Test Schwalbe G-One RX Pro: Mit seinem vom Cyclocross-Reifen anregten Profil ist das neue Modell ideal für alles, was rutschig, tief und matschig ist; dabei rollt der RX auch auf der Straße ganz gut. Interessant ist die neue Pro-Karkasse, die auch anderen Modellen zugutekommen wird.
Mit dem 2015 vorgestellten G-One Allround stieß der Reifenspezialist die Tür zu einem komplett neuen Marktsegment auf. Der leicht rollende Tubeless-Pneu setzte sich rasch durch und wurde zum Gravelreifen der Wahl vieler Fahrer und Radhersteller. So richtig los ging’s jedoch 2017 mit dem kräftiger profilierten G-One Bite, dem eigentlichen Allrounder auch für matschige Passagen; mit dem noch bissigeren Ultrabite wurde die Range ins Trailige hinein erweitert. In den Jahren darauf folgten mit G-One R und RS schnelle, auf den Rennsport zugeschnittene Reifen. An die andere Seite des Spektrums stellte Schwalbe 2022 den G-One Overland als superrobusten Pneu für Langstreckenfahrer, der sich freilich auch schon im Rennsport bewährt hat.
Schwalbe G-One RX Pro: Neuer Allrounder fürs Gravelbike
Nach diesen spezialisierten Modellen hat sich Schwalbe nun wieder der Mitte seiner Gravel-Range angenommen: Vorhang auf für den Schwalbe G-One RX Pro, der gleichzeitig eine Neusortierung des Gesamtsortiments einläutet. Zum letzteren Punkt zuerst: Um die unterschiedlichen Qualitätsstufen der Gravel-Reifen klarer voneinander abzugrenzen, werden die drei Topmodelle (der neue G-One RX Pro, außerdem G-One R Pro und G-One RS Pro) nun mit dem Begriff „Pro“ versehen.
Die „Pro“-Modelle verfügen über einen veränderten Karkassenaufbau, den Schwalbe Race Pro nennt. Dabei ist erst einmal die V-Guard-Pannenschutzschicht breiter ausgeführt (25 statt 20 mm), um den Reifen auf größerer Fläche stichfest zu machen. Die Seitenwand der Reifen ist nach wie vor 3-lagig, allerdings ist die innere Lage weiter nach oben gezogen und reicht nun fast bis an die Lauffläche, was ebenfalls den Pannenschutz verbessern soll. Die Lauffläche selbst besteht aus einer neuen „Addix Race“-Gummimischung, der Schwalbe 10 % weniger Rollwiderstand attestiert. Das neue Material wird außerdem nachhaltiger produziert.
Auf den ersten Blick interessanter ist natürlich das Profil des neuen Reifens. Die erste Erkenntnis: Mit dem Schwalbe G-One RX Pro verabschiedet sich der Hersteller endgültig von den runden Profilnoppen, die auch den G-One Allround Bite auszeichneten. Stattdessen macht der RX Pro deutliche Anleihen beim Cyclocross-Allrounder von Schwalbe, dem X-One R, außerdem beim G-One R. Die Lauffläche des neuen Modells ist mit kräftig ausgeprägten „Boomerang“-Stollen besetzt; dazu kommen nach außen hin größer werdende tropfenförmige Blöcke. An der Reifenschulter wechseln sich diese wie beim Crossreifen mit in Längsrichtung angeordneten Stollen ab. An den X-One R erinnert der Schwalbe G-One RX Pro auch deshalb, weil sein Profil insgesamt sehr offen ist.
Viel Grip und Seitenhalt im Praxistest
Und damit zum Fahreindruck, gesammelt beim Presselaunch Ende September rund um den Firmensitz Reichshof. Wer die Gegend kennt, weiß, dass man einen äußerst vielseitigen Reifen braucht, um die Mischung aus mäßig gutem Asphalt, grob geschotterten Forststraßen, felsigen Trails, rutschigen Wiesen, matschigen Waldwegen und mit spitzen Steinen übersäten Steilabfahrten gut zu überstehen. Ein auf trockene, festgewalzte Schotterstraßen spezialisierter Pneu hat hier wenig zu melden – der Schwalbe G-One RX Pro aber schon.
Zur Probefahrt stellte Schwalbe den neuen Reifen in der 45-mm-Version zur Verfügung und montierte ihn auf einen Mavic-Radsatz mit 22 mm Maulweite an unserem Testrad. Eine ideale Kombination ist das nicht unbedingt; umso überraschender war, wie sich der breite Reifen auf der schmalen Felge verhielt: Mit unter 2 bar Druck saß er sehr stabil auf der Felge und fühlte sich auch bei Schräglage kein bisschen schwammig an; auf Asphalt rollte der Neue dabei ähnlich wie typische Gravelreifen – nur eben etwas sicherer in der Kurve. Richtig interessant wurde es dann im wie beschrieben abwechslungsreichen Gelände, das durch ausdauernde Regenfälle noch anspruchsvoller geworden war. Der RX baute in jeder Situation viel Grip und Traktion auf, konnte sich also beim Antreten wie bei harten Bremsmanövern gut mit dem Untergrund verzahnen. Dazu sorgte er mit sehr gutem Seitenhalt für Sicherheit und setzte sich dank des offenen Profils nicht mit Dreck und Steinchen zu. Hinter der Performance des Profils stand ein durchaus geschmeidiges Abrollverhalten der Karkasse, wobei sich der Reifen wie gesagt nie schwammig anfühlte.
Etwas schwerer als Schwalbes schnellster Gravel-Reifen
Mehr muss man zum Charakter des Schwalbe G-One RX Pro eigentlich gar nicht sagen – als Gravelreifen für wechselhafte Bedingungen und eher feuchten Untergrund, wie er für unsere Breiten typisch ist, dürfte er so ziemlich perfekt sein. Bei Trockenheit kann man dann den G-One RS aufziehen, zumal dieser merklich leichter ist als die Testmuster des neuen Modells, die wir von Schwalbe bekamen: Der 45er vom Launch wiegt knapp 590 Gramm; der nachgelieferte 40er bringt immer noch über 530 Gramm auf die Waage. Im Vergleich dazu wiegt ein 40er G-One RS gerade mal 470 Gramm. Die von Schwalbe kommunizierten Gewichte bestätigen, dass der neue Allrounder schwerer ist als der schnelle Race-Reifen – in der Praxis werden aber Grip und Pannenschutz den Ausschlag geben, nicht ein paar Dutzend Gramm Mehrgewicht.
In kleinen Mengen ab sofort erhältlich
Der neue Schwalbe G-One RX Pro soll ab sofort verfügbar sein, wobei er wohl erst Anfang 2025 in größeren Mengen in den Handel kommen wird. Alle drei „Pro“-Modelle kosten offiziell 74,90 Euro; der RX Pro wird in 40 bis 50 mm verfügbar sein, R und RS Pro auch in 35 mm. Die 35er sind nur mit Tanwall-Seitenwand verfügbar, alle anderen Größen auch in Schwarz. Und alle sind mit dem neuen Dekor versehen, bei dem jetzt auch die Dimensionen gut lesbar sind, statt nur eingeprägt zu sein.