Test / E-MTB: Das YT Decoy, darauf hatten wir in der Vergangenheit schon sehr viel Spaß. Um so mehr waren wir gespannt, wie sein Nachfolger performt. Der nennt sich YT Decoy Super Natural, kurz YT Decoy SN. Das Rad will einiges anders machen, will kein E-Mountainbike sein, sondern ein „Electric Enduro“. Was es damit auf sich hat, alle Infos, einen ersten Fahreindruck und ein ausführliches Video findet ihr hier.
Ist es reines Marketing-Bla-Bla, das neue Decoy als „Electric Enduro“ zu bezeichnen und es mit dem Zusatz „Super Natural“ zu versehen? Klare Antwort: Nein! YT hat sich scheinbar entschlossen nicht das zu tun, was gerade alle machen: Light E-MTBs mit Mini-Gewicht oder Full-Power E-MTBs mit riesigen Akkus. YT wollte andere Schwerpunkte setzen und das auch in der Kommunikation klar zum Ausdruck bringen. Beides gelungen..
Der Rahmen des YT Decoy Super Natural
Das YT Decoy SN hat einen schlanken Ultra-Modulus-Carbonrahmen, ein MX-Laufrad-Setup (Mullet) und eine Geometrie, die dem Fahrer Platz für Ambitionen lässt. Er wurde von Grund auf neu entwickelt und bietet Raum für eine 170-mm-Gabel mit einem 63,9-Grad-Lenkwinkel – für maximale Laufruhe in der Abfahrt – und 442-mm-Kettenstreben sollen für ausreichend Wendigkeit sorgen. Das bekannte V4L-Linkage ist auf maximalen Grip ausgelegt und verfügt über eine überarbeitete Kinematik, um die 160 mm Federweg am Heck zu kontrollieren. Durch den Größenbereich von S bis XXL sollte jeder seine bevorzugte Größe finden. Der Reach wächst von 435 mm auf 515 mm, wobei alle Optionen den gleichen Sitzwinkel von 78 Grad haben – für Komfort bei längeren Kletteranstrengungen. Die Geometrie kann mit einem Flip Chip optimiert werden. Bei den Sitzrohren hat man sich für eher geringe Längen in Kombination mit einer langhubigen Dropper Post entschieden; dadurch können Fahrer eine Größe wählen, die ihrem Fahrstil und nicht nur ihrer Körpergröße entspricht.
Die Integration von Rahmen und Antriebseinheit war für den Designprozess des Decoy Super Natural wichtig, sagen die Macher; und für das daraus resultierende Produkt von entscheidender Bedeutung. Das Fazua Ride 60-Ökosystem ist nahtlos im Rahmen untergebracht. Man habe es ausgewählt wegen seines natürlichen Fahrgefühls und wegen des geringen Systemgewichts. Außerdem bekommt man ein vergleichsweise hohes Drehmoment von 60 Nm und eine Spitzenleistung von 450 W – gespeist aus einem fest integrierten 430Wh Akku. Eine massive Skidplate ist unter dem Antrieb verbaut und im Hauptrahmen finden sowohl ein Flaschenhalter, als auch eine Montagemöglichkeit für Zubehör Platz. Damit könnt ihr auch ohne Rucksack starten.
Die Geometrie des YT Decoy Super Natural
Was ihr wirklich wissen müsst: Der Lenkwinkel liegt je nach Einstellung zwischen 63,9 und 64,2 Grad. Die Kettenstrebe hat 442 bis 443 Millimeter. Das Tretlager kommt auf 344 bis 340 Millimeter Höhe, was die kürzen Kurbeln rechtfertigt bzw. sogar nötig macht. Der Reach geht von 432 bis 515 Millimeter und der Stack liegt zwischen 633 und 664 Millimetern. Der Sitzwinkel liegt zwischen 78 und 78,4 Grad – je nach Einstellung und Größe – die Sitzrohrlänge ist mit 390 bis 460 Millimetern moderat.
Wer ins Detail gehen will, hier findet ihr die ausführlichen Geometriedaten des YT Decoy SN:
Die Modellvarianten des YT Decoy Super Natural
Es gibt insgesamt drei Varianten, die den gleichen Carbonrahmen gemein haben. Ebenfalls immer mit der YT Postman Stütze mit bis zu 230mm Hub, je nach Rahmenhöhe. Auch findet sich an alles Bikes immer der Continental Kryptotal Reifen, an der Front sogar mit der neuen Super Soft Gummimischung. Neben der Signature-Farbe für jedes Modell gibt es auch immer jede Version in optisch dezentem Schwarz.
