Neustart bei Flyer: Im Schweizerischen Huttwil gab der E-Bike Pionier und Branchen-Primus das Ergebnis eines Konsolidierungsprozesses bekannt, zu dem auch die Verlagerung der Montage gehört.
Dass Erfindergeist und Präzision in der Schweiz eine lange Tradition haben, wissen alle, die lieber auf ihre mechanische Armbanduhr als aufs Handy schauen. Und nicht nur für Uhrenliebhaber ist das Alpenland die erste Adresse – auch die Frühgeschichte des E-Bikes spielt in weiten Teilen in der Schweiz. Aus einer Tüftelei mit Scheibenwischermotor und Motorradbatterie entstand 1993 eines der ersten Elektrofahrräder der Neuzeit, und daraus wiederum wurde einer der innovativsten Anbieter der ganzen Branche. Flyer verschrieb sich seit seiner Gründung dem E-Bike, verhalf dem Panasonic-Mittelmotor zum Durchbruch, erkannte früh den Trend zum Unisex-Tiefeinsteiger, war Pionier bei der Entwicklung von E-MTBs und schob mit dem FIT-System einen einheitlichen Standard für alle elektronischen Komponenten am modernen E-Bike an.
Mit all dem war Flyer schon immer größer als der heimische Markt. An die 75 % der Produktion verlassen die Schweiz, wichtigstes Exportziel ist Deutschland. Als Flyer 2017 von Europas größter Zweirad-Einkaufs-Genossenschaft – der ZEG – mitsamt ihrer vierstelligen Händlerzahl übernommen wurde, war das also durchaus ein folgerichtiger Schritt: Der Vertrieb wurde gebündelt, und Flyer profitierte von der starken Stellung der ZEG gegenüber Zulieferern und Teileproduzenten. Auf dem umkämpften E-Bike-Markt war das Schweizer Unternehmen damit deutlich besser aufgestellt.
„Dank einer unvergleichlichen Tradition in der E-Bike-Branche und einer attraktiven Modellpalette ist Flyer in einem hart umkämpften Markt nach wie vor gut aufgestellt.“
Vom branchenweiten Abschwung nach dem Höhenflug der Corona-Jahre ist selbst ein Branchen-Primus wie Flyer nicht verschont geblieben. Bereits 2023 wurde die Montage am Firmenstandort Huttwil, einem Städtchen zwischen Bern und Luzern, deutlich verschlankt, und dass man nicht um den Fortbestand der Traditionsmarke bangen muss, ist wiederum der ZEG zu verdanken: Die Eigentümerin der Marke hat jüngst beschlossen, angesichts der veränderten Marktlage die Montage der Flyer-E-Bikes zu verlagern. Fachhandel wie Kundschaft werden von diesem Schritt aber nicht berührt sein – für sie ändert sich nichts. Wenn überhaupt, werden sich Faktoren wie die Unabhängigkeit vom Franken-Euro-Wechselkurs positiv auswirken.
„Entwicklung und Produktmanagement werden weiterhin im bernischen Huttwil angesiedelt sein, womit der Charakter von FLYER als Schweizer E-Bike-Marke fortbestehen bleibt.“
Gleichzeitig beweist die ZEG Standorttreue: Da Entwicklung und Produktmanagement in Huttwil verbleiben sollen, ist es nach wie vor legitim, Flyer als Schweizer Marke zu bezeichnen. Den Erfindergeist der frühen Jahre sieht man den aktuellen Modellen nicht mehr an, wohl aber Innovationskraft, Kreativität und die Leidenschaft fürs E-Bike als wesentlichem Teil der Lösung der Mobilität von heute und morgen. Wer sich ein bisschen mit der Geschichte des Unternehmens beschäftigt, stellt schnell fest, dass Flyer eine Sonderstellung einnimmt, wie sie nur wenige Mitbewerber für sich reklamieren können. Und daran wird auch die Verlagerung des Produktionsstandorts nichts ändern.