen. Die Stahlrahmen werden in Leipzig gefertigt, die Titanrahmen in Südtirol; beide gefallen mit schlanken Formen, feinen Schweißnähten und komplett integrierter Leitungsführung. Für den Stahlrahmen mit Gabel werden knapp 2.400 Euro fällig, fürs Titan-Rahmenset keine 4.000 Euro. Bei solchen preisen können Träume wahr werden…
Van Woid: Titan zum Träumen #2
Aus dem Bayerischen Wald kommt eine Allroad-Rennmaschine, die im Bereich zwischen Gravelbike und Rennrad garantiert für Fahrspaß sorgt. Auf maximal 38 mm breite reifen abgestimmt, sind so ziemlich alle Strecken fahrbar, und auch Rennreifen sehen in Rahmen und Gabel nicht verloren aus. Optisches Highlight am Komplettrad ist die Keramikbeschichtung von Carbongabel und -vorbau, die sich perfekt ans perlgestrahlte Steuerrohr angleicht. Für den Rahmen werden 2.299 Euro fällig; die wie beschrieben behandelte Gabel kostet rund 400 Euro.