Das YT Decoy Core 2 kostet 6.499€, wiegt 20,6kg und kommt mit einer RockShox ZEB Select Federgabel, einer Shimano SLX Schaltung, TRP Bremsen und DT-Swiss 1900 Laufrädern.
Das YT Decoy Core 3 kostet 7.499€, wiegt 20,5kg und kommt mit einer RockShox ZEB Ultimate, Sram S1000 Transmission, TRP Bremsen und Crankbrothers Synthesis Laufrädern.
Im Test hatten wir das Decoy Super Natural Core 4 für 8.499€. Viel Geld aber auch viel Gegenwert! Die moderaten 20,4 Kilogramm Gesamtgewicht verteilen sich auf eine Fox 38 Factory, eine Sram GX Transmission Schaltung, eine Sram Maven Bremse und Crankbrothers Synthesis Laufräder.
Auch das Topmodell gibt es in Schwarz. Schwarz geht immer!
Hochwertige Ausstattung und sehr schöner Carbonrahmen
Rein optisch macht das Decoy SN schon was her. Der wunderschöne Carbonrahmen wirkt trotz E-Motor und 430Wh Akku sehr schlank. Gerade im Tretlagerbereich ist es gelungen – dank der schlanken Bauweise des Ride 60 Fazua Motors – den Rahmen so konstruieren, dass man schon zweimal hinsehen muss, um es als E-Bike zu identifizieren. Zudem bringt der Fazua Ride 60 mit seinem 430 Wh Akku hier einiges an „Reichweitenreserven“ für längere Touren mit, gerade im Vergleich zu anderen Light Systemen. Das ist am YT Decoy SN jedoch auch notwendig, denn entnehmen lässt sich der Akku nicht und auch der angekündigte Range Extender ist momentan noch nicht erhältlich. In puncto Leistung bekommt man maximal 60 Nm Drehmoment und bis zu 450 W. Auch in unseren Labortests konnte der Ride 60 in der Vergangenheit zeigen, dass er bei der Leistung zur Spitzenklasse gehört.
Der Akkustand und in welchem Modus man sich befindet, wird mittels der fünf LEDs am Oberrohr angezeigt. Es stehen einem fünf Modi zur Verfügung: keine Unterstützung, Eco, Standard, Boost und Super Boost, welcher nach Aktivierung 20 Sekunden aktiv ist. Die Farben der LEDs zeigen dabei die Unterstützungsstufe, ihre Anzahl den Ladestand. Mehr Informationen braucht es nicht. Zum Ein- und Ausschalten und zum Wechsel zwischen den Modi hat man am Lenker einen Drehknopf, welcher intuitiv zu bedienen ist. Ein nettes Feature ist noch ein USB-C Anschluss zum Laden des Handys etc., welcher unter der Anzeige versteckt ist. Fazua hatte in der Vergangenheit bei anderen Bikes des Öfteren mit Ausfällen zu kämpfen, aber uns wurde zugesagt, dass die Probleme gelöst sind. Dazu später mehr.
Wir konnten das Core 4 testen, an dem ein Fahrwerk von Fox seinen Dienst tut. Die Fox 38 Float Factory mit 170mm Federweg und Grip X2 Dämpfung harmoniert perfekt mit dem Fox DHX2 Factory, welcher am Hinterbau 160mm Federweg freigibt. Bremse und Schaltung kommen aus dem Hause Sram. Die GX Eagle Transmission hat sich schon oft bewährt und die neue Maven Silver Bremse ist ein echter Anker, so wie man sich das von einer Bremse wünscht. Die Laufräder kommen von Crankbrothers, Lenker und Vorbau von Renthal, Seatpost von YT, mit 200mm Drop bei L/XL und sogar 230mm bei XXL, und die Kurbel von e*Thirteen. Diese hat nur eine Länge von 160mm was sehr angenehm ist, da man damit Bodenfreiheit gewinnt um im schwierigen Gelände noch treten kann. Dank der Unterstützung des Motors vermisst man die Hebellänge nicht. Die Conti Kryptotal Reifen in der Endurovariante runden das Paket ab.
Und das alles bekommt man von YT zu einem Preis von 8.499€, was unserer Ansicht nach mehr als fair ist im Vergleich zu manchen anderen Herstellern.
Das YT Decoy SN auf dem Trail im Test:
Das Fahrgefühl ist wirklich natürlich, wie schon beim „alten Decoy“. Ballern funktioniert, man kann ordentlich draufhalten aber auch Agilität ist klar vorhanden.
Würde man 100 Mountainbiker nach ihrer Wunschliste für ein Enduro fragen, würden sich dort wohl meist diese Punkte finden: 160-180mm Federweg, eine progressive Geometrie und einen E-Antrieb für den Uphill, den man nicht merkt. Diese Wunschliste scheint man bei YT während der Entwicklung des Decoy SN nach und nach abgearbeitet zu haben und am Ende alles mit einer „Super-Natural-Schlaufe“ zusammengepackt. Die Forchheimer haben sich ganz bewusst nicht dem Super Light Trend angeschlossen welcher die Radbranche gerade beherrscht, da man für die Gewichtsoptimierung zu viele Kompromisse hinsichtlich Leistung, Reichweite und auch Stabilität eingehen muss. Aber genau in diesen drei Bereichen sollte ein Enduro ja glänzen und das war auch die Sichtweise der Leute von YT. Ob das aufgeht konnten wir vorab in Saalbach für euch testen.
Was auf den ersten Metern Anstieg sofort auffällt, wie zurückhaltend der Fazua Antrieb unterstützt. Man hat nie das Gefühl, dass der Antrieb anschiebt. Diese feine Regelung erzeugt das Gefühl als ob die Leistung ganz allein aus den Beinen kommt, unabhängig in welchem Modus man sich befindet. In der App lässt sich diese Regelung und Leistungsabgabe noch individuell anpassen. Die Sitzposition ist angenehm aufrecht, sodass auch lange Touren nicht auf Rücken und Arme gehen.
So gut der Antrieb in der Praxis jedoch auch gefiel – leider versagte der Ride 60 in unserem Testbike irgendwann den Dienst. Diese Erfahrung mussten wir mit dem Fauza Aggregat leider schon einige Male machen. Jedoch versicherte man uns gegenüber, dass Fazua diese Probleme angeht und sehr zeitnah behoben sein werden.
In technischen Anstiegen hilft die kurze Kurbel sehr um Bodenkontakt zu vermeiden, denn die Tretlagerhöhe ist in hoher Position 344mm und niedriger Position 340mm. Genau diese niedrige Tretlager Position gibt aber bergab ein absolut sicheres Gefühl, weil man im Rad steht. Und nicht nur das, dank des sehr ausgewogenen und trotzdem peppigen Fahrwerks fängt man auf den Trails schnell an zu spielen. Es war wirklich immer wieder überraschend, wie wenig man die 20,5 kg im Vergleich zum „Bio-Enduro“ merkt. Das Bike fuhr sich wie ein leicht übergewichtiges Enduro und man hatte keine großen Schwierigkeiten das Bike leicht oder direkt abzuspringen, um eine Wurzel oder Kante wieder als Landung mitzunehmen um Geschwindigkeit aufzubauen. Man vergisst immer wieder, dass man überhaupt auf einem Bike mit Motor sitzt. Anlieger richtig fliegen zu lassen oder auch mal Inside Line zu nehmen machte es einem durch Mullet, also vorne 29“ und hinten 27,5“, richtig einfach und verspielt. Über größere Sprünge hatte man auf dem Decoy SN immer ein gutes Gefühl und die angenehme Geometrie mit tiefem Tretlager sowie die hohe Front laden schnell dazu ein, den ein oder anderen Whip rauszuhauen.
Im groben und technischen Terrain fühlte sich das Decoy SN richtig wohl. Das Fox Fahrwerk glänzte hier mit einem makellosem Dienst und auch die Conti Bereifung überzeugte sowohl im Nassen, wie auch im Trockenen.
Alle anderen Komponenten am Bike waren absolut „on point“. Die Sram Maven Bremse lieferte dosierbare und wenn notwendig richtig starke Verzögerungsleistung. Die GX Eagle Transmission hat wieder gezeigt, dass sie das Maß der Dinge ist, was es zur Zeit auf dem Markt gibt.
Und schon ist man wieder am Trailende angekommen und dank E-Antrieb geht es direkt wieder rauf